Nachtwanderung durch den Siegburger Wald Was im Dunkeln kreucht und fleucht

Siegburg · Wie sich das Leben im Wald verändert, wenn die Dunkelheit einbricht, erlebten Kinder und ihre Eltern bei einer Nachtwanderung zu den Stallberger Teichen in Siegburg, Begegnungen mit Glühwürmchen und Fledermäusen inklusive.

 Fasziniert lauschen vor allem die Kinder den Ausführungen über Käfer und Fledermäuse von Xenia Scherz.

Fasziniert lauschen vor allem die Kinder den Ausführungen über Käfer und Fledermäuse von Xenia Scherz.

Foto: Paul Kieras

„Wir sind versteinert, schließen Mund und Augen. Ab jetzt.“ Sofort halten rund 45 Eltern und ihre Kinder regungslos inne und lassen die Umgebung auf sich wirken. Das Kommando kommt von Diplom-Biologin Xenia Scherz, die am Dienstagabend zusammen mit ihnen eine Nachtwanderung zu den Teichen im Wald in Siegburg-Stallberg unternimmt. Ihre Exkursion ist Teil des städtischen Umweltprogramms. Vorher stellt sie ihren Begleitern allerdings drei Aufgaben. Die Frage nach dem, was sie mit geschlossenen Augen gehört haben, ist schnell beantwortet: Vögel, Grillen, einen Specht sowie Autos zählen die Kinder und Erwachsenen unter anderem auf. Letztere sind in unmittelbarer Nähe der Umgehungsstraße (B56) aber auch nicht zu überhören.

Die zweite Aufgabe besteht darin, sich das dunkelrote T-Shirt eines kleinen Jungen, das grüne Oberteil einer Mutter und die orangefarbene Jacke einer weiteren sowie den blauen Rucksack eines Kindes einzuprägen. Schließlich sollen alle noch darauf achten, so Scherz, wie groß der Abstand der einzelnen Gruppenmitglieder zueinander ist. Was es mit den einzelnen Aufgaben auf sich hat, verrät sie ihren Teilnehmern bei den weiteren Zwischenstopps auf dem Weg zu ihrem gemeinsamen Ziel.

„Es geht mir darum, das Bewusstsein für Dunkelheit zu schärfen“, erklärt die Biologin bei Einbruch der Dämmerung. Daher sind auch Taschenlampen und Handys tabu. Am nächsten Halt, es ist bereits deutlich dunkler geworden, wieder das Kommando zum Innehalten und Hören. Es ist nach Beobachtung der Gruppe leiser geworden im Wald, die Farben der Kleidung und des Rucksacks wirken dunkler und etwas blasser und die Gruppe ist sichtbar enger zusammengerückt, die Luft fühlt sich kühler und feuchter an. Laut Scherz die beste Zeit, nach Käfern und Schnecken zu suchen, die die Teilnehmer auch gleich finden und präsentieren.

Was das mit Glühwürmchen zu tun hat, erklärt Xenia Scherz direkt: Die seien nämlich keine Würmer, sondern Käfer, lebten ganze drei Jahre als Larven und ernährten sich von Schnecken. Das eigentliche Leben als leuchtender Käfer dauert nach ihren Worten nur kurze Zeit zwischen Juni und Juli, nach der Paarung stirbt der Käfer. Natürlich wollen alle wissen, warum ein Glühwürmchen leuchtet. Die Antwort: Es wandelt chemische Energie in kaltes Licht um. Das Besondere daran sei, dass diese Umwandlung nahezu verlustfrei geschehe, so Scherz. Im Vergleich zu einer Glühbirne, wo bei der Lichterzeugung 95 Prozent als Wärme verloren gingen.

Fledermaus-Detektor macht Rufe hörbar

Beim nächsten Stopp der Gruppe ist es bereits dunkel. Jetzt sind nur noch vereinzelt Geräusche zu hören, die Farben der Kleidung wirken grau und die Teilnehmer stehen dicht beieinander. Die ersten Leuchtkäfer schwirren umher, vor allem die Kinder sind begeistert. Am Teich angekommen, geht es endlich um Fledermäuse. Selbst die Erwachsenen erfahren Details, die sie bis dahin sicher noch nicht wussten. Zum Beispiel, dass die Fledermaus als Säugetier dem Menschen am ähnlichsten ist, pro Jahr ein Junges, maximal Zwillinge bekommt. „Klugscheißerwissen“ nennt Scherz das, nicht zu verwechseln mit „Besserwissen“.

Mit einem Fledermaus-Detektor kann sie die sonst nicht wahrnehmbaren Töne, die die Tiere von sich geben, hörbar machen und nachweisen, dass Fledermäuse anwesend sind. Alle starren gebannt in die Luft und auf den Tümpel, wo die Nachtschwärmer nach Mücken jagen. Einige werden von den Teilnehmern sogar entdeckt. Ein unterhaltsamer und vor allem lehrreicher Abend, bei dem selbst kleinste Kleinigkeiten ungläubiges Staunen auslösten. Wie die Information, dass eine bestimmte Käferart mit den Hinterbeinen atmet. Und die Wanderung war der beste Beweis, dass die Natur und ihr Erleben spannender sind, als jedes Computer- und Handyspiel.

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