Wahnbachtalsperre Trinkwasserversorgung im Rhein-Sieg-Kreis ist gesichert

Rhein-Sieg-Kreis · Der Wasserverbrauch steigt angesichts der anhaltenden Hitze auf Jahreshöchstwert. Während das Versorgungsnetz in Remagen bereits an seine Grenzen stößt, gibt der Wahnbachtalsperrenverband in Siegburg Entwarnung.

Es fließt, es sprudelt, es spritzt und es löscht. Aber vor allem: Es kühlt. Wasser wird gerade jetzt, zur heißesten Zeit des Jahres, an allen Ecken und Enden benötigt. Ein erster Wasserversorger in der Region hat bereits Alarm geschlagen: Anwohner in Remagen sind aufgerufen, den Wasserverbrauch, der nicht zwingend notwendig ist, deutlich zu reduzieren. Vor allem die Garten- und Pflanzenbewässerung bringe das Trinkwassernetz rund um die Stadt zurzeit technisch an seine Grenzen.

„Verbrauchsspitzen werden sonst durch Hochbehälter ausgeglichen, die durch die Pumpen gefüllt werden. Durch die lange Trockenheit und den andauernd hohen Verbrauch (...) füllen die Hochbehälter sich nicht mehr komplett. Steigt der Verbrauch weiter, ist die Pufferwirkung somit nicht mehr gegeben“, erklärt Eva Lindner, Sprecherin der Energieversorgung Mittelrhein, auf GA-Anfrage. Die mögliche Folge: Druckschwankungen in den Leitungen.

„Am Vorrat liegt es nicht“, sagt Norbert Eckschlag, Geschäftsführer des Wahnbachtalsperrenverbands (WTV). Der WTV versorgt mit Unterstützung lokaler Wasserwerke ein riesiges Gebiet mit knapp 800.000 Einwohnern mit Frischwasser. Dazu zählen weite Teile des Rhein-Sieg-Kreises, die Bundesstadt Bonn und Teile des Kreises Ahrweiler, die Stadt Remagen eingeschlossen. Damit auch an den Hundstagen niemand in der Region auf dem Trockenen sitzt, läuft die Frischwasseraufbereitung, etwa an der Wahnbachtalsperre, derzeit auf Hochtouren. Nachdem der WTV bereits am Dienstag mit mehr als 163.200 Kubikmetern abgegebenem Wasser den vorläufigen Jahreshöchstwert erreicht hatte, legte er am Mittwoch mit einer Abgabemenge von rund 172.700 Kubikmetern noch einmal zu.

Rohrkeller gleicht einem Kühlhaus

„Der Verkauf läuft prächtig“, sagt Rüdiger Schmidt mit einem Lachen. Seit 33 Jahren arbeitet der Leitstandsfahrer beim WTV. Der trockene und heiße Sommer bringt ihn bislang – jedenfalls mit Blick auf die Kontrollinstrumente in der Schaltwarte der Wasseraufbereitung – nicht ins Schwitzen. Der Tag mit der bisher höchsten Abgabemenge liegt schon viele Jahre zurück: Im Sommer 1990 verließen rund 190.000 Kubikmeter Wasser die Aufbereitungsanlage am Siegelsknippen in Siegburg, wie Norbert Eckschlag bei einem Rundgang durch die Anlage erklärt. In den Folgejahren ist die Menge dank wassersparender Technik, gestiegener Preisen und eines gewachsenen Umweltbewusstseins zurückgegangen. Aber auch in jüngerer Vergangenheit war die Talsperre deutlich leerer – so etwa am 4. Juli 2014, als der Pegel mit 117,81 Metern über Meeresspiegel 1,25 Meter niedriger stand als am Mittwoch. Laut Eckschlag ist die Talsperre trotz der Rekordhitze mit rund 31 Millionen Kubikmetern noch zu etwa drei Vierteln gefüllt.

Niedrige Flusspegel, wie sie aktuell in der Region zu beobachten seien, hätten keine Auswirkungen auf die Wasserversorgung. „Wir speisen uns vor allem aus den Niederschlägen im Winter“, so der Geschäftsführer. Im Vergleich zur Füllmenge nach dem Winter habe sich der Pegel um etwa fünf Meter abgesenkt – genug, dass Überreste der Baustellenzufahrt am Ufer zum Vorschein kommen, die während der Bauzeit der Talsperre 1955 bis 1958 angelegt wurde. Knapp werde das Trinkwasser allerdings noch lange nicht. „Wir erwarten, dass wir angesichts der Trockenheit vielleicht 44 oder 45 Millionen Kubikmeter Wasser abgeben“, sagt Eckschlag. In einem normalen Jahr seien es rund 43 Millionen Kubikmeter. Bis zu 28 Millionen Kubikmeter darf der WTV dabei der Talsperre entnehmen, die restliche Menge stammt aus Grundwasser, das in Sankt Augustin-Meindorf und Hennef gefördert wird. Sogar als der WTV vor zehn Jahren wegen Sanierungsarbeiten das Wasser aus der Talsperre ablassen musste, war die Versorgung nicht gefährdet. Eckschlag: „Es bräuchte schon zwei richtige Dürrejahre, damit der Vorrat knapp wird.“

Kühle 5,2 Grad Celsius hat das Wasser, wenn es aus einer Tiefe von 45 Metern der Talsperre entnommen wird. Das kommt den Mitarbeitern des WTV dieser Tage zugute. Sogar jetzt, wenn die Lufttemperatur Rekordwerte erreicht, gleicht der Rohrkeller des WTV einem Kühlhaus. Und selbst in der Filterhalle, die sich an der Oberfläche der Anlage befindet, ist es noch angenehm kühl. „In der Pause kommen unsere Mitarbeiter hier zurzeit gerne mal vorbei“, sagt Eckschlag. Rund ein Grad wärmer ist das Frischwasser, wenn es fil-triert und desinfiziert die Aufbereitungsanlage verlässt und in die Hauptversorgungsleitung eingespeist wird. Durch riesige Rohre und allein dank des natürlichen Gefälles strömt das Wasser Richtung Westen. Mehr als die Hälfte des abgegebenen Wassers fließt später aus den Hähnen der Bonner. Bei der Versorgung des östlichen Kreises helfen hingegen Pumpen nach, um das Wasser in die Bergregionen zu bringen.

"Reservoirs sind gut gefüllt"

Auch beim Wasserbeschaffungsverband Thomasberg (WBV) stellt man derzeit eine hohe Nachfrage fest. Engpässe müssen etwa die Bewohner der Königswinterer Bergregion indes ebenfalls nicht befürchten, wie WBV-Geschäftsführer Clemens Türich mitteilt. Die trockenen Monate blieben jedenfalls vorerst für die Wassergewinnung des WBV ohne Folgen. Das Mischwasser des WBV besteht zu rund 82 Prozent aus Grundwasser. Mithilfe von sechs Brunnen im Lauterbach- und Teufelsarschbachtal fördert der WBV es an die Oberfläche. Der Rest stammt aus der Wahnbachtalsperre. „Wir haben eine durchschnittliche Sickerungsrate von etwa zwei Jahren“, erklärt Türich. So lange dauert es in der Regel, bis Niederschläge die Bodenschichten durchfließen und im Grundwasser ankommen.

Zur selben Einschätzung kommt auch Marvin Bergs vom Euskirchener Unternehmen E-Regio, das unter anderem das gemeindeeigene Wasserwerk in Alfter führt: „Da es in den vergangenen Jahren ausreichend geregnet hat, sind die Reservoirs gut gefüllt, sodass der Bedarf über die beiden Tiefbrunnen des Wasserwerks gedeckt werden kann.“ Vor allem in den Abendstunden schnelle derzeit der Wasserverbrauch in die Höhe. Rund 20 Prozent mehr Wasser als an „normalen“ Sommerabenden gebe das Wasserwerk dann ab. Auf die insgesamt verbrauchte Trinkwassermenge habe das allerdings nur geringen Einfluss. Bergs: „Aus unserer Sicht ist die Versorgung in der Gemeinde Alfter auch bei weiterer Trockenheit gesichert.“ Auch im Fall des Grundwassers bräuchte es laut Türich schon zwei sehr trockene Jahre, bevor die Erträge aus den Brunnen des WBV knapp würden. Die aktuell niedrigen Wasserstände in den Flüssen haben auch auf den Grundwasserspiegel keinen Einfluss. „Dazu sind wir einfach viel zu weit weg vom Rhein“, so Türich. Das durch die Brunnen an die Oberfläche gepumpte Wasser stamme aus Tiefen zwischen 30 und 90 Metern.

Folgenlos bleibt die Hitze auch für die Qualität des Trinkwassers in der Region, wie die Wasserversorger versichern. Der WTV setzt standardmäßig Chlordioxid zur Desinfizierung des Trinkwassers ein. Zudem testet der Verband derzeit zusätzlich die Bestrahlung des Wassers mit UV-Licht, um etwaige Krankheitserreger abzutöten. Damit erst gar keine Verunreinigungen in das Wasser des Wahnbachs gelangen, trifft der Verband bereits im Vorfeld Sicherheitsvorkehrungen. Dazu zählten etwa Gespräche mit Landwirten zur Reduzierung unnötiger Düngemittel bis hin zu Kontrollfahrten auf dem See, um ungebetene Badegäste aufzuspüren. Dort sorgt die Hitze aktuell tatsächlich für Mehrarbeit für die Mitarbeiter des WTV. Denn auch an den Hundstagen mache der WTV keine Kompromisse: „Baden in der Talsperre ist nicht erlaubt. Im Notfall stellen wir auch Strafanzeige“, sagt Eckschlag.

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