Ausstellung im Siegburger Stadtmuseum Vom spielerischen Umgarnen wichtiger Themen

Siegburg · Katharina Krenkel meistert Perspektivwechsel mit der Häkelnadel und schafft Häkel-Ornamente am laufenden Band. Im Siegburger Stadtmuseum zeigt sie sie unter dem Titel „Ornament – Natur von der Rolle“.

 Katharina Krenkels Häkelkunst lässt sich vor und hinter der Museumsfassade bewundern.

Katharina Krenkels Häkelkunst lässt sich vor und hinter der Museumsfassade bewundern.

Foto: Susanne Haase-Mühlbauer

Virtuos, unkonventionell und relativierend sind die Objekte, die Katharina Krenkel schafft. Ab Sonntag zeigt sie sie unter dem Titel „Ornament – Natur von der Rolle“ im Siegburger Stadtmuseum. Bei einer Vorbesichtigung gewährte sie vorab schon einmal Einblick in ihr künstlerisches Schaffen. Wenn Katharina Krenkel aus dem Nähkästchen plaudert, dann bedarf es keines roten Fadens. Ihre Ideen sprudeln nur so aus ihr heraus und es wird schnell klar, dass der Weg zur eigenen Häkel-Kunst über einen unkonventionellen Zugang lief.

Das Saarbrückener Graphikstudium war beendet und Krenkel befand sich auf der Suche. „Da war ein Eimer mit Wollresten“, der ihr eher zufällig in die Hände fiel, erinnert sich die Künstlerin. Sie ging in die USA zu Freunden, lernte in Chicago die Punker-Szene kennen und sah, wie wild und ungezähmt dort eigene Häkelarbeiten entstanden. „Virtuoses Häkeln“ ermöglichte der Künstlerin selber dann ein schnelles Eingreifen in die Formen und Muster, die sie symmetrisch entstehen ließ – ohne sich in biederen Plattitüden zu verstricken. Biederes Häkeln, wie man es aus Omas Zeiten kennt, ist nicht ihre Masche. Auch wenn Häkeldeckchen und Spitzenbordüren hübsch anzusehen seien, distanziert sich die Künstlerin von der bloßen Gebrauchskunst. Dabei ginge es ja auch ums „Aufhübschen und Abdecken“. Anders bei Krenkel.

Sie erkannte, dass das englische Wort „border“ („Grenze“) nicht nur klassischen Bordüren und bekannten Häkelgenres zugrunde liegt. Die „Bordüre“ wurde zum Ausdruck der Sinnsuche. So etwa in ihren „Sinninseln“, die sie als ganze Inselgruppe auf dem Museumsboden installiert. Im Zentrum befinden sich gehäkelte Häuser, den Rand markieren Bordüren. Diese sind die Grenzlinien ihrer Häkelwelten, denen sie den Untertitel „Jeder lebt in seiner eigenen Welt“ gibt.

Gerade in den vergangenen zweieinhalb Jahren der Corona-Zeit wurde der Künstlerin klar, wie sehr das Virus die Menschen isolierte und in ihren eigenen vier Wänden gefangen nahm. Wenn sie nun scherzhaft ein gehäkeltes Virus-Model in schrillen rot- und neongelben Popart-Farben zum Ballwurf mit Museumsleiterin Gundula Caspary in die Hände nimmt, dann spricht das sicherlich auch für den spielerischen Umgang mit den Themen, die die Künstlerin spielerisch-häkelnd umgarnt.

 Überdimensionierte Garnrollen bestückt die Künstlerin Katharina Krenkel mit Häkel-Bordüren aus Polyethylen.

Überdimensionierte Garnrollen bestückt die Künstlerin Katharina Krenkel mit Häkel-Bordüren aus Polyethylen.

Foto: Susanne Haase-Mühlbauer/Susanne Haase Mühlbauer

Bewusst ist sich die bei Saarbrücken lebende, vierfache Mutter, dass wir alle „kleine Wesen im großen Weltall sind.“ Da sei es immer mal wieder notwendig, „die Perspektive zu wechseln“. Etwa beim Blick auf die überdimensionalen Holzspulen, auf denen sie Häkelbordüren aus Landwirtschafts-Garn aufgerollt hat. Gehäkelt wurde hier mit weißem Polypropylen. Der thermoplastische Kunststoff ist wetterbeständig und gut geeignet für den Einsatz im Freien, etwa bei der Verpackung von Heuballen. Von vereinnahmender Schönheit haben sich die gehäkelten Mikro-Muster auch auf der Fassade des Stadtmuseums niedergelassen, als wolle die Häkelkunst bereits von Ferne zeigen, wie großartig das Kleine sein kann. Ob Virus, Bakterium, nachgehäkelte Zahnräder oder graphische Felsstruktur – die wahre Größe des bei Krenkel Dargestellten lässt sich nur dann erkennen, wenn man sie in Vergleich zu Bekanntem setzt und dadurch relativiert.

Dass vieles in Krenkels Kunst „Spitze“ ist, weiß die Künstlerin auch humoristisch zu inszenieren. Eine gehäkelte Schallplatte auf einem alten Plattenspieler verleitete sie zu der spielerischen Titelgebung „Spitzen-Sound“.

Eröffnet wird Katharina Krenkels Austellung „Ornament – Natur von der Rolle“ am Sonntag, 8. Mai, um 11.30 Uhr im Stadtmuseum. Dort wird ihre Häkel-Kunst bis zum 3. Juli 2022 zu besuchen sein. Am Samstag, 21. Mai, und am Sonntag, 2. Juli, gibt es jeweils ab 14 Uhr eine Performance auf der Außentreppe des Stadtmuseums und ab 15 Uhr Künstlergespräche. Dann werden sich die Museumleiterin Gundula Caspary mit der Künstlerin Katharina Krenkel öffentlich austauschen.

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