Ehepaar wegen heimtückischen Mordes vor Gericht

TROISDORF/BONN · 43-Jähriger soll in Troisdorf den Stiefvater seiner Frau aus Habgier erstochen haben. Beide Angeklagte bestreiten die Tat.

Als die zierliche Frau in Handschellen in den Gerichtssaal gebracht wird, sitzt eine ihrer beiden Töchter im Zuschauerraum und blickt die Mutter traurig an. Zusammen mit ihrem 43-jährigen Ehemann muss sich die 40-jährige Mutter von drei Kindern seit Montag vor dem Bonner Schwurgericht verantworten, und die Vorwürfe wiegen schwer: In der Nacht zum 7. Februar soll der 43-jährige Angeklagte den 72-jährigen Stiefvater seiner Frau in Troisdorf erstochen haben.

Heimtückischen Mord aus Habgier wirft Oberstaatsanwalt Robin Faßbender dem 43-Jährigen nun vor, die 40-Jährige hat er wegen Beihilfe angeklagt. Grund für die Tat laut Anklage: Der Stiefvater war im Begriff, sich von der Mutter der Angeklagten scheiden zu lassen, und da die Mutter dem Paar häufig mit Geld ihres Mannes geholfen hatte, befürchteten die beiden nun, auf dieses Geld keinen Zugriff mehr zu haben. Doch beide Angeklagten bestreiten den Tatvorwurf vehement.

Ein Nachbar hatte den stark blutenden 72-Jährigen in der Tatnacht im Treppenhaus des Mehrfamilienhauses an der Großstraße in Troisdorf gefunden. Für den Mann kam jede Hilfe zu spät. Ein Stich hatte ihn ins Herz getroffen. Die in Rheinland-Pfalz lebenden Eheleute gerieten erst nach einer Weile ins Visier der Ermittler, da der 43-Jährige ein Alibi präsentierte: Er habe genau zur Tatzeit an einem Geldautomaten in Worms Geld abgehoben.

Doch dann fand die Polizei heraus: Das Geld hatte seine Frau mit seiner Scheckkarte entfernt von ihrem Wohnort an einem Geldautomaten an einem Wormser Kaufhaus abgehoben. Und zwar, nachdem er sie kurz zuvor angerufen hatte - von seinem Handy, das zu der Zeit im Troisdorfer Netz eingeloggt war. Zwei Monate nach der Tat wurde das Ehepaar verhaftet. Der Angeklagte schwieg am ersten Prozesstag und will sich seinen Anwälten zufolge nicht äußern.

Seine Frau aber ließ durch ihre Anwältin eine Erklärung verlesen: Die Ehe mit ihrem Mann, den sie nach türkischen Regeln auf Wunsch ihrer Eltern mit knapp 17 Jahren geheiratet habe, sei zur Tatzeit gescheitert gewesen. Nur wegen der Kinder sei sie mit ihm zusammengeblieben, man habe aber getrennt geschlafen.

2010 habe sie gemerkt, dass er psychische Probleme hatte, immer seltsamer wurde und oft tagelang weg war. Immer habe er erklärt, er sei mit einem Freund, den sie nicht kannte, bei Schafen und Lämmern gewesen. Auf ihren Druck sei er schließlich in Behandlung gegangen, und als sie mit dem Facharzt geredet habe, habe der ihr erklärt, den Freund bilde ihr Mann sich ein, er leide an Schizophrenie.

Auch am Tag vor der Tat sei ihr Mann wieder verschwunden gewesen. Und als er sie dann in der Tatnacht angerufen und aufgefordert habe, sofort zu ihm nach Worms zu kommen und dort am Automaten mit seiner Scheckkarte Geld abzuheben, habe sie nicht gezögert: "Weil ich Angst um ihn hatte." In Worms habe sie vergeblich nach ihm gesucht. Der Prozess wird fortgesetzt.

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