Zu schwer für die Trage Transport von Übergewichtigen wird für Rettungskräfte zur Herausforderung

RHEIN-SIEG-KREIS · Siegburgs Feuerwehrchef Thomas Glatz registriert immer mehr dieser Rettungseinsätze der besonderen Art. Es geht um schwergewichtige Menschen, die in Not geraten sind und dringend ins Krankenhaus müssen.

 Thorsten Schumann zeigt vor der Rheinbacher Malteser-Wache einen speziellen Rettungswagen (rechts) für den Transport von Schwergewichtigen im Vergleich zu einem normalen RTW.

Thorsten Schumann zeigt vor der Rheinbacher Malteser-Wache einen speziellen Rettungswagen (rechts) für den Transport von Schwergewichtigen im Vergleich zu einem normalen RTW.

Foto: Axel Vogel

Die große Schwierigkeit für die Einsatzkräfte ist: Nicht selten untergebracht in einem Bett unterm Dachstuhl, erreichbar nur über eine schmale Holztreppe, "schien mancher wie lebendig eingemauert", sagt Glatz. So vergingen oft Stunden, bis der Patient in einem speziell dafür ausgelegten Rettungswagen (RTW) lag.

Erlebt hat Feuerwehrmann Glatz, wie etwa 200 Kilogramm schwere Personen auf Schleifkorbtragen die Treppen heruntergelassen, aus Badewannen befreit oder mittels eines Autokrans aus Fenstern gehoben werden mussten. Und das stets Hand in Hand mit Notärzten und Rettungsassistenten. Darum sagt auch Frank Riebandt, ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes des Rhein-Sieg-Kreises: "Der Transport von schwergewichtigen Patienten stellt alle Beteiligten vor größte Herausforderungen."

Notarzt Riebandt registriert etwa 15 solcher Nottransporte pro Jahr, wobei er sagt: "Ich arbeite seit mehr als 30 Jahren im Rettungsdienst, und in dieser Zeit haben die Zahlen deutlich zugenommen." Michael Krämer, Dienststellenleiter des Malteser Hilfsdienstes Rheinbach, wo man sich auf solche Transporte spezialisiert hat, gibt ihm Recht: "Früher haben sich etwa Nachbarn um solche Fälle gekümmert. Das hat deutlich abgenommen." Daher habe der Rettungsdienst im Kreis 2006 auch mit verbindlichen Dienstanweisungen zum Transport von Schwergewichtigen reagiert.

Immer wieder werden die Retter bei den Notfalltransporten mit zutiefst bewegenden Schicksalen konfrontiert. Dabei handelt es sich vielfach um Menschen, "die oft schon erstaunlich lange aus dem sozialen Leben ausgegliedert scheinen", berichtet Riebandt. Er kennt Fälle, "wo man sich fragt, wie lange liegen die hier schon so"?

Für die Retter, die schon mehr als 300 Kilogramm schwere Patienten heben mussten, heißt es daher zunächst, die mechanisch-technische Seite der Rettung abzuklären. Dies übernimmt die Feuerwehr, deren zentrales Problem ist: Wie lässt sich der Schwergewichtige möglichst schonend über Treppen sowie durch Türen abtransportieren? Der Einsatz der Drehleiter scheidet für Kreisbrandmeister Walter Jonas aus, weil die "für solche Lasten nicht ausgelegt ist". Daher müssten oft Türen verbreitert, Fenster herausgerissen, Zugänge durch das Mauerwerk geschaffen werden. Jonas will nicht verhehlen, dass solche Nottransporte vor allem freiwillige Wehren belasten und binden: "Das ist keine ureigene Aufgabe der Feuerwehr." Und erst recht sind dies nicht die vom Rettungsdienst "weit häufiger" angefragten "Tragehilfen", führt Jonas aus, etwa zu routinemäßigen Arztbesuchen.

In einem Notfall wird der Transport umso schwieriger, "als man jeden Schritt zwischen Technik und Medizin abstimmen muss", betont Riebandt. Schließlich handele es sich bei Schwergewichtigen "fast durchweg um schwerstkranke Personen, die einer ständigen Beobachtung bedürfen". Das pure Körpergewicht habe fast alle Organe in Mitleidenschaft gezogen, so der Notarzt: "Besonders problematisch ist die Atmung, die oft nur noch in bestimmten Körperpositionen funktioniert." Daher sei es wichtig, "den Schwergewichtigen wie ein rohes Ei zu behandeln". Für Alexander Kerkow, stellvertretender Wachleiter in Rheinbach, ist es zudem extrem wichtig, "dass die Retter auf das Schamgefühl der Patienten Rücksicht nehmen."

Liegt der Schwergewichtige in dem Spezial-RTW, muss ein weiteres Problem geklärt sein: Gibt es ein Krankenhaus, das die Person aufnimmt? Viele haben weder dafür ausgelegte Betten noch die Diagnostik, erklärt Riebandt. Gute Erfahrung hat der Kreis bislang mit dem Krankenhaus in Wesseling gemacht. Dass sie an ihre Grenzen kommen, erleben Retter oft. Bei einem Patienten, so erinnert sich Riebandt, "hätten wir für dessen Rettung das Dach mit Hilfe eines Statikers öffnen müssen". Das wäre zu zeitintensiv gewesen, und der Patient hätte es nicht überlebt." In dem Fall starb der Betreffende, bevor der leitende Notarzt eine Entscheidung fällen musste.

Spezieller Rettungswagen

Die Wache des Malteser Hilfsdienstes Rheinbach verfügt seit 2012 über einen Rettungswagen (RTW), der speziell zum Transport schwergewichtiger Patienten gebaut wurde. Dabei spricht man laut Dienststellenleiter Michael Krämer von einem Schwergewichtigen-Transport ab einem Gewicht von etwa 135 Kilogramm. Für ein solches Gewicht seien die herkömmlichen Tragen in den RTW ausgelegt.

Daher ist zentraler Ausrüstungsgegenstand des speziellen RTW der Malteser eine Trage, auf der Patienten von bis zu 400 Kilogramm transportiert werden können. Auch hilft eine spezielle Hydraulikrampe beim Ein - und Ausladen. "Seit wir das Fahrzeug vor anderthalb Jahren angeschafft haben, wurden in diesem Zeitraum etwa 300 Fahrten gemacht, Tendenz steigend", sagt Krämer. Berücksichtigt seien dabei neben Notfällen auch Verlegungsfahrten und Patientenfahrten etwa zur Diagnostik.

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