Kriminalitätsstatistik Rhein-Sieg-Kreis Starker Anstieg von Internet- und Sexualdelikten

Rhein-Sieg-Kreis · Die Kreispolizeibehörde registriert in ihrer Statistik für 2021 erstmals wieder einen Anstieg der Kriminalität. Zur Ermittlung von Kinderpornografie und Cyberkriminalität hat die Behörde ein neues Kriminalkommissariat gegründet.

 Die Cyberkriminalität ist auch im Rhein-Sieg-Kreis stark gestiegen.

Die Cyberkriminalität ist auch im Rhein-Sieg-Kreis stark gestiegen.

Foto: dpa/Silas Stein

Die Zahl der Straftaten im Rhein-Sieg-Kreis ist erstmals seit 2018 wieder gestiegen. Im Vergleich zum Vorjahr registrierte die Kreispolizeibehörde 1650 Straftaten mehr – insgesamt 18.451 Straftaten. Das ist ein Plus von 9,76 Prozent. Gleichzeitig wurde die Zahl der aufgeklärten Fälle um 1078 beziehungsweise 12,1 Prozent auf 9985 Fälle gesteigert werden. Die Aufklärungsquote liegt 2021 bei 53,85 Prozent. Zudem wurden so viele Täter ermittelt wie noch nie zuvor: 7888.

Der Zuwachs ist indes nicht im Bereich der sogenannten Straßenkriminalität angewachsen, sondern bei der Computer- und Internetkriminalität. „Das ist ein deutlicher Trend“, sagte Landrat Sebastian Schuster als Behördenleiter am Montag bei der Pressekonferenz zur Kriminalstatistik 2021 im rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreis (ohne Bad Honnef und Königswinter, die zum Zuständigkeitsbereich der Polizei Bonn gehören).

Zusätzliche IT-Experten

Die Siegburger Behörde habe auf den neuen Trend reagiert und die neue Cybercrime-Dienststelle KK 5 gegründet. Die Personalstärke sei verdoppelt worden, sagte Direktionsleiter Kriminalität Dirk Schuster. Zur Personalstruktur äußere sich die Polizei grundsätzlich nicht, aber die ermittelnden Kolleginnen und Kollegen würden von zusätzlichen IT-Fachkräfte unterstützt.

Die Zahlen untermauern die konzeptionelle Strategie der Polizeibehörde: In diesem Bereich verzeichnet sie einen Zuwachs von 282 Prozent. 2021 waren es noch 301 Straftaten, zu denen klassische Phishing-Mails zählen, die darauf abzielen, Finanz- und Systeminformationen oder andere sensible Daten zu erlangen, um Firmen oder Privatpersonen damit zu erpressen. Alle Betrugsmaschen, die über Computer geschehen, zählten in diese Statistik, sagte Dirk Schuster.

Auch Kinder und Jugendliche unter den Tätern

Dazu kommt die weiterhin steigende Zahl von kinderpornografischen Straftaten. 2020 ermittelte die Polizei in Siegburg in 67 Fällen, 2021 waren es schon 138. „Die Prognosen zeigen, dass diese Straftaten weiter zunehmen werden“, so der Direktionsleiter. Was vor ein paar Jahren noch relativ im Verborgenen geschah, werde inzwischen verstärkt angezeigt. „Und die Täter sind nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder, Jugendliche und Heranwachsende“, so Dirk Schuster. Denn auch illegale Daten beziehungsweise Bilder und Videos, die über Messengerdienste ausgetauscht werden, werden in der Kriminalstatistik festgehalten. Der Anstieg ist bundesweit zu vermerken, auch weil die deutschen Behörden immer mehr Daten beziehungsweise Meldungen aus den USA erreichen, wo die halbstaatliche Organisation National Center for Missing & Exploited Children (NCMEC) mit Algorithmen das Internet durchsucht. „Die aufbereitete Datenmenge hat sich im vergangenen Jahr verdreifacht“, sagt der Direktionsleiter.

Gerade weil sich die Zahl der jungen Leute in diesen Fällen mehrt, setzt die Polizei verstärkt auf Aufklärung und Prävention. Dazu zählen Präventionsangebote im Rahmen von Telefonsprechstunden, teilweise in Zusammenarbeit mit der Verbraucherzentrale, aber auch die Präventionskampagne „Mach Dein Passwort stark!“ vom Landeskriminalamt NRW und die kreiseigene Initiative, der Schülerwettbewerb „Macht Euch schlau!“, der sich an die Fünft- bis Siebtklässler wendet. Im Bereich Internetkriminalität wurden insgesamt 1629 Fälle registriert. Dies entspricht einer Zunahme um 669 Fälle (2020: 960 Fälle). Davon wurden 760 Fälle aufgeklärt, was einer Aufklärungsquote von 46,65 Prozent entspricht (2020: 61,77 Prozent).

Was die klassischen Fallzahlen betrifft, liegt der Rhein-Sieg-Kreis deutlich unter dem Landesdurchschnitt: Pro 100.000 Einwohner fanden in der Region 4999 Straftaten statt, landesweit liegt die Zahl bei 6700, also um 25 Prozent höher. Landrat Schuster: „Der Rhein-Sieg-Kreis ist ein sicherer Ort zum Leben.“

Aufklärung in Altenheimen

Nicht alle Straftaten oder gar versuchte Delikte werden erfasst: Staatsschutz-, Verkehrsdelikte oder Straftaten, die im Ausland begangen worden sind, sind da nicht drin. In das Zahlenwerk fließen alle bekannt gewordenen Straftaten einschließlich „mit Strafe bedrohte Versuche“ und der vom Zoll bearbeiteten Rauschgiftdelikte. Seit 2019 werden die sogenannten Auslandsstraftaten getrennt erfasst, so Dirk Schuster. Die Zahl der in der Kreispolizeibehörde bearbeiteten Auslandsstraftaten ging daher im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr um 743 Fälle (27,2 Prozent) auf 1964 Fälle zurück. In diesen Bereich fielen insgesamt 1601 Betrugsdelikte. Das sind 34 Prozent aller kriminalpolizeilich bekannt gewordenen Fälle des Betrugs. Sogenannte Enkeltricks oder vorgetäuschte Polizeibeamte, die Senioren dazu bringen, ihnen Geld und Wertgegenstände zu übergeben, wurden 2021 32 mal registriert – das sind lediglich die vollendeten Taten.

Auch hier geht die Polizeibehörde aktiv vor: In Altenheimen klärt sie die Menschen über solche Betrugsmaschen auf. Zudem habe man mit zwei Geldinstituten vereinbart, dass diese bei Fällen, in denen ältere Menschen auffallend hohe Geldbeträge abheben, einen Briefumschlag mit Hinweisen erhalten.

Auch noch nicht erfasst sind die Vergehen mit gefälschten Impfausweisen: Das Strafgesetzbuch sei erst Ende 2021 entsprechend geändert worden, sodass die Polizei zurzeit zwar viele Verfahren eingeleitet und einige Fälle ermittelt habe, sie werden aber erst in der Statistik für 2022 aufgeführt, sagte Dirk Schuster auf Anfrage.

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