Von der Pechsträhne mit den Starenkästen

SIEGBURG · Die folgende Geschichte kann man getrost als bemerkenswerte Pechsträhne bezeichnen. Leidtragender: die Stadt Siegburg. Gegenstand: die Starenkästen am ICE-Bahnhof. Da hatte die Kreisstadt die Wilhelmstraße (B8) vor dem neuen Bahnhof zur Fußgängerzone zurückgebaut und damit den Lückenschluss in die City vollzogen.

Seitdem dürfen dort nur noch Busse, Taxen, Lieferanten und Anlieger fahren. Um "nicht berechtigte Autofahrer" herauszuhalten, wurden im November zwei Starenkästen installiert, die von allen Fahrzeugen Fotos machten. Die beauftragte Hennefer Firma stellte die Spezialkameras auf und sorgte zunächst regelmäßig für die Weitergabe der Aufnahmen und Daten an die Kreisverwaltung, denn die ist für den fließenden Verkehr zuständig.

Die Firma fuhr mit einem Lieferwagen vor, schloss den Computer an und überspielte die Daten. Und das Kreishaus verschickte die Knöllchen an Autofahrer, die dort unberechtigterweise gefahren waren. Doch alsbald gab es Probleme. Zunächst ließ die Qualität der Fotos zu wünschen übrig, dann versiegte der Datenfluss gänzlich. "Wir sind zum letzten Mal am 31. Januar beliefert worden", bestätigt Kreissprecher Thomas Wagner.

Das Problem: Der Hennefer Unternehmer ist in Konflikt mit dem Gesetz geraten. Wie der Würzburger Oberstaatsanwalt Bardo Backert bestätigte, ist der Mann im März wegen gemeinschaftlicher Brandstiftung vom Amtsgericht der fränkischen Stadt zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Der Hennefer hatte im August zwei Männer aus Siegburg und Köln engagiert, seinem Würzburger Geschäftspartner die Firma anzuzünden. Denn er hatte erfahren, dass seine Lebensgefährtin ein Verhältnis mit dem Partner pflegte.

Am 21. August fuhren die Männer für ein Salär von 3000 Euro ins Frankenland und wurden in dem Gewerbegebiet tätig, gleich gegenüber der Justizvollzugsanstalt Würzburg. Schaden: 500.000 Euro an Interieur und Computeranlagen. Rein zufällig wurde wenige Minuten nach der Tat eine Polizeistreife auf die Männer aufmerksam, "wegen ihres auffälligen Verhaltens".

Als die Flammen hochschlugen war die Verbindung schnell klar. Die Männer gestanden - und nannten ihren Hintermann. Der saß nach dem Urteil zunächst in Hagen in Haft und wurde diese Woche in die JVA Euskirchen überstellt. In einem Monat kann er auf erleichterte Bedingungen in der für den offenen Vollzug bekannten Anstalt hoffen.

Das dürfte der Stadt Siegburg behagen, ist der Mann doch offenbar der einzige Sachverständige für die Datenabfrage der beiden Starenkästen. "Wir werden die Kästen so bald als eben möglich aktivieren", sagte denn auch Bürgermeister Franz Huhn dem General-Anzeiger. In wenigen Tagen seien die Schwierigkeiten überwunden. Er hat inzwischen seine ganze Autorität in die Waagschale geworfen und alle Hebel in Bewegung gesetzt, damit die Pechsträhne nun bald ein Ende hat.

War doch bei Recherchen der Stadt bekannt geworden, dass der Hennefer Vertragspartner die Geräte gar nicht selbst hergestellt hat, sondern sie von einer Firma aus Leverkusen bezog. Das gibt der Stadt die Möglichkeit, dorthin Kontakt aufzunehmen und eine technische Lösung zu finden. Das soll nun in den nächsten Tagen geschehen.

Eine Irritation ganz anderer Art ist inzwischen offenbar vollständig gelöst. So hatte ein Autofahrer, der an der Wilhelmstraße ein Knöllchen kassiert hatte, Widerspruch eingelegt mit der Begründung, die Stadt könne eine Bundesstraße von überörtlicher Bedeutung wie die B 8 nicht einfach unterbrechen und auf einem Abschnitt zur Fußgängerzone erklären.

Zwar waren sich die Stadt Siegburg und der zuständige Landesbetrieb Straßen in Bonn vorab handelseinig geworden, dass die B 8 demnächst zur Gemeindestraße herunter gestuft werden soll, aber das ist immer noch nicht geschehen.

Grund ist der Wunsch des Bundesverkehrsministeriums, nicht nur die Wilhelmstraße, sondern die gesamte Bundesstraße zwischen den Stadtgrenzen von Hennef und Köln aus seiner Zuständigkeit und Kostenpflicht herauszunehmen, weil es seine Versorgungspflicht mit der parallelen Bundesautobahn 560 als erfüllt ansieht.

Davon wären dann aber auch die Städte Troisdorf und Sankt Augustin betroffen - möglicherweise auch finanziell. "Wir stimmen einer Abstufung nur zu, wenn die Ortseinfahrt von Buisdorf vorher umgestaltet wird", bestätigt denn auch Sankt Augustins Beigeordneter Rainer Gleß.

Es ist also noch Zündstoff drin, in der Abstimmung. Nach Gleß' Beobachtung hat sich beim Thema Abstufung in den vergangenen Monaten nichts bewegt. Allerdings gilt vorläufig: "Die Stadt Siegburg darf die B8 an der Wilhelmstraße sperren", sagt Alfred Lützler, Chef des Landesbetriebs Straßen in Bonn.

Schließlich existiere eine Vereinbarung mit Siegburg, wonach die Verkehrssicherungspflicht auf die Stadt übergegangen sei. Er räumte ein, dass die Abstufung aber in jedem Fall erfolgen muss, selbst wenn das noch etwas dauert. Dass mit der Sperrung der B8 alles okay ist, bestätigt auch Regierungsdirektor Richard Schild vom Bundesverkehrsministerium: "Unsere Vereinbarung sichert ab, dass der Verkehr über Ausweichstraßen fließen kann, und das reicht uns jetzt erst einmal aus."

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