Urteil am Landgericht Bonn Bewährung statt Freispruch im Prozess um Maskenverweigererin
Troisdorf/Bonn · Im Fall des Trios, das im Mai 2020 mit seiner Maskenverweigerung in einem Troisdorf Supermarkt Aufmerksamkeit erregte, wurde die beteiligte Frau nun ebenfalls verurteilt. In einem vorausgegangenen Verfahren war sie noch freigesprochen worden.
„Viele Menschen konnten die außergewöhnlichen Maßnahmen zu Beginn der Corona-Zeit nicht nachvollziehen“, sagte die Vorsitzende Richterin bei der Urteilsbegründung. Dennoch verurteilte die 3. Große Strafkammer unter ihrem Vorsitz eine 33-jährige Frau am Freitagmittag wegen ihrer Beteiligung an einer aus dem Ruder gelaufenen Protestaktion zu einer halbjährigen Bewährungsstrafe. In einem ersten Verfahren im vergangenen Sommer war die Troisdorferin noch von den Vorwürfen freigesprochen worden. Dieses erste Urteil hob der Bundesgerichtshof aber am 1. März nach einer von der Staatsanwaltschaft beantragten Revision auf. Nun wurde die Frau der Beihilfe zu einem tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte, des Widerstands gegen die Staatsgewalt sowie einer Beleidigung für schuldig befunden. Als Bewährungsauflage muss sie 50 Sozialstunden ableisten.
Die drei Troisdorfer – es handelte sich um den Lebensgefährten und den Halbbruder der nun Verurteilten – wollten im Mai 2020 gegen die neu eingeführte Maskenpflicht protestieren, indem sie einen Supermarkt ohne Mundschutz betraten. Die gezielte Provokation wollten sie filmen und die Aufnahmen anschließend ins Netz stellen. Allerdings klappte die Aktion bei einem ersten Marktbesuch gar nicht, lief dann aber in einem zweiten Lebensmittelmarkt völlig aus dem Ruder. Im ersten Laden scherte sich einfach niemand darum, dass die drei Troisdorfer maskenfrei einkaufen wollten.
Erst im zweiten kam es dann zu der gesuchten Konfrontation mit einem Mitarbeiter, der schnell die Polizei zu Hilfe rief. Während es zwischen den beiden Männern und der Polizei schnell zu einem aggressiven Streit kam, schlenderte die Frau zunächst noch etwas ziellos im Markt umher. Da die Beamten annahmen, dass sie die Aktion filmen könnte, wollten sie die Personalien der Frau aufnehmen. Sie weigerte sich aber – es folgte eine Rangelei, die wiederum die Männer auf den Plan rief. Einer der Beamten wurde bei dem Vorfall verletzt und musste an der Nase operiert werden, beide waren längere Zeit dienstunfähig.
Videoaufnahmen zeigten Beleidigung
Dass die Frau selber Gewalt gebraucht haben könnte, nahm auch die Kammer nicht an. Sie hätte die Aufnahme ihrer Personalien aber dulden müssen, so die Richterin, da die Diensthandlung gerechtfertigt gewesen sei. Das Gericht nahm sich Zeit, alle Videoaufnahmen des Vorfalls zu sichten und verurteilte die Angeklagte auch wegen einer deutlich zu hörenden Beleidigung. Der gravierendste Straftatbestand war aber der der Beihilfe zu einem tätlichen Angriff auf die Polizisten: Hier habe die Kammer sogar darüber beraten, ob es sich möglicherweise sogar um einen besonders schweren Fall handeln könne. Das habe man aber schließlich nicht angenommen. Mit dem Strafmaß ist das Gericht exakt dem Antrag der Staatsanwaltschaft gefolgt.
In dem ersten Verfahren hatte die seinerzeit zuständige Kammer noch der Aussage der Frau vertraut, die sie auch im aktuellen Verfahren wiederholt hatte: Sie habe zwar von den Plänen ihres Lebensgefährten gewusst, sei aber nur zum Einkaufen mitgekommen. Das fand die Kammer aber angesichts der dokumentierten Aussage „Morgen ziehen wir in den Krieg“, unplausibel. Den Text hatte sie am Vorabend ihrem Partner und ihrem Halbbruder in einem Chat geschickt.
Die Verurteilte hatte sich selber verteidigt, da sie ihren Pflichtverteidiger in seiner Funktion nicht akzeptieren mochte. Die Frau teile vieles vom Gedankengut der Reichsbürger, habe aber keine Probleme, von Sozialleistungen zu leben, sagte die Richterin abschließend. Da sie während des Verfahrens den Eindruck gewann, dass sie diese möglicherweise teilweise zu Unrecht beziehe, gab sie der Staatsanwaltschaft einen entsprechenden Hinweis.