Weihnachten im Troisdorfer Frauenhaus Der größte Wunsch ist ein Leben ohne Gewalt

TROISDORF · An den Fenstern hängen rote Weihnachtssterne, ein großer Teddy mit 24 Taschen ziert die Wand, den Weihnachtsbaum mit einer Höhe von vielleicht einem Meter könnte man auch übersehen. Im Frauenhaus in Troisdorf gibt es keine opulente Weihnachtsatmosphäre.

 Weihnachtsbaum und Adventskalender: Michiko Park will schöne Momente schaffen.

Weihnachtsbaum und Adventskalender: Michiko Park will schöne Momente schaffen.

Foto: Martina Welt

Es herrscht vielmehr der geschäftige Alltag. Umzüge werden vorbereitet, die Kinder machen sich auf den Weg zum therapeutischen Reiten, und andere Frauen erledigen letzte Behördengänge. "Bei uns leben Frauen aus unterschiedlichen Ländern mit unterschiedlichen Religionen und kulturellen Hintergründen", erläutert Michiko Park, eine der drei Geschäftsführerinnen des Frauenhauses den Hintergrund.

Im Haus werden genauso wie Weihnachten auch das Zucker- oder Opferfest gefeiert, was im Umkehrschluss allerdings auch bedeutet, dass alle Frauen an vorweihnachtlichen Aktivitäten teilnehmen. Auch Plätzchen backen oder gemeinsame Bastelstunden sind bei Frauen und Kindern gerne gesehen.

Ganz gleich ob türkisch, polnisch, rumänisch, syrisch, deutsch, kroatisch oder afrikanisch: Eines eint die Frauen - sie alle haben Gewalt in ihrer Familie erlebt. Deshalb sind sie ins Frauenhaus gezogen. Sarah (Name von der Red. geändert) kam vor fast drei Monaten aus Bayern nach Troisdorf. Fast zehn Jahre lang war sie mit ihrem Mann zusammen. "Er hat mich immer wieder geschlagen", berichtet sie. Sie habe sich mehrfach getrennt, dann aber die Beziehung wieder aufgenommen. "Er hat immer wieder geweint, und das konnte ich nur schwer ertragen." Im Januar heiratete sie ihren Freund. "Das war mein größter Fehler". Als er begann, die drei Kinder zu schlagen, musste sie weg.

Über das Internet, in dem die Frauenhäuser in NRW mit einem Ampelsystem anzeigen, ob es freie Plätze gibt, kam sie nach Troisdorf. "Sie war eine gebrochene Frau mit wuscheligen Haaren", erinnert sich Park an Sarahs Zustand im September. Das hat sich geändert. Sarah ist vor wenigen Tagen ausgezogen und freut sich auf ihr neues Leben mit ihren drei Kindern. Der größte Weihnachtswunsch von Gian (Name geändert) ist der nach einem Leben mit ihrer Tochter ohne Gewalt.

Als sie im August in Troisdorf ankam, hatte sie vor allem Angst. Dieses Gefühl überdeckte alles. "Ich war sehr schreckhaft und zitterte, meine Tochter hat kaum gesprochen", beschreibt Gian ihren und den Zustand des Kindes. Zwar sei ihre Tochter nicht vom Vater geschlagen worden, sie musste jedoch miterleben, wie er die Mutter misshandelte. Ihr Mann wisse wo sie ist, das habe er von der Polizei erfahren, berichtet Gian. Außerdem hat er auch das Sorgerecht für die Tochter, und genau damit hat sie Probleme. Park bestätigt, dass die Väter meist sehr schnell das Sorgerecht von den Gerichten zugesprochen bekämen. "Wir unterstützen die Frauen dabei, wenn sie für das alleinige Sorgerecht kämpfen wollen". Grundsätzlich will das Frauenhaus den Frauen "schöne Momente" bieten und sie so stark machen, dass sie sich ihrer Angst stellen und ihr Leben selbstständig meistern können.

Die Weihnachtszeit bietet dazu viele Möglichkeiten. Weihnachtswünsche der Frauen bewegen sich eher im praktischen Bereich. Sarah braucht noch Betten und eine Waschmaschine. Die Kinder wünschen sich ein Fahrrad, ein Wave-Board oder eine Playstation. "Die Kinder bekommen meist viele Spenden, die Frauen allerdings nicht", resümiert Park.

Für Sarah und Gian ist das erste Weihnachtswunder schon geschehen, denn sie haben noch vor Weihnachten eine Wohnung gefunden. Jetzt werden sie sich auf Arbeitssuche begeben. "Ich mache alles", stellt Sarah fest. Sie könnte sich eine Arbeit im Einzelhandel gut vorstellen. Für Gian ginge ein Traum in Erfüllung, wenn sie eine Ausbildung als Kinderarzthelferin machen könnte. Zudem möchte sie sich mit ihren Arabisch- und Französisch-Kenntnissen in der Flüchtlingsarbeit engagieren. An Heiligabend werden die Frauen im Haus gemeinsam kochen, für die Kinder wird es eine Bescherung geben. Die Zutaten und Geschenke werden größtenteils aus Spenden finanziert und den Frauen zur Verfügung gestellt.

Das Frauenhaus

Das Troisdorfer Frauenhaus gibt es seit 1993. Träger ist der Verein Frauen helfen Frauen. Das Haus bietet bis zu acht Frauen und maximal zwölf Kindern Schutz und Begleitung nach häuslicher Gewalt. 70 Prozent der Personalkosten für vier Stellen werden vom Land finanziert. Mit dem Rhein-Sieg-Kreis wird zudem alle fünf Jahre ein Leistungsvereinbarung getroffen für Teile des Personals sowie Sach- und Betriebskosten. Rund 15 000 Euro müssen dennoch jedes Jahr über Spenden finanziert werden. Infos dazu gibt es unter 02 24 1/1 48 49 34. oder im Internet unter www.frauenhelfenfrauenev.de.

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