Reihe "Ethik aktuell" Siegburger diskutieren über Verrohung im Netz

SIEGBURG · Bloggen, twittern, posten, liken und teilen: Immer mehr öffentliche Kommunikation findet in den sozialen Medien statt. Grenzen der Meinungsfreiheit und Debattenkultur in sozialen Medien war Thema bei „Ethik aktuell“.

 Über Debattenkultur diskutierten (v. l.): Marc Ziegele, Benedikt Schmidt, Hans Block, Moritz Rieswieck, Birgit Stark und André Schröder.

Über Debattenkultur diskutierten (v. l.): Marc Ziegele, Benedikt Schmidt, Hans Block, Moritz Rieswieck, Birgit Stark und André Schröder.

Foto: Kieras

Soziale Medien wie Facebook, Twitter, Instagram und Youtube spielen in der öffentlichen Kommunikation eine zentrale Rolle. Nicht nur Privatpersonen, sondern auch Politiker, Firmenvorstände, Stars und Sternchen bloggen, twittern, posten, liken und teilen ihre Inhalte. Was aber passiert, wenn die sozialen Medien dazu genutzt werden, um kritische Botschaften zu verbreiten, Hasskommentare und Falschaussagen die öffentliche Diskussion überlagern, wenn Fotos von Gewaltverbrechen geteilt werden? Muss sich eine Gesellschaft diesen Inhalten ungefiltert aussetzen, um einen offenen und informierten Diskurs führen zu können oder haben Betreiber solcher Plattformen die Pflicht, kritische Inhalte zu moderieren oder sogar zu löschen?

Unter Leitung der Moderatoren André Schröder (Katholisch-Soziales Institut, KSI) und Benedikt Schmidt (Moraltheologisches Seminar der Uni Bonn) diskutierten die Filmemacher Hans Block und Moritz Rieswieck, die Mainzer Kommunikationswissenschaftlerin Birgit Stark und der Düsseldorfer Experte für politische Online-Kommunikation, Marc Ziegele, über die Grenzen von Meinungsfreiheit, moderne Diskussionskultur und Ansätze gelingender Online-Kommunikation. Betitelt war der Akademieabend der Reihe „Ethik aktuell“ im KSI mit der provozierenden Überschrift „(A)soziale Medien – Willkommen im Land der Trolle und Barbaren.“

Stark referierte zur Einführung darüber, welche Rolle die sozialen Medien bei der Meinungsbildung spielen und ging dabei auch auf die Gefahr des sogenannten Filterblaseneffekts ein, der durch personalisierte Filter entsteht, die es ermöglichen, den Nutzer mit individuellen und personalisierten Informationen zu bedienen. Problematisch sieht sie auch, dass Personen sich in Kommunikationsumgebungen bewegen, in denen sie ihre eigene Meinung immer wieder als Echo zurückerhalten.

Thema der beiden Filmemacher waren die „Content Moderatoren“ und ihre Arbeit in Manila, dem größten Standort für die Löschung anstößiger Inhalte im Auftrag großer Social-Media-Plattformen wie Facebook. Über diese „Cleaner“, die täglich bis zu 25 000 Bilder und Videos löschen, haben Block und Rieswieck einen gleichnamigen Dokumentarfilm gedreht. Sie berichteten, dass diese Arbeiter „ täglich das Unvorstellbarste anschauen müssen“ und zum Teil schwer traumatisiert sind. Oft führt die Belastung zum Suizid, so die beiden. Sie stellten aber auch die Frage, in- wieweit das Löschen von „bösen“ Inhalten durch die streng katholischen „Content Moderatoren“ einer Zensur gleichkomme. Die Kriterien der durchgeführten Säuberungen nannten sie völlig undurchsichtig. Das kann zum Problem werden, wenn auch Kunst, Satire oder kritische politische Stimmen gelöscht würden. Marc Ziegele widmete sich der Frage, wie man Streitfragen öffentlich und respektvoll im Netz erörtern könne. In den Kommentarspalten sind Pöbeleien, Hetze und Beleidigungen die Regel. Einig waren sich alle Teilnehmer der Runde, dass die Unternehmen mehr Verantwortung übernehmen und die Nutzer sich an Regeln halten müssten.

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