Museum für Stadt- und Industriegeschichte in Troisdorf Eine besondere Pappschachtel kehrt zurück nach Troisdorf

Troisdorf · Anfang des 20. Jahrhunderts gingen die Vexier- und Spielwaren des Unternehmers Johann Albert Sawinsky von Troisdorf aus in die ganze Welt. Eines entdeckte eine Niederländerin im Nachlass ihres Bruders.

 Alice Meijs (rechts) übergab die außergewöhnliche Schachtel mit einem Vexierspiel des Troisdorfer Unternehmers Johann Albert Sawinsky an Musit-Leiterin Pauline Liesen.

Alice Meijs (rechts) übergab die außergewöhnliche Schachtel mit einem Vexierspiel des Troisdorfer Unternehmers Johann Albert Sawinsky an Musit-Leiterin Pauline Liesen.

Foto: Nadine Quadt

Dass dieses Kästchen, das viele Jahre auf dem Kaminsims gestanden hat, etwas Besonderes sein muss, war Alice Meijs klar. Beim alljährlichen Flohmarkt des „Hunzekoor“ fand sich dennoch kein Käufer. Denn für fünf Euro wollte die Vorsitzende des niederländischen Projektchores das gute Stück nicht „verschenken“. Chormitglied Hans Meijering ist es zu verdanken, dass die Schachtel mit einem Vexierspiel des Troisdorfer Unternehmers Johann Albert Sawinsky nun gewissermaßen wieder nach Hause zurückgekehrt ist. Sechs Mitglieder des „Hunzekoor“ übergaben das Kästchen auf Burg Wissem an Pauline Liesen, Leiterin des Museums für Stadt-und Industriegeschichte Troisdorf (Musit).

Die erinnert sich noch gut an den Anruf aus den Niederlanden. Ob sie das Kistchen mit dem Holzspielzeug nicht kaufen wolle, habe Meijering sie direkt gefragt. Nur der Verpackung wegen ist Pauline Liesen schließlich auf sein Angebot eingegangen. Die ist nämlich gewissermaßen eine Sonderedition. „Das Vexierspiel ist eigens für die Messe Gesolei 1926 in Düsseldorf hergestellt worden“, sagt sie. So ist es auch deutlich auf der Schachtel zu lesen, zusammen mit einem handschriftlichen Vermerk auf der Rückseite: „Hochzeitsreise 1926“.

„Gesolei“ steht für Gesundheitspflege, soziale Fürsorge und Leibesübungen. „Das war die größte deutsche Messe der Weimarer Zeit und sie zog 7,5 Millionen Besucher an“, erklärt Bernadette Fischer, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Musit. „Die Schachtel ist ein wichtiges Zeitdokument, das zeigt, wie umtriebig der Unternehmer Sawinsky in seiner Zeit war“, so Liesen. Von Troisdorf aus war er international tätig. Das zeigten auch die Bauanleitungen seiner Spielwaren, die er in drei Sprachen verfasste.

Seit 2015 kennt die Museumsleiterin selbst erst den Troisdorfer Spielwarenhersteller. Damals standen dessen Großnichte Marlies Sawinsky und Lothar Schimmelpfennig auf einmal mit einem Koffer voller Unterlagen, Holzspielzeugen und alten Bildern in ihrem Büro – dem unternehmerischen Nachlass des Johann Albert Sawinskys. Der hatte als junger Mann zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Troisdorf eine Vexier- und Spielwarenfabrik gegründet. Er produzierte aus Holz zerlegbare Miniaturmöbel und Einrichtungsgegenstände für Puppenstuben, die er wie Puzzleteile zusammengelegt in einer Pappschachtel verkaufte. In die kleinen Kisten packte er auch Zauberkugeln und Teufelsknoten als dreidimensionale Puzzle. Seine Spielzeuge, die er mit selbst entwickelten Maschinen baute, gingen von Troisdorf aus in die ganze Welt.

Wie genau das Exemplar von der Messe 1926 im niederländischen Anloo gelandet ist, vermag Alice Meijs nicht zu sagen. Sie selbst hat es aus dem Nachlass ihres Bruders, der mit einer Deutschen verheiratet war. „Vermutlich ist es über sie in den Niederlanden gelandet“, sagt Meijs. „Jetzt ist es wieder nach Hause zurückgekommen“, ergänzt Hans Meijering, der in Veendam lebt. Bei seinen Recherchen zu Albert Sawinsky sei er auf die Ausstellung mit Sawinskys Nachlass im Musit gestoßen und habe deshalb den Kontakt nach Troisdorf gesucht.

Kästchen ist nun Teil der Sawinsky-Ausstellung

Zusammen mit anderen Spielzeugen, Fotos und Dokumenten ist es nun in einer Vitrine im Musit zu sehen. „Wir haben auch ein Foto, das Sawinsky mit seinem Stand bei der Gesolei 1926 zeigt“, sagt Bernadette Fischer. Damals sei es schon nicht mehr so gut gelaufen mit dem Verkauf von Spielwaren, weiß Pauline Liesen zu berichten. Schon 1922 hatte Sawinsky seinen Firmensitz von Troisdorf auf die Königswinterer Margarethenhöhe verlegt.

Beeindruckt von der Reise, die das Vexierspiel ihres Großonkels zurückgelegt hat, zeigte sich auch Marlies Sawinsky. Sie brachte zum Treffen mit dem Hunzekoor ein weiteres Stück aus dem Sawinsky-Nachlass mit: den Gewerbeschein des Unternehmers aus dem Jahr 1913. „Den habe ich in einer Kiste gefunden“, sagt sie. Dort hatte sie eigentlich nach Fotos gesucht.

Das Musit auf Burg Wissem, Burgallee 1 in Troisdorf, ist dienstags bis freitags von 11 bis 17 Uhr sowie samstags, sonn- und feiertags zwischen 10 und 18 Uhr geöffnet.

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