Vermindert schuldfähig Siegburger wird wegen versuchten Totschlags verurteilt

Bonn/Siegburg · Ein Mann aus Siegburg wurde wegen versuchten Totschlags in zwei Fällen zu fünf Jahren Haft verurteilt. Doch er gilt als vermindert schuldfähig.

 Der Angeklagte steht wegen versuchten Totschlags vor dem Bonner Landgericht.

Der Angeklagte steht wegen versuchten Totschlags vor dem Bonner Landgericht.

Foto: Peter Kölschbach

„Wir haben hier einen Angeklagten, der von seiner geistigen Entwicklung her auf dem Stand eines Acht- bis Zwölfjährigen ist“, fasste Klaus Reinhoff die Vita eines 40-jährigen Mannes zusammen. Der Vorsitzende Richter am Bonner Schwurgericht verkündete am Dienstagmittag das Urteil gegen den Siegburger, der des versuchten Totschlags in zwei Fällen sowie der gefährlichen Körperverletzung für schuldig befunden wurde. Die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren spielt für den Verurteilten allerdings nur eine nachgeordnete Rolle, denn das Gericht ordnete zugleich die dauerhafte Unterbringung des Mannes in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Der Mann ist intelligenzgemindert und daher nur vermindert schuldfähig.

Motorradkauf ohne entsprechenden Führerschein

In der Siedlung im Norden der Kreisstadt war der gemütlich wirkende Mann nur als „der Portugiese“ bekannt: Der gebürtige Lissaboner war im Allgemeinen wohl tatsächlich eher ruhig und bis zum Kauf eines Motorrads war er in der Nachbarschaft trotz seiner kognitiven Beeinträchtigung nicht weiter negativ aufgefallen. Die Maschine – eine Suzuki – legte sich der Mann allerdings zu, bevor er überhaupt den entsprechenden Führerschein besaß: „Aus Gründen, die wir nicht ganz verstehen“, wie es Reinhoff in der Urteilsbegründung formulierte. Jedenfalls war er offenkundig stolz auf seinen neuen Besitz und so bastelte er in fast jeder freien Minute an dem Zweirad herum.

Das permanente Starten des Motors oder das Hochdrehen des Gasreglers nervte die Anwohner schnell: Bereits vor dem nun verhandelten Ausraster hatte er einen anderen Nachbarn, der im Prozess auch als Zeuge aussagte, brutal ins Gesicht geschlagen. Am 10. November vergangenen Jahres schließlich wurde es einem 60-jährigen Anwohner zu bunt: Er benachrichtigte die Polizei, die das Zweirad kurzerhand konfiszierte. Was nun folgte, erinnert an den Wutausbruch eines Kindes, dem man sein Lieblingsspielzeug weggenommen hat.

Messerattacke auf Nachbar und seinen Enkel

So jedenfalls schilderte eine Zeugin die Reaktion des Mannes. Der Verurteilte hatte allerdings noch ein zweites Spielzeug: „Das schöne Messer schien seine andere Leidenschaft zu sein“, wie Reinhoff erläuterte. Allerdings hatte er die zehn Zentimeter lange Klinge zum Glück noch niemals als Waffe eingesetzt. Das änderte sich nun. Wutentbrannt stürmte der verhinderte Motorradfahrer in das Haus des 60-Jährigen und trat dessen Wohnungstür ein. Weil er den Gesuchten aber nicht antraf, verließ er das Gebäude unverrichteter Dinge wieder.

Daraufhin sorgte der Zufall für eine schicksalhafte Verwechslung. Ein 67-jähriger Großvater tauchte im Hauseingang auf, als der Portugiese bereits wieder umgekehrt war. Offenbar ähnelte der Mann dem gesuchten Nachbarn ein wenig und so rannte der immer noch Wütende zurück und stach mit dem Messer in Richtung des Herzens des Mannes. Da dieser gerade noch ausweichen konnte, landete der Messerhieb in seinem Oberarm. Ein zu Hilfe eilender Enkel des Verletzten wurde von dem Angeklagten sogar noch schwerer verletzt – er erlitt eine Perforation der Lunge.

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