Umfrage von Pro familia Rhein-Sieg Was Jugendliche über Sex wissen wollen

SANKT AUGUSTIN · Was Jugendliche schon immer über Sex wissen wollten: Wie aufgeklärt sind Jungen und Mädchen im Alter von 14 bis 16 Jahren? Welche Fragen haben sie? Was ist ihnen beim Thema Sexualität wichtig?

 Aufklären wollen Barbara Mihlan (links) und Maria Böhnert von pro familia.

Aufklären wollen Barbara Mihlan (links) und Maria Böhnert von pro familia.

Foto: Michael Lehnberg

Barbara Mihlan, Sexualpädagogin in Diensten von pro familia Rhein-Sieg, ist den Fragen in ihrer Diplomarbeit unter dem Titel "Sexuelle Fragen Jugendlicher im 21. Jahrhundert" nachgegangen und kommt zu dem Ergebnis, dass Schüler in der Pubertät alles zu wissen glauben, aber doch nicht so viel über Sexualität wissen.

Mehr als 681 Jugendliche hatte Mihlan bei Veranstaltungen mit Schülern von sieben pro-familia-Beratungsstellen aufgefordert, anonym Fragen auf Zetteln einzureichen, was sie zum Thema Liebe wissen wollen. 800 Fragen zu sexualpädagogischen Themen sind zusammengekommen, die Mihlan ausgewertet und nach der Häufigkeit geordnet hat. Was Jugendliche wirklich über Sexualität wissen wollen, darüber gibt es laut Mihlan wenig gesichertere Informationen. "Wir wollten mit der Erhebung herausfinden ob wir richtig beraten", so Mihlan.

An erster Stelle bei den Jungen stand das Thema sexuell übertragbare Krankheiten, bei den Mädchen der Zyklus, Fruchtbarkeit und Schwangerschaft. Sexuelle Praktiken nahmen bei der Häufigkeit sowohl bei den Jungen als auch bei den Mädchen die vierte Stelle ein. Gut ein Drittel der Fragen von Jungen beziehen sich auf biologische Grundfragen von Sexualität, bei den Mädchen ist das die Hälfte.

"Man kann daraus schließen, dass Sexualkunde in der Schule eher biologisch unterrichtet wird", sagte Barbara Mihlan. Die Hemmschwelle, in der Schule ganz offen über Sexualität zu sprechen, sei indes hoch. "Auch für die Lehrer ist das eine schwere Aufgabe", so Mihlan. Jungen holten sich ihre Informationen mehr unter ihresgleichen und redeten offener über das Thema. Mädchen wendeten sich mit ihren Fragen in allererster Linie an ihre Mütter, Freundinnen oder Ärztinnen. Lehrer oder Lehrerinnen werden nicht als Ansprechpartner gesehen.

"Die Auswertung zeigt, dass das sexualpädagogische Gruppenangebot bei pro familia nach wie vor eine Notwendigkeit ist und ausgebaut werden sollte", meint Maria Böhnert, Leiterin der pro-familia-Beratungsstelle in Sankt Augustin. Im Jahr 2012 habe pro familia rund 2500 Jugendliche aus den Klassen sieben, acht und neun mit rund 100 Gruppenangeboten erreicht. "Die Anfragen von Schulklassen steigen stetig", ergänzt Mihlan.

In Gesprächen mit den jungen Leuten hat Mihlan festgestellt, dass im Alter von 14 bis 16 Jahren Pornografie kaum eine Rolle spielt. "Das ist ein Tabuthema und für die Jugendlichen etwas Schlimmes. Deshalb fragen sie auch nicht danach", sagt Mihlan. In Sachen Verhütung seien die Schüler recht gut aufgeklärt, auch wenn die Häufigkeit der Fragen dazu bei den Jungen erst an fünfter Stelle komme.

Das aus ihrer Sicht so offene und freie Internet scheint die Schüler eher zu verunsichern. "Das Internet ersetzt unsere Beratung nicht, die Schule auch nicht", sagt Böhnert. Man habe festgestellt, dass Gesprächsangebote mit persönlichem Kontakt sehr wichtig sind für die jungen Menschen. Oft werde Jugendlichen auch Angst gemacht. "Aber wir wollen deutlich machen, dass es ja auch die schönen Aspekte gibt", so Mihlan. Man merke schon in den Gruppen, dass die Hemmungen recht schnell abgelegt werden. Was wohl auch daran liege, dass das Beratungsangebot von pro familia getrennt nach Geschlechtern ist.

Sorgen macht sich Maria Böhnert um die Finanzierung des Angebotes. "Wir sind da auf die Jugendämter angewiesen, die aber nur die Honorare zahlen, um die wir jedes Jahr kämpfen müssen." Sie wünsche sich schon, das Angebot als festen Baustein zu haben. Immerhin: Die Kreissparkassenfiliale in Sankt Augustin-Mülldorf unterstützt die präventive Arbeit Jahr für Jahr. Filialleiter Thorsten Müller übergab Böhnert neulich einen Scheck in Höhe von 1000 Euro. Dafür wurde zu dem bereits vorhandenen Verhütungskoffer ein Beamer angeschafft.

Rangliste der häufigsten Fragen:

Die Häufigkeit der Fragen zu sexuellen Themen unterscheidet sich bei Jungen und Mädchen:

Jungen fragen häufig nach:

  • 1. sexuell übertragbaren Krankheiten
  • 2. Funktionen des Körpers
  • 3. sexuellen Normen, was darf ich tun und was nicht?
  • 4. sexuellen Praktiken
  • 5. Schwangerschaft/Verhütung/Geburt. Wobei nach Verhütung eher weniger gefragt wurde.

Mädchen fragen häufig nach:

  • 1. Funktionen des Körpers
  • 2. Verhütung
  • 3. Schwangerschaft und Geburt
  • 4. sexuellen Praktiken
  • 5. Gefühlen, wie etwa Angst oder Schüchternheit.

Fragen zu sexuell übertragbaren Krankheiten wurden von Mädchen kaum gestellt.

Lehrer sind für Jugendliche keine gewünschten Ansprechpartner.

Sexualberatung

Die Sexualberatung von pro familia richtet sich an Jugendliche und junge Erwachsene bis zu einem Alter von 27 Jahren. Beratungsstellen gibt es in Troisdorf, Kirchstraße 12, Telefon 02241/71961, und in Sankt Augustin, Mendener Straße 24a, Ruf 02241/21010. Koordinatorin ist die Sexualpädogogin Barbara Mihlan, E-Mail: barbara.mihlan@profamilia.de. Pille-danach-Telefon: 01805/776326. Weitere Informationen auf www.profamilia.de.

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