Menschen aus der Ukraine Zahl der Kriegsflüchtlinge im Rhein-Sieg-Kreis ist derzeit unbekannt

Rhein-Sieg-Kreis · Der Rhein-Sieg-Kreis bereitet sich auf Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine vor. Wie viele Menschen schon da sind, darüber haben die Verantwortlichen derzeit allerdings noch keinen Überblick.

 Immer mehr Menschen aus der Ukraine suchen Zuflucht in den Nachbarstaaten und Deutschland.

Immer mehr Menschen aus der Ukraine suchen Zuflucht in den Nachbarstaaten und Deutschland.

Foto: dpa/Daniel Cole

Die genaue Zahl der bislang im Rhein-Sieg-Kreis eingetroffenen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine ist unbekannt. Wenn sich Flüchtlinge nämlich nur für eine vorübergehende Zeit hier aufhalten und privat unterkommen, seien sie nicht verpflichtet, sich zu registrieren, sagte Landrat Sebastian Schuster bei einer am Freitag anberaumten Konferenz, auf der er und der Niederkasseler Bürgermeister Stefan Vehreschild die Haltung der 19 Bürgermeisterin und Bürgermeister und die bisherigen Absprachen der Kommunen darlegten.

Wie die Leiterin der Ausländerbehörde, Gabriele Neugebauer, erläuterte, werden die Flüchtlinge nur dann registriert, wenn sie Leistungen zum Lebensunterhalt oder zur Krankenversicherung beantragen. Dann erst werden die biometrischen Daten für den Aufenthaltstitel erfasst. Für die Menschen aus der Ukraine gilt, dass sie 90 Tage visumfrei einreisen können. Stellen sie kein Schutzbegehr, müssen sie auch nicht registriert werden. Die Registrierung und die Erfassung der Flüchtlinge wird insbesondere dann von Bedeutung, wenn es später darum geht, nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel eine gleichmäßige Verteilung der Flüchtlinge auf die Bundesländer zu erreichen. Bei einem regulären Aufnahmeverfahren erfolgt die Registrierung mithilfe des PIK, des Personalinfrastrukturkomponentenverfahrens, eine digitale Erfassung aller persönlichen Daten.

Stephan Liermann, Leiter des Kreissozialamtes und der neuen Stabsstelle Ukraine-Situation, sagte, weil es bislang praktisch noch keine Anträge für Leistungen oder Aufenthaltsgenehmigungen gegeben habe, könne man zurzeit noch überhaupt keine Angaben über die Flüchtlingssituation im Kreis machen.

■ Zur Unterbringungssituation: Vehreschild, der auch Sprecher der 19 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister ist, berichtet von einer „unglaublich großen Hilfsbereitschaft“ in der Bevölkerung. Allein in seiner Kommune Niederkassel gebe es bislang rund 70 Angebote, Flüchtlinge privat aufzunehmen. Auch vereinzelte Immobilien, die teilweise seit Monaten leer stünden und deshalb beispielsweise wieder an das Versorgungsnetz angeschlossen werden müssten, seien der Kommune angeboten worden. „Aber wir werden nicht drum herumkommen, Notunterkünfte bereitzustellen“, sagte er. Vor allem, wenn es um Familien mit vier bis acht Personen ginge, werde man auf dem freien Markt nur vereinzelt Immobilien finden, sagte er.

In Niederkassel sei beispielsweise die Turnhalle am Hallenbad Lülsdorf am Freitag zu einer Notunterkunft umgewandelt worden. Der dortige Sportverein habe zudem sein Vereinsheim als Sozialraum zur Verfügung gestellt. Dort können die Menschen dann auch ihre Mahlzeiten einnehmen. WLAN sei geschaffen, Waschmaschinen und Trockner aufgestellt worden. „Das kann aber keine Dauerlösung sein“, so der Bürgermeister. Man habe sich untereinander aber darauf verständigt, viele bürokratische Hürden „geschmeidig“ zu überwinden, beispielsweise, wenn es darum ginge, Büroräume zu Wohnräumen umzumünzen. „Klar ist, dass niemand weiß, was noch auf uns zukommen wird. Das wird eine Riesenherausforderung, die Menschen adäquat unterzubringen“, sagte er.

Man habe sich auch darauf geeinigt, dass die von der Flut betroffenen Kommunen nicht noch zusätzlich mit der Aufgabe betraut werden sollten, Flüchtlinge unterzubringen. „Die Bürgermeisterin und Bürgermeister haben sich mit diesen Kommunen solidarisch erklärt“, sagte Vehreschild.

 ■ Gesundheitliche Versorgung: Eine Kooperationsvereinbarung mit der Techniker Krankenkasse sieht vor, dass die Flüchtlinge, die in den örtlichen Sozialämtern erfasst werden, auch eine elektronische Gesundheitskarte bekommen können. Alternativ können diese Menschen auch einen Berechtigungsschein erhalten, um damit zum Arzt gehen zu können. Eine Abfrage über den Impfstatus sei nicht vorgesehen, weil dies auf Freiwilligkeit beruhe, hieß es.

 ■ Schulen und Kitas: Allerdings würde der Impfstatus dann zum Thema, wenn die Kinder in Schulen oder Kitas aufgenommen würden. „Grundsätzlich besteht ab dem ersten Tag eine Schulpflicht und ein Anspruch“, sagte der Landrat. Auch diese werde die Kommunen noch zusätzlich fordern, die jetzt schon dabei seien, zu überlegen, wie man internationale Förderklassen einrichten könne. Viele Kitas fragten zudem beim Personal entsprechende Sprachkenntnisse ab. Klar sei aber auch, so Liermann, dass die Menschen, die teilweise zwei bis drei Wochen Fluchtweg hinter sich haben, erst mal zur Ruhe kommen sollen.

 ■ Geld und Konten: Ebenso beschäftigt den Kreis und die Kommunen die Frage, wie die Flüchtlinge an Gelder kommen können, wenn sie Leistungen beantragt haben. Der Landrat sei bereits im Gespräch mit Kreditinstituten, damit diese bei der Kontoeröffnung behilflich sind. Ein anderes Problem sei auch, dass viele nicht an ihre Konten in der Ukraine kämen. Auch wegen dieses Problems, sagte Schuster, sei er im Gespräch mit Sparkassen und Volksbanken.

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