Serie Kennzeichen SU Wenn Onkel Dagobert den Haushalt erklärt

RHEIN-SIEG-KREIS · Svenja Udelhoven kümmert sich seit 2014 als Kämmerin um die Finanzen des Rhein-Sieg-Kreises. Mit Walt-Disney-Animationen bringt sie den Kommunalpolitikern die trockene Materie näher.

Der Mensch und sein Büro. Wie ist es eingerichtet, was sagt es über ihn aus? Bei Svenja Udelhoven ist es aufs Wesentliche reduziert. In ihrem Raum im zehnten Stock des Siegburger Kreishauses dominieren Nüchternheit und Ordnung. Nur die Pop-Art-Porträts ihrer drei Kinder an der Wand setzen farbenfrohe Kontrapunkte.

Nüchtern, so könnte man auch das Metier von Svenja Udelhoven bezeichnen: Sie ist seit 2014 Kämmerin des Rhein-Sieg-Kreises, damals beerbte sie ihren Vorgesetzten Karl-Hans Ganseuer. Jüngst legte sie im Kreistag den Haushalt vor, dessen Erträge und Aufwendungen jeweils die Marke von 700 Millionen Euro überschreiten. In Udelhovens Dezernat fallen aber auch das Gebäudemanagement und Kreis-Beteiligungen – und zum Jahresbeginn kommen noch der Personalbereich und die Organisation dazu. Binnen weniger Jahre hat die 47-jährige Juristin damit einige Schlüsselpositionen in der Kreisverwaltung übernommen, die fast 1500 Mitarbeiter zählt.

Trotz aller Nüchternheit: Es gibt auch im Alltag einer Kämmerin schillernde Kontrapunkte. Als Svenja Udelhoven im Kreistag den Etat einbrachte, sah man auf der Leinwand hinter ihr Walt-Disney-Animationen. Donald Duck und Onkel Dagobert erklärten den Haushalt. Sie freuten sich über Millionenüberschüsse aus den vergangenen Jahren. Wie gewonnen, so zerronnen: Das Geld muss bald wieder zum Auffangen von Defiziten eingesetzt werden.

Entenhausen im Kreistag? Die Kämmerin hatte selbst die Idee dazu: Sie wollte so das als dröge geltende Thema veranschaulichen. „Bei aller Ernsthaftigkeit: Auch das Aufstellen eines Haushaltes ist mit Freude verbunden“, sagt die Dezernentin, die aus dem Bergischen stammt und in Bonn lebt.

Etat 2017/18 ist unterm Strich ausgeglichen

Der Etat 2017/18, der nun in die Beratung geht und am 19. Dezember vom Kreistag beschlossen wird, ist unterm Strich ausgeglichen und löst gegenüber den Kommunen ein politisches Versprechen ein: Der Kreisumlagesatz bleibt stabil. Darüber finanzieren die 19 Städte und Gemeinden die Arbeit des Kreises. Für 2017 sollen sie ihm zusammen 261 Millionen Euro überweisen. Selbst mit Haushaltslöchern kämpfend, werden die Bürgermeister und Kämmerer das Zahlenwerk besonders kritisch lesen. Auch der Kreis selbst muss eine Umlage entrichten, an den Landschaftsverband – mit 135 Millionen Euro 2017 einer der größten Kostenbatzen im Haushalt.

Die Rahmenbedingungen, mit denen der Kreis wirtschaftet, werden schwieriger. Beispiel Eigenkapital: 2008 wurde die allgemeine Rücklage mit 239 Millionen Euro bewertet. Heute sind es noch 49 Millionen Euro. Teilweise kam das Finanzpolster der Entlastung der Kommunen zugute. Allerdings reduzierte sich die Rücklage allein durch den Absturz der RWE-Aktie um mehr als 100 Millionen Euro. Der Kreis musste wiederholt Wertberichtigungen vornehmen und 2016 auf die Dividenden von RWE verzichten, wodurch rund 1,5 Millionen Euro ausblieben. Der Rhein-Sieg-Kreis hält 1,4 Millionen Anteilsscheine des Energiekonzerns, größtenteils über die Tochter Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft.

Die Beteiligung ist historisch bedingt. Erweist sie sich heute als Zeitbombe für den Kreishaushalt? „Ich bin keine Börsenanalystin“, sagt Udelhoven. „Wir müssen die weitere Entwicklung beobachten und diskutieren, wie wir verfahren. Mir ist wichtig, dass wir mit diesem Thema transparent umgehen.“ Im ersten Schritt hat die Kreispolitik das juristische Vertragsgeflecht entwirrt, um schnelleren Zugriff auf die Aktien zu haben. Die Kämmerin sagt aber auch: Die Beteiligung habe dem Kreis nicht bloß Nachteile gebracht. 2006 und 2007 verkaufte er 450 000 Aktien, da stand der Kurs bei 70 bis 80 Euro (heute dümpelt er bei elf Euro). Zwischen 2002 und 2015 erzielte der Kreis Aktienerträge in Höhe von 48 Millionen Euro.

Abgesehen von den RWE-Aktien stecken weitere Risiken im Haushalt. Die Sozialkosten etwa, aber auch Investitionen. Die Sanierung des Carl-Reuther-Berufskollegs in Hennef soll mehr als 50 Millionen Euro kosten. Die Brandschutzsanierung des Kreishauses offenbarte einige teure Überraschungen, sodass in der Vergangenheit Baukosten und Bauzeit deutlich nach oben korrigiert wurden. Seit 2014 sind die Prognosen einigermaßen stabil. Die Kostenschätzung lag längere Zeit bei etwa 34 Millionen Euro, aktuell sind es 35. „Damit bewegen wir uns in einem akzeptablen Rahmen“, so Udelhoven. Dennoch: Mit Voraussagen ist sie vorsichtig, bei dem Bauprojekt wie auch beim Etat.

Ansprüche an die Verwaltung sind gestiegen

Wie in allen Verwaltungen steigen die Kosten im Personalbereich. Für 2016 hatte der Kreis 77 Millionen Euro veranschlagt, 2017 sind es bereits 86. Tendenz steigend. Da machen sich nicht nur Tarifsteigerungen, sondern auch erhöhter Personalbedarf bemerkbar – bedingt durch die Versorgung von Flüchtlingen, aber auch durch allgemein steigende Ansprüche an die Verwaltung. „Als ich 2001 zum Kreis kam, war ich unter anderem für unsere Busunternehmen zuständig. Da musste man, vereinfacht gesagt, dafür sorgen, dass der Bus zu einer bestimmten Zeit eine bestimmte Route fährt und die Finanzierung sicherstellen“, sagt Udelhoven. „Heute sind die rechtlichen Rahmenbedingungen so komplex, dass sich der Arbeitsaufwand verzehnfacht hat.“ Ob Vergaberecht, Beihilferecht oder Steuerrecht – die Umsetzung der Vorgaben, die von EU-Ebene kommen, bindet Personal und kostet Zeit. Wie sich das auf lange Sicht auf die Arbeit der Kreis-Mitarbeiter auswirkt? Diese Frage wird Svenja Udelhoven ab Januar beschäftigen, wenn sie die Aufgaben des scheidenden Personaldezernenten Bernd Carl mit übernimmt.

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