Erinnerung an den 10. März 1945 Wolsdorfer gedenken Opfer von Bombenangriff
Siegburg · Am 10. März 1945 kostet ein Bombenangriff mehr als hundert Menschen in Wolsdorf das Leben. Mit einer Gedenkfeier wurde am Sonntag der Opfer gedacht. Dabei war auch eine 83-jährige Zeitzeugin.
Am 10. März 1945 geschah in Wolsdorf eine Katastrophe. Keine Naturkatastrophe, sondern ein menschengemachtes Leid, ein Bombenangriff, der ab 12.15 Uhr binnen weniger Minuten mehr als hundert Siegburgern das Leben kosten sollte. Am Sonntag gedachten zahlreiche Wolsdorfer gemeinsam mit der Interessengemeinschaft der Wolsdorfer Vereine mit einem Gottesdienst in der Kirche Sankt Dreifaltigkeit und einer Kranzniederlegung an der Hubertuskapelle an die Opfer jenes Schreckenstages, der sich nun zum 75. Mal jährt.
Wenige Monate vor Ende des Zweiten Weltkriegs, den Nazi-Deutschland 1939 begonnen hatte, ließ die Bombengewalt in Wolsdorf die Erde beben, Häuser stürzten ein, brennende Trümmer verteilten sich in den Straßen. Mittendrin: Liesel Schäfer. Auch 75 Jahre nach dem verheerenden Angriff auf Wolsdorf sind die Bilder, die sich ihr während und nach dem Angriff in Todesangst ins Gedächtnis eingebrannt haben, in aller grausamer Detailschärfe unvergessen. Der massive Luftangriff haben wohl den vermeintlich verschanzten Solden auf dem Michaels-, dem Wols- und dem Riemberg gelten sollen, sagt Schäfer rückblickend. „Ich war damals siebeneinhalb Jahre alt, als ich dahinten aus den Trümmern rausgekrabbelt bin.“
Dahinten – das waren die in den Wolsberg getriebenen Stollen. Die Brauerei- und Felsenkeller retteten vielen Wolsdorfern und auch ihr das Leben, ist die heute 83-Jährige überzeugt: „Wir waren erst mit meiner damals besten Freundin in einem Keller, in dem auch Soldaten waren, aber da war es so voll. Also sind wir in den dritten Keller ganz hinten durch, wo wir uns am dicken Stein verkrochen haben. So hieß die Rückwand des Kellers, die aus Granit bestand und besonders massiv war.“ Insgesamt acht Menschen überlebten in diesem Keller den Bombenhagel, weitere sieben im Nachbarkeller, dessen Ausgang aber verschüttet war. „Wir haben die Leute Klopfen gehört und haben zurückgeklopft. So wussten wir gegenseitig, dass die anderen noch am Leben sind. Sie sind dann später durch unseren Keller wieder nach draußen gekommen.“
Draußen ging der Schrecken erst richtig los, beschreibt die Wolsdorferin: „Die Straße runter lag eine tote Frau mit ihrem Baby auf dem Arm. Unserem Haus fehlten alle Fenster, aber unser Haus wurde von den Bomben verschont. Drei andere Häuser in unserer Straße waren komplett weg.“ 30 Tote habe es an jenem Märztag rund um den Wolsberg zu beklagen gegeben, weitere 40 bis 50 in Wolsdorf, vielleicht auch mehr, sagt Schäfer: „In den Tagen danach kam der Leichenwagen mit einem Pferd, einem kleinen Haflinger, und einer lauten Glocke vorne dran die Straße entlanggefahren. Immer wenn wir im Haus waren und die Glocke hörten, wussten wir, sie haben wieder einen gefunden.“
Erinnerungen, die bis heute bewegen, wie im Gottesdienst, wo Liesel Schäfer berichten durfte, ebenso zu spüren war, wie bei der Kranzniederlegung an der Hubertuskapelle, die den damaligen Bombenangriff nicht überstand und in den Jahren 1946 und 1947 von der Bevölkerung wiederaufgebaut wurde. Bei der Gedenkfeier erinnerte Bürgermeister Franz Huhn an das besondere Engagement der Bürger sowie an die Not und das Leiden, die ein Krieg den Menschen bringe: „Wir müssen uns im Klaren sein, dass nur wenige Tausende Kilometer entfernt genau dieser Krieg wütet.“ Huhn plädierte dafür, dass eine reiche Nation wie Deutschland in der Lage sein müsse, 5000 schutzbedürftige Flüchtlinge, darunter viele Kinder, aus der größten Kriegsnot aufzunehmen, wie es der Bundestag wenige Tage zuvor abgelehnt hatte. Eine Forderung, für die Huhn von dem anwesenden spontanen Applaus erhielt.