Interview mit Michael Mittermeier "Es muss auch einen Deppen-Dienstag geben"

Troisdorf · Was der bayrische Comedian mit dem schwarzen Humor und der bösen Zunge über Stand-up-Comedy und seine Kabarett-Vorbilder denkt, verriet Michael Mittermeier vor seinem Auftritt in der Troisdorfer Stadthalle im Interview.

Seit 31 Jahren steht Comedian Michael Mittermeier auf der Bühne und begeistert sein Publikum.

Foto: Paul Kieras

Fast könnte es einem angst und bange werden, wenn Michael Mittermeier seinem Publikum die „Todes-Wuchtl“ androht. Doch der österreichische Begriff steht für den Volltreffer ins Lachzentrum. Und den will man sich doch gerne von ihm geben lassen. Was der bayrische Comedian mit dem schwarzen Humor und der bösen Zunge über Stand-up-Comedy und seine Kabarett-Vorbilder denkt, wie sein soziales Engagement und seine Weihnachtspläne aussehen, verriet der Künstler vor seinem Auftritt in der Troisdorfer Stadthalle am Donnerstag, 17. Januar.

„Ring frei für den Comedykampf des Jahrhunderts“ heißt es in der Vorankündigung zu Ihrem neuen Programm. Gegen wen kämpfen Sie denn?

Michael Mittermeier: Gegen alle Absurditäten dieser Welt. Die kleinen und die großen Geschichten. Da gibt es genug, das man jeden Tag auf der Straße aufschnappt und bekämpfen muss. Bei mir im Programm finden Sie alles wieder. Es sind Alltagsgeschichten, die jeder von uns erlebt.

Wer muss Sie in Ihrem Programm denn fürchten?

Mittermeier: Alle Vollidioten. Ich habe beschlossen, wenn es einen Black Friday und einen Cyber Monday gibt, dann muss es auch einen Deppen-Dienstag geben.

Gibt es Themen, bei denen selbst Ihnen der Humor vergeht?

Mittermeier: Nicht wirklich. Man kann über alles mit Humor sprechen. Auch Themen wie Terrorismus oder Attentäter kann man auf der Bühne behandeln. Ich glaube sogar, dass man es muss. Denn wir müssen dagegenhalten. Die Botschaft muss heißen, wir lassen uns diese Welt nicht nehmen. Weder von Terroristen noch von irgendwelchen Drecks-Populisten, die aus TerroraAnschlägen Kapital schlagen wollen.

Die Grenzen zwischen Kabarett und Stand-up-Comedy sind fließend

Ihre Magisterarbeit schrieben Sie 1994 im Fach Amerikanistik über das Thema „Amerikanische Stand-up-Comedy“. Gab es diese Form damals eigentlich schon in Deutschland?

Mittermeier: Das steckte in Deutschland in den 1990er Jahren tatsächlich noch in den Kinderschuhen. Leute wie ich haben dann begonnen, so eine Form zu bilden, die heute gesellschaftsfähig ist. Aber die Grenzen zwischen Kabarett und Stand-up-Comedy sind ja fließend. In Amerika wurde es als Kunstform geprägt von Künstlern, wie Jon Stewart oder Louis CK. Die haben Stand-up dann politisch und gesellschaftskritisch auf die Bühne gebracht.

Wo Sie sich in ihrer Magisterarbeit bereits wissenschaftlich-analytisch mit dem Thema auseinandergesetzt haben: Was, würden Sie sagen, macht Ihren eigenen Humor aus?

Mittermeier: Keine Ahnung. Das kommt intuitiv. Da setze ich mich nicht hin und konstruiere eine geile Pointe. Die kommt bei mir einfach so raus. Ohne irgendwelche Konstrukte und Berechnungen.

Sie haben Comedy-Awards und Künstler-Auszeichnungen im gesamten deutschsprachigen Raum erhalten. Welcher Preis ist Ihnen besonders wichtig?

Mittermeier: Die Preise sind alle toll. Klar, sechs mal den Deutschen Comedy-Preis zu bekommen oder den Echo zu haben, das ist schon etwas Besonderes für einen Comedian. Aber auch den Grazer Kleinkunstvogel von 1988 liebe ich noch heute. Weil er damals für mich als jungen Künstler einfach einen Quantensprung bedeutete. Das hat mich unheimlich gefreut.

Sie sind seit April auf Tour und wollen mit der „Todes-Wuchtl“ den Lucky Punch landen. Lachen Österreicher, Schweizer und Deutsche denn an den gleichen Stellen?

Mittermeier: Eine gute Pointe ist eine gute Pointe. Egal, wo man sie bringt. Wenn man beim Publikum vom gleichen Hintergrundwissen ausgehen kann, macht das keinen Unterschied. Es ist nur verschieden, wenn das Publikum bestimmte Dinge nicht wissen kann und deshalb nicht lacht.

Sie treten ja auch mit englischen Programmen auf.

Mittermeier: Auch das mache ich gerne. Ich erinnere mich, dass ich eine Woche in London auf der Bühne stand, als die Brexit-Entscheidung anstand. Und da habe ich voll reingehauen und überzeichnet, als keiner geglaubt hat, dass es tatsächlich dazu kommen sollte. Da haben die Briten sehr gelacht – im Mutterland des Humors.

Waren Sie als Schüler schon immer der Klassenclown?

Mittermeier: Nein, eigentlich nicht. Ich war nicht derjenige, der wollte, dass alle über ihn lachen. Bei mir war es anders. Ich habe es nicht darauf angelegt. Ich nenne es heute „verbale Inkontinenz“, weil ich dennoch die Klappe nicht halten konnte. Es kam einfach raus.

Beobachten Sie nach 31 Jahren erfolgreicher Bühnenpräsenz, dass es immer schwieriger wird, die Leute zum Lachen zu bringen? Hat sich das Publikum verschlimmert?

Mittermeier: Ich wüsste nicht, wieso. Ganz klar, man muss sich immer wieder neuen Herausforderungen stellen, und man muss ins Rampenlicht wollen und damit leben können. Aber wem das keinen Spaß macht, dem sage ich: „Dann werde doch Bäcker.“

Bei allen Stand-up-Qualitäten bleiben Sie ja immer noch dem klassischen Kabarett verbunden. Wer sind Ihre Vorbilder?

Mittermeier: Da gibt es viele. Einer der ganz Großen war Dieter Hildebrandt. Sein Satzbau, sein Humor, seine Intelligenz. Das war einfach unfassbar gut. Aber auch Otto hat mich geprägt, auch Gerhard Polt und Badesalz. Der Mix hat meinen eigenen Geschmack geprägt, und daraus habe ich meine eigene Art am Ende gebildet.

Sind Sie privat auch lustig?

Mittermeier: Meine Tochter sagt zurzeit zu allem immer: „Ha, ha, sehr witzig, Papa.“ Augenaufschlag, stöhn.... Das liegt am Alter. Und meine Frau findet mich, glaube ich, sehr lustig. Da musste ich aber auch heimlich sehr dran arbeiten. Man will ja so geliebt werden, wie man ist.

Man bezeichnet Sie als Stand-up-Comedian, Kabarettist und Autor.Wie definieren Sie sich denn selbst?

Mittermeier: Nennt mich, wie ihr wollt. Die Jungen würden nie von Kabarett sprechen, und die Alten halten Stand-up-Comedy nicht für wichtig genug. Mir ist es persönlich wurscht, wie ich heiße, wenn ich das Publikum berühre.

Sie engagieren sich auch sozial, tun etwas gegen Kinderarmut, für Menschenrechte und den Schutz des geistigen Eigentums. Was ist Ihr jüngstes Projekt?

Mittermeier: Hinter den Kulissen bin ich dauerhaft aktiv. Zum Beispiel für ein Waisenhaus in Kapstadt. Und wenn man dann begreift, dass man Dinge verändern kann, dass man tatsächlich etwas bewegen kann, wenn man den Mund aufmacht und sich einsetzt, dann tut es gut.

Was machen Sie Weihnachten?

Mittermeier: Das erste Mal seit 25 Jahren sind wir weg. Deshalb feiern wir mit der ganzen Familie, mit Omas und Opas, schon nächsten Samstag Heiligabend. Und am 24. Dezember fliegen wir nach Patagonien in Südamerika. Darauf freue ich mich sehr, das alles zu sehen, so lange die Gletscher noch stehen.