Möglicher Ausbau der Siegstrecke für Güterverkehr Bahnlärm ist der Knackpunkt

RHEIN-SIEG-KREIS · Auf wenig Begeisterung stößt im Rhein-Sieg-Kreis die neue Studie des Bundes, wonach künftig auf der Bahnstrecke zwischen Troisdorf und Siegen auch Güterverkehr rollen könnte.

Landrat Sebastian Schuster, Verkehrsexperten des Kreistags und der Zweckverband Nahverkehr Rheinland (NVR) äußerten sich auf GA-Anfrage zurückhaltend, differenziert und teilweise skeptisch. Bedenken gibt es vor allem wegen des Lärms.

„Die Ankündigung von mehr Güterverkehr wird vor Ort nicht nur Freude auslösen“, sagte Schuster. Wie berichtet, kommt das Gutachten zu dem Schluss, dass eine Ruhr-Rhein-Siegstrecke das – stark mit Güterverkehr belastete – Rheintal entlasten könnte.

Diese Route würde dann über die Siegstrecke von Troisdorf über Siegburg, Hennef und Eitorf nach Siegen führen. Dort fahren zurzeit der Regionalexpress 9 (bis Siegen), sowie die S 12 (bis Au/Sieg) und die S 19 (bis Hennef) sowie in geringem Umgang Güterverkehr (weniger als zehn Fahrten am Tag). Für weiteren Güterverkehr müsste die Strecke ausgebaut werden.

Schuster begrüßt, dass dabei die eingleisigen Abschnitte zwischen Blankenberg und Merten (3,2 Kilometer) sowie zwischen Schladern und Rosbach (1,8 Kilometer) beseitigt würden, ebenso einige Langsamfahrstellen. „Davon werden der Verkehr und der Fahrgast profitieren, weil es auch die Pünktlichkeit des RE 9 steigern wird“, so der Landrat.

Wie der NVR favorisiert er jedoch andere Schienenprojekte, vor allem den Ausbau des Bahnknotens Köln, durch den das regionale Bahnnetz entlastet wird. „Das steht für uns an erster Stelle“, bekräftigte NVR-Sprecher Holger Klein. „Der Ausbau der Siegstrecke für den Güterverkehr dürfte schon aus topographischen Gründen sehr teuer werden.“

Hauptknackpunkt im Siegtal ist aber der Bahnlärm. Schuster fordert, dass beim Lärmschutz nicht nur die Neubauabschnitte auf den neuesten Stand gebracht werden. Die ganze Strecke müsse lärmsaniert werden. Ähnlich argumentiert Dietmar Tendler, Fraktionschef und Verkehrsexperte der SPD im Kreistag: „Niemand kann etwas gegen die Verbesserung der Schieneninfrastruktur haben“, erklärt der Eitorfer. „Es kann aber nicht sein, dass der Lärm des Güterverkehrs einfach vom Rhein- auf der Siegtal übertragen wird. Wir brauchen vernünftigen Lärmschutz.“

So sieht es auch Oliver Krauß, verkehrspolitischer Sprecher der CDU: „Natürlich sehe ich auch die Notwendigkeit, die Menschen im Rheintal vom enormen Lärm zu entlasten. Wir müssen aber sehr darauf achten, nicht an der einen Stelle Menschen zu entlasten und dafür neue Probleme an anderer Stelle zu schaffen.“ Man werde die Interessen der Menschen im Siegtal wahrnehmen. In der CDU-Kreistagsfraktion haben vor allem die Vertreter für Hennef, Eitorf und Windeck Bedenken.

Ingo Steiner (Grüne) sieht noch „viele Fragezeichen“. „Das alles läuft nicht auf eine Verlagerung des Güterverkehrs hinaus, sondern auf eine Kapazitätserweiterung.“ Neben den beiden Rheinstrecken würde so eine dritte Güterstrecke geschaffen. Dabei habe der Nahverkehr das Nachsehen.

Auch die Bürgerinitiative gegen Bahnlärm, die im Rheintal aktiv ist, hat das neue Gutachten aufmerksam registriert. „Es ist zu befürchten, dass das Rheintal nur deshalb entlastet wird, damit es zusätzlichen Güterverkehr aufnehmen kann“, sagte Sprecher Gerd Kirchhoff aus Bad Honnef.

Schließlich werde das Güteraufkommen steigen. Die Initiative fordert eine konsequente Umrüstung aller 180.000 in Deutschland eingesetzten Güterwagen durch sogenannte Flüsterbremsen. Auf Dauer, so Kirchhoff, helfe aber nur eine große Lösung wie der Westerwald-Taunus-Tunnel. Diese unterirdische Trasse, bislang ein Denkmodell, führt von Sankt Augustin bis nach Wiesbaden.

Güterverkehr

Besonders im Mittelrheintal, aber auch im südlichen NRW - Bonn, Siebengebirge - sind die Menschen von Bahnlärm betroffen. Auf den beiden Strecken links und rechts des Rheins fahren pro Tag insgesamt rund 300 Güterzüge. Die Achse Rotterdam-Genua führt durch das Rheintal, und der Verkehr soll sich nach Fertigstellung des Schweizer St. Gotthardt Basistunnels 2017 noch deutlich erhöhen. In seiner neuen Studie hat der Bund nach Entlastungsrouten gesucht. Die Ruhr-Rhein-Sieg-Strecke gilt als Option. Dazu soll nun eine Kosten-Nutzen-Analyse erstellt werden.

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