Läden für Nachhaltigkeit im Rhein-Sieg-Kreis Viele soziale Einrichtungen bieten Secondhandwaren

Rhein-Sieg-Kreis · Mode ist zu einer Massen- und Wegwerfware geworden. Wer dem Konsumrausch etwas entgegen setzen will, wird in den Secondhandläden vieler sozialer Einrichtungen im Kreis fündig. Und spart dabei auch noch bares Geld.

Im Jahr 2018 gaben die deutschen Haushalte rund 64,9 Milliarden Euro für Bekleidung aus. Und trotzdem: Das Statistische Bundesamt meldet, dass sich der Modemarkt im Abwärtstrend bewegt. Die Zahlen seit 2010 belegen: Je mehr textile Masse auf den Markt geworfen wird, desto weniger sind die Kunden bereit, dafür zu bezahlen. Mode ist zu einer Massen- und Wegwerfware geworden. Laut Greenpeace kauft im Durchschnitt jeder Deutsche 60 neue Kleidungsstücke pro Jahr. Diese trägt er indes nur halb so lange wie vor 15 Jahren. Ergebnis: Der Natur werden riesige Mengen an Rohstoffen entzogen, die Umwelt und die menschliche Gesundheit werden – etwa durch giftige Chemikalien – gefährdet, die Müllberge wachsen.

Doch werden sich dieser Problematik immer mehr Menschen bewusst. Nachhaltigkeit ist hier das Stichwort. Es werden Kleidertausch-Partys veranstaltet, gebrauchte Kleidung wird von Designern upgecycelt, als neu aufgearbeitet oder im Secondhandladen verkauft. Letztere werden zum Teil auch von gemeinnützigen Organisationen betrieben, die Kleiderspenden gegen einen kleinen Obolus zu einem guten Zweck verkaufen. Eine dieser Organisationen ist der Deutsche Kinderschutzbund (DKSB), der im Rhein-Sieg-Kreis gleich mehrere Secondhandläden betreibt. In Hennef gibt es etwa die „Kinderklamotte“ für günstige Kinderkleidung. In Neunkirchen-Seelscheid verkaufen gleich zwei „Stöberstübchen“ gut erhaltene Damen- und Kinderkleidung, Schuhe, Bett- und Tischwäsche, Spiel- und Kindersachen und kleinere Haushaltsgegenstände.

„Bei uns kann jeder einkaufen. Ich selbst habe meine Enkelkinder zum großen Teil hier eingekleidet“, sagt Marita Lenkeit. Die Vorsitzende des DKSB-Ortsverbands betreibt die Secondhandläden in Neunkirchen an der Walzenrather Straße 9 und in Seelscheid an der Breite Straße 2 gemeinsam mit 29 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen. Mode gibt es in den „Stöberstübchen“ zu Preisen ab 1,50 Euro, die abzüglich des Geldes für die Miete in örtliche Projekte für Kinder fließen. „Ohne unsere beiden Stöberstübchen wäre die Mehrzahl unserer Projekte und Förderungen nicht möglich“, sagt Lenkeit. Was nicht verkauft wird, wird an Kinder- und Seniorenheime sowie Hospize verteilt. Ähnlich geht es bei den Kleiderstuben der Frauen Union zu, die es in vielen Kommunen im Rhein-Sieg-Kreis gibt, etwa in Troisdorf, Hennef, Rheinbach, Meckenheim, Alfter und Bornheim. Auch dort verkaufen Ehrenamtliche gut erhaltene Kleidung zu kleinen Preisen und spenden das Geld für soziale Projekte und Einrichtungen in der Gemeinde.

Ein anderes Konzept hat „Jacke wie Hose“, der Secondhandladen der Arbeiterwohlfahrt in Siegburg. An der Frankfurter Straße 39 gibt es Damen- und Herrenbekleidung, Schuhe, Accessoires und Schmuck. Allerdings geht es dort eher um die Schaffung von Arbeitsplätzen für psychisch Kranke. Sie sortieren und verkaufen, waschen und bügeln, ändern und schneidern und präsentieren die Kleidung aus Kleiderspenden wie in einem richtigen Modeladen.

Auch bei der Diakonie Michaelshoven, die den „fairpunkt Siegburg“, das soziale Möbel- und Kleiderlager an der Händelstraße 11 betreibt, finden Migranten und Flüchtlinge sowie Langzeitarbeitslose Beschäftigung. Bei der Nachbarschaftshilfe in Sankt Augustin freuen sich sogar 90 ehemalige Langzeitarbeitslose über einen Job. Außer am Hauptsitz in Mülldorf, Bonner Straße 105, gibt es in Troisdorf und Hangelar neben Kleidung auch Möbel, Küchen, Hausrat und Spielzeug. Vieles stammt aus Haushaltsauflösungen und wird von der im Jahr 1985 als gemeinnütziger Verein von Hans-Alfred Klinge gegründeten Organisation zu kleinen Preisen verkauft.

Zielgruppe sind in erster Linie Bedürftige. „Aber auch jeder andere Bürger kann bei uns einkaufen“, sagt Geschäftsführer Heinz-Peter Schumacher mit Blick auf die vielen jungen Familien, die sich eindecken. „Im Fachgeschäft kostet ein Strampelanzug 30 Euro, bei uns gibt es ihn für 3,75 Euro“, so Schumacher.

Wer seine gut erhaltene Kleidung spenden möchte, kann sich an alle genannten Organisationen wenden.