Ein rasanter Ritt über die Tasten So war die 8. Internationale Boogie & Jazz Night in Siegburg

Siegburg · Stefan Ulbrichts Internationale Boogie & Jazz Night in Siegburg hat neben Lebensfreude auch ein wenig Melancholie widergespiegelt.

 Der Veranstalter greift selber in die Tasten: Stefan Ulbricht bei der achten Boogie & Jazz Night.

Der Veranstalter greift selber in die Tasten: Stefan Ulbricht bei der achten Boogie & Jazz Night.

Foto: Christine Siefer

Die ersten Schritte auf die Bühne der Rhein-Sieg-Halle bei der achten Internationalen Siegburger Boogie & Jazz Night fielen Gastgeber Stefan Ulbricht sichtlich schwer. Denn Gottfried Böttger, einer von Ulbrichts angekündigten Gaststars, war nur zwei Wochen vor der Veranstaltung verstorben. „Gottfried heißt der Knabe, da hinten am Klavier, und für jede Nummer Ragtime kriegt er ’n Korn und ’n Bier“, sang Udo Lindenberg 1973 in seinem Hit „Alles klar auf der Andrea Doria“ – und am Klavier saß Gottfried Böttger.

Ulbricht zitierte die Liedzeilen, die einem seiner musikalischen Vorbilder gewidmet sind. Böttger war unter anderem Pianist in Lindenbergs Panikorchester. Nach kurzer schwerer Krankheit habe Böttger nun von höherer Stelle eine Einladung zur Jam-Session, sagte Ulbricht zu Beginn der Boogie Night. Und: Böttger könne nun mit der ebenfalls im Oktober verstorbenen Boogielegende Fats Domino und mit seinem Mentor Leopold von Knobelsdorff in die Tasten hauen.

Das Auftaktstück des Abends „Just a closer walk with thee“ war Ulbrichts Hommage an den verstorbenen Kollegen. Der New-Orleans Gospel war wie ein Versprechen für den weiteren Konzertverlauf: Melancholisch, verträumt, aber mit einem trotzigen Basslauf. Am Schluss zog der Rhythmus an und der 35-Jährige animierte mit aufforderndem Blick das Publikum zum Mitklatschen. Das Eis war gebrochen und die Bühne frei für treibende Rhythmen und starke Stimmen.

Neue Klangfarbe im Gesamtrepertoire

Daniel Ecklbauer aus Österreich heizte mit Moritz Schlömer am Schlagzeug den Zuhörern mit Songs von Elvis, Fats Domino und Jimmy Reed ein. Trotz seines rasanten Ritts über die Tasten hatte er noch genug Luft für stimmsichere Interpretationen bekannter Melodien. Aus „Don’t stop“ der Rock-Pop-Band Fleetwood Mac aus den 70er Jahren arrangierte Deckelbauer eine Blues-Version. Das einzige Notenheft, das an diesem Abend auf der Bühne auftauchte, war „The Real Blues'n'Boogie Buch“. Tatsächlich hatte Veranstalter Ulbricht mit diesem Notenbuch einen Zugang zu den Strukturen des Musikstils gefunden, nachdem ihn eine Fernsehsendung in den 90ern mit dem Boogie-Virus infiziert hatte.

Der inzwischen 35-Jährige konnte nun Christian Willisohn, einen der Herausgeber dieses Werkes, für die Boogie & Jazz Night gewinnen. Willisohn brachte nicht nur durch seine raue Bluesstimme eine neue Klangfarbe in das Gesamtrepertoire der Künstler. Fragmente aus Klassik und Kinderliedern tauchten sowohl in Eigenkompositionen Willisohns wie auch in bekannten Stücken auf. Für seine Virtuosität erntete der Künstler tosenden Applaus. Beim vierhändigen Spiel mit Daniel Ecklbauer konnte sich daraus jedoch nicht ganz eine Einheit bilden.

In der zweiten Konzerthälfte stiegen Ulbrichts langjährige musikalischen Weggefährten Bassist Ole Krautkrämer, die Pianisten Michael van den Valentyn und Patrick Ziegler sowie Schlagzeuger Moritz Schlömer in das größtenteils improvisierte Boogiespiel ein, das nach dem Konzert im Foyer der Rhein-Sieg-Halle weitergeführt wurde. Diesmal ohne viel Klamauk, dafür aber mit besonders viel Lebensfreude.

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