Weltalzheimertag So sieht der Alltag von Demenzkranken aus

Rhein-Sieg-Kreis · Zum Welt-Alzheimertag am Donnerstag zeigt das Sankt-Antonius-Wohnhaus in Siegburg den Alltag von Demenzkranken. Angehörige und Erkrankte teilen auch viel schöne Momente in schwerer Zeit.

 Fröhlich und guter Dinge: Demenzpatientin Hildegard ruht sich gerade von einem Spaziergang im Flur aus.

Fröhlich und guter Dinge: Demenzpatientin Hildegard ruht sich gerade von einem Spaziergang im Flur aus.

Foto: Sofia Grillo

Die Senioren Fritz und Hildegard sitzen gemeinsam an einem Fenster im Sankt- Antonius-Wohnhaus für Menschen mit Demenz. Sie blicken auf einen See hinaus. Die beiden sind ein Paar und haben sich in der Demenz-Wohngruppe in Siegburg kennen und lieben gelernt. Sie nehmen ihre Demenzerkrankung mit Humor: „Wir erzählen uns fünfmal die gleiche Geschichte und freuen uns immer wieder darüber“, sagt die 82-jährige Hildegard lachend. Dann werden sie aber doch ernst. „Demenz ist schon eine schlimme Krankheit. Aber man darf daran nicht verzweifeln, das bringt ja nichts“, sagt der 85-jährige Fritz.

Demenz ist der Oberbegriff von Erkrankungen, die das Gedächtnis beeinflussen. Die häufigste Erkrankung sei Alzheimer, erklärt Jutta Spoddig. Sie koordiniert die „Hilfe für Menschen im Alter“ der Diakonie an Sieg und Rhein und gibt regelmäßig Alzheimer-Sprechstunden in Troisdorf. „Zunächst tritt Gedächtnisverlust auf. Alles, was auf dem Kurzzeitgedächtnis gespeichert ist, vergessen die Erkrankten.

“ Weiter fortgeschritten verursache die Krankheit eine Orientierungsstörung, so Spoddig. Die Betroffenen würden sich dann sowohl zeitlich, als auch örtlich nicht mehr zurechtfinden. Den Erkrankten gingen nach und nach die Alltagsfähigkeiten verloren. „Die Personen vergessen wichtige Schritte in Handlungsketten. So wissen sie vielleicht noch, dass man Kartoffeln schält vor dem Kochen, aber nicht mehr, wie lange man sie kocht“, erklärt Spoddig.

Erinnerungen von früher sind oft noch präsent

Im Sankt-Antonius-Wohnhaus leben 46 Personen mit Demenz. „Sie sollen hier ihren Alltag so gut es geht weiterführen können“, erklärt die Leiterin, Doris Steuer. Kochen würden die Senioren nicht mehr. Das sei zu gefährlich. Aber jeder dürfe sich den Tag strukturieren, wie er wolle. Die 88 Jahre alte Marianne kommt gerade vom Frühstück. Steuer begrüßt sie herzlich und begleitet sie ein Stück auf dem Flur. Marianne erzählt viel von früher, aus der Zeit, in der sie als Krankenschwester gearbeitet hat, oder aus dem Elternhaus.

„Ich arbeite gerne im Garten, meine Eltern haben früher viel angebaut und das Obst und Gemüse dann auch verarbeitet“, erzählt die Seniorin. Mariannes Erinnerungen von früher seien wie bei allen Demenzerkrankten noch präsent. Die Betroffenen würden sich nicht mehr an aktuelle Ereignisse erinnern, so Steuer.

„Manchmal machen wir die tollsten Ausflüge und eine Stunde später wissen die Senioren nichts mehr davon.“ Aber es ginge auch nicht um die Erinnerung, sondern um den Moment. „Wir wollen den Senioren so viele glückliche Momente wie möglich bescheren“, sagt Doris Steuer. Im Wohnhaus werden deswegen viele Aktivitäten und Ausflüge angeboten. Besonders gut komme die Gartenarbeit an. Marianne hilft dann auch immer tatkräftig mit.

Das Alter sei Hauptrisiko für eine Demenzerkrankung

Wie Marianne begrüßt Doris Steuer gut gelaunt und herzlich eine weitere Bewohnerin im Flur – Hildegard aus dem Erdgeschoss. Sie mache gerade einen Spaziergang, ruhe sich aber nun auf einem Stuhl aus, erzählt sie. Ihr Leben lang habe sie als Schneiderin gearbeitet und ausgeholfen, wo sie konnte, erinnert sie sich. Sie fühle sich wohl im Demenz-Wohnhaus: „Hier kann ich mit vielen Menschen quatschen. Wenn man alt wird, verliert man schnell den Anschluss“, sagt Hildegard. An ihr Alter kann sie sich jedoch so schnell nicht mehr erinnern. Irgendetwas über 70 Jahre, sagt sie. Steuer weiß es genau: Hildegard ist 88 Jahre alt.

Das Alter sei Hauptrisiko für eine Demenzerkrankung, erklärt Spoddig. Für die Erkrankten sei es in den ersten drei Jahren besonders schwer. „Sie merken dann noch, wie ihre Fähigkeiten schwinden“, so Spoddig. Auch für die Angehörigen sei die Krankheit belastend. Eine geliebte Person verändere sich nach und nach, würde durch die Demenz emotionaler und hilfsbedürftiger. Spoddig klärt Angehörige und Erkrankte über Hilfen auf: „Es gibt Tagespflege, Hausbesuche, Betreuungsgruppen, Selbsthilfe für Angehörige und vieles mehr.“ Man müsse frühzeitig Hilfe annehmen.

Spoddig betont: „Eine Demenzerkrankung ist kein einziges Jammertal.“ Angehörige und Erkrankte teilen unzählige schöne Momente in der Zeit. Die Senioren dürften sich nicht hängen lassen oder sich zurückziehen. „Die meisten sind körperlich fit und können Sport und Ausflüge machen oder mit ihren Enkeln zusammen sein.“

Termine für eine Alzheimer-Sprechstunde vereinbart die „Hilfe für Menschen im Alter“ der Diakonie An Sieg und Rhein unter 02241/2503133 oder unter spz@diakonie-sieg-rhein.de.

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