Merav Salomon zeigt Bilder-Erzählungen Ausstellung im Bilderbuchmuseum auf Burg Wissem in Troisdorf

Troisdorf · Die Einheit widerstreitender Gefühle: Viele der teils mit schwarzer Kreide gezeichneten Arbeiten der israelischen Künstlerin wirken düster, fast morbide, sind aber zugleich satirisch und komisch.

Leben und Tod ist eines der Gegensatzpaare, die in Merav Salomons Bilderwelten eine Einheit bilden.

Leben und Tod ist eines der Gegensatzpaare, die in Merav Salomons Bilderwelten eine Einheit bilden.

Foto: Nadine Quadt

„Struwwelpeter“ hat ihre Omi Dorothea sie liebevoll genannt, gerne auch „Mäusedreck“, verrät Merav Salomon. Durchaus ungewöhnliche Kosenamen, die aber eng verwoben sind mit der persönlichen Geschichte der israelischen Illustratorin. Die Anekdote von ihrer deutschen Großmutter, die mit dem Großvater in der Zeit der Weimarer Republik nach Tel Aviv ausgewandert ist, sich dort aber zeitlebens ihre deutsche Sprache und Kultur bewahrt hat, erkläre sehr gut, was sie sei: „Ich bin israelisch, aber auch deutsch, Komik und Tragik gehören ebenso zu meinem Leben wie Liebe und Tod oder der Holocaust.“ Diese widerstreitenden Gefühle verbinden sich in Salomons Illustrationen zu einer Einheit. Ab Sonntag zeigt sie ihre Bilder-Erzählungen unter dem Titel „Staying Alive“ im Bilderbuchmuseum Burg Wissem.

Es ist nicht das erste Mal, das Merav Salomon in Troisdorf weilt. 2014 war sie eine von fünf israelischen Künstlern und Professoren, die auf Burg Wissem das Projekt „The self and the others“ gestalteten. Beim Gegenbesuch in Tel Aviv lernte Museumsleiterin Pauline Liesen das Werk der 1967 geborenen Künstlerin, die an der Bezalel Academy of Arts and Design in Jerusalem die Abteilung Illustration leitet, kennen. „Wir waren so beeindruckt, dass wir entschieden haben, dass wir ihre Arbeiten im Bilderbuchmuseum ausstellen müssen“, sagt Liesen. Der Förderverein des Museums habe die Ausstellung ermöglicht.

Haare als Identität

Über ihre Großeltern lernte Salomon früh deutsche Bilderbücher wie „Der Struwwelpeter“ oder „Max und Moritz“ kennen. Da sie selbst nicht Deutsch spricht, hat sie sich die Geschichten über die Bilder erschlossen. Inzwischen erzählt sie selbst über Bilder Geschichten. „Darin geht es um die großen Themen des Lebens“, sagt Ausstellungskurator Jens Thiele. Gegensatzpaare würden in ihren kaleidoskopisch angelegten Bilderwelten auf tragikomische Weise zusammengeführt. Neben Bezügen auf historische und gegenwärtige Erzählformen finden sich solche zu den Warn-, Moral- und Unglücksgeschichten wie dem „Struwwelpeter“, zum Puppentheater, aber auch zur Karikatur oder „Graphic Novel“. Und zwischen den Bilderwelten bleibt viel Raum für die persönlichen Geschichten der Betrachter.

Mit „Problem“ hat Merav Salomon ihre Arbeiten überschrieben, die vor vier Jahren im deutsch-israelischen Projekt entstanden sind. Sie zeigen ein Mädchen mit strubbeligen Haaren. „Das ist ein sehr biografischer Comic“, erklärt Salomon. Haare seien für sie ein Zeichen der Identität. „Mit diesen Haaren kann man mich nie übermäßig ernst nehmen“, sagt sie, lacht und deutet auf ihren in einem Zopf gebändigten Lockenkopf. Bei aller Komik, auch tief tragische Momente wohnen den Illustrationen inne: Der Tod als ständiger Begleiter des kleinen Mädchen. „Auch in meinem Leben ist der Tod immer präsent“, so Salomon. Begründet in ihrer Familiengeschichte: Ihre Großeltern verloren die Verwandten im Holocaust, als Kind erlebte sie selbst in Jerusalem täglich Bombenangriffe.

Pianist begleitet die Arbeiten

Viele ihrer teils mit schwarzer Kreide gezeichneten Arbeiten wirken düster, fast morbide, sind aber zugleich satirisch. Eben aus diesem Gegensatz ziehen sie ihre Wirkung. Laden ein zur Auseinandersetzung. Oft ist die Geschichte dahinter nicht ersichtlich. Wie etwa in der ihrer Urgroßmutter mütterlicherseits gewidmeten Serie „The Archive of the Hand of Change“. Einem Kinderspiel nachempfunden sind es Karten, die zusammengesetzt die Geschichte ihrer Urgroßmutter erzählen, die im Holocaust jungen Frauen das Leben gerettet hat. „Jeder kann darin aber auch seine eigene Geschichte finden.“

Merav Salomon ist am Sonntag, 10. Juni, um 11 Uhr bei der Eröffnung ihrer Ausstellung „Staying alive“im Bilderbuchmuseum Burg Wissem anwesend. Der israelische Pianist Itay Dvori spielt Kompositionen zu ihren Arbeiten.

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