Fischereibruderschaft Bergheim Bergheimer Fischer in Inventar des Kulturerbes von NRW aufgenommen

TROISDORF-BERGHEIM · Die Fischereibruderschaft zu Bergheim feierte vor zwei Jahren ihr 1025-jähriges Bestehen. Jetzt wurde ihr Engagement von der NRW-Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport, Ute Schäfer, besonders gewürdigt.

Sie nahm die Bruderschaft ins sogenannte Inventar des immateriellen Kulturerbes von Nordrhein-Westfalen auf. Nicht ohne Stolz verweisen die Fischer auf diese besondere Anerkennung, die die Ministerin am 30. Juni in Düsseldorf im Rahmen einer Feierstunde aussprach.

Brauchtum, Tradition und Handwerkstechniken der Flussfischer an Rhein und Sieg sind es, deren Weitergabe mit dieser Auszeichnung unterstützt werden soll.

Mit Leben gefüllt wird die Fischertradition im Ort von der Bruderschaft, die nicht nur das im November 2010 an der Siegmündung neu eröffnete Museum betreibt, sondern auch mit unterschiedlichen Aktivitäten wie Fischerfesten, Führungen, Ferienaktionen, Fortbildungen und Seminaren die alte Tradition am Leben erhält.

Schluss mit der Berufsfischerei war in den 60er Jahren. Die wenigen Fische, die man damals aus Rhein und Sieg holte, ließen sich wegen der starken Verschmutzung nicht mehr verkaufen. Kläranlagen und das Verbot für die Einleitung von Schadstoffen in die Flüsse haben bis heute zur Erholung der Gewässer geführt. Allerdings sind die Bestände bei weitem nicht mehr so zahlreich, wie zu Zeiten der Großväter und Urgroßväter der heutigen Fischer. Die Fischer heute üben das Handwerk auch nicht mehr aus, um davon zu leben, sondern sie wollen die Tradition am Leben erhalten.

Angefangen hatte alles im Jahr 987, als König Otto III. die Fischereirechte an Rhein und Sieg an den Stift Villich übertrug. Da jedoch die dort lebenden Nonnen nichts mit Fischerei anfangen konnten, sei deren Ausübung an die Fischer in Bergheim übertragen worden, berichten der erste und zweite Brudermeister Günter und Erich Engels. Jeder dritte Fisch, der gefangen wurde, musste an das Kloster abgegeben werden.

Wie genau die Fischer es mit dieser Auflage nahmen, sei nicht im Detail überliefert, berichten die beiden augenzwinkernd. Erst 1850 erwarb die Bruderschaft das "Villicher Drittel" vom Preußischen Fiskus für 600 Taler. Eine Menge Geld aber für die Bruderschaft die Gelegenheit, ihre Fischereirechte an der Unteren Sieg von Meindorf bis zur Rheinmündung und am Rhein von Beuel bis Mondorf auszuüben. Dort allerdings nur bis zur Flussmitte oder "so weit, wie ein Mann einen Speer werfen kann".

Bergheim wurde immer mit den Fischern in Verbindung gebracht. Mindestens ein Drittel der Einwohner übte diesen Beruf aus, vor den Häusern hingen die Netze zum Trocknen oder Reparieren, auch Korbmacher und Netzstricker ließen sich im Ort nieder, denn sie waren eng mit der Fischertradition verbunden.

Verkauft wurde der Fang zum Beispiel auf dem Kölner Fischmarkt. Im Ort selbst tauschten die Fischer ihren Fang meist gegen Naturalien. Die Frauen waren mit dem Putzen und Ausnehmen der Fische beschäftigt, und jeden zweiten Tag stand Fisch auf dem Tisch, erinnern sich die Fischereibrüder noch an ihre Kindheit. Allerdings seien dies eher die minderwertigen "Rotaugen" gewesen. Für Aal oder Lachs bekam man damals 20 Pfennig pro Pfund, heute kosten die Edelfische acht bis zehn Euro das Kilo.

Im Dorf waren die Fischer angesehene Leute. Es gab einen eigenen Altar in der Kirche und immer der älteste eheliche Sohn wurde in die Bruderschaft aufgenommen. Das ist heute nicht mehr ganz so streng, Mädchen sind jedoch immer noch nicht Mitglieder. So habe es von der Ministerin vor der Verlesung der Urkunden die Empfehlung an die Flussfischer gegeben, eine Lösung zu finden, um auch Fremde und Frauen in die Traditionspflege einzubeziehen.

Einen ersten Schritt in diese Richtung habe man mit der Gründung des Fördervereins gemacht, in dem sich auch Frauen engagieren. "Wir überlegen zudem, einen Verein im Verein zu gründen, um die Frauen einzubeziehen", so Günter Engels. Die Bruderschaft will jedoch die althergebrachten Regeln beibehalten, nur so könne die Tradition auch weiter gepflegt werden.

Bruderschaft und Fischereimuseum

Die Fischereibruderschaft Bergheim hat heute rund 450 Mitglieder. Zusammenkünfte, die bei der Bruderschaft Gedinge heißen, gibt es zweimal jährlich. Das Dreikönigsgeding im Januar und das Johannesgeding im Juni. Alles rund um die Tradition der Bergheimer Fischer ist im erst im November 2010 eröffneten Museum an der Siegmündung zu sehen. Das Haus wurde im Rahmen des Strukturprogramms "Regionale 2010" und des Landesprogramms "Initiative ergreifen" finanziert.

Geführt wird es von der Bergheimer Fischereibruderschaft. Ausgestellt sind dort zum Beispiel der Fischeraltar, die Statue der heiligen Katharina sowie Schädelknochen eines Aalkopfes, die für die Leiden Christi stehen. Die Fahne von 1912 mit Jesus und den Fischern, die seine Jünger waren, sowie der Schutzpatronin auf der Rückseite gehören ebenso zum Inventar wie Entwürfe des Wappens, Fangnetze und Reusen sowie ein Aalschokker, Beiboote, Grenzsteine und Fotos.

Der Aalschokker Maria Theresia schwimmt als bewegliches Denkmal auf dem alten Siegarm Diescholl vor dem Museum. Seit einigen Wochen wird er von dem Solarboot "Pakwa" begleitet, das dem Transport von Besuchern dient und ebenso wie der Schokker von Paul-Heinz Mertens zur Verfügung gestellt wurde. Die Tagungsräume des Museums können für Veranstaltungen gemietet werden. Auch für Geburtstage oder andere Familienfeste sind Räume im Museum vorgesehen.

Geöffnet ist es immer samstags von 14 bis 18 Uhr sowie sonntags und an Feiertagen von 12 bis 18 Uhr.

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