Welthungerhilfe-Vortrag in Troisdorf "Es muss endlich ein Umdenken stattfinden"

TROISDORF · Bärbel Dieckmann, Präsidentin der Welthungerhilfe, spricht am Reformationstag in der Evangelischen Stadtkirche.

 Teilen ist für Bärbel Dieckmann die Lösung des Hunger-Problems auf der Welt.

Teilen ist für Bärbel Dieckmann die Lösung des Hunger-Problems auf der Welt.

Foto: Ingo Eisner

Es scheint ein schier unlösbares Problem zu sein. Derzeit leiden mehr als 800 Millionen Menschen auf der Welt an Hunger. Laut dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen sollen es sogar rund 870 Millionen sein, also etwa jeder achte Mensch. Die Gründe für diese hohe Zahl sind vielfältig. Zumeist sind es politische, ökonomische und soziale Faktoren, die dafür sorgen, dass Nahrung nicht zu diesen Menschen gelangt.

Anlässlich der Feierlichkeiten zum Reformationstag in der Stadtkirche, zu dem die Evangelische Kirchengemeinde Troisdorf und die Evangelische Friedenskirchengemeinde eingeladen hatten, sprach Bärbel Dieckmann, ehemalige Bonner Oberbürgermeisterin und derzeitige Präsidentin der Welthungerhilfe. Ihr Fazit: "Wenn wir teilen, können wir das Problem des Welthungers lösen."

Als sich im September 2000 Staats- und Regierungschefs zur so genannten "Millenniumskonferenz" trafen, verabschiedeten sie ein wichtiges Ziel: bis 2015 den Anteil der Weltbevölkerung, der unter extremer Armut und Hunger leidet, zu halbieren. Zwar würden seitdem 290 Millionen Menschen weniger unter Hunger leiden. "Von dem Millenniumsziel ist die Weltgemeinschaft ein Jahr vor 2015 aber weit entfernt", sagte Pfarrer Dietmar Pistorius, der in den Reformations-Abend einführte.

Am 31. Oktober 1517 gab Martin Luther mit der Veröffentlichung seiner 95 Thesen zum Thema Ablass den entscheidenden Impuls zur Reformation. Die Stadtkirche begeht seit vielen Jahren diesen Tag nicht als bloßen Gedenktag, sondern beschäftigt sich mit notwendigen Reformen für Kirche und Gesellschaft. Der Hunger in der Welt sei solch ein Thema und gelte laut Pistorius als das größte lösbare Problem. Laut dem UN-Sonderberichterstatter Jean Ziegler könnte die Weltgemeinschaft problemlos zwölf Milliarden Menschen ernähren. Nach Meinung von Ziegler würde ein Kind, das heute an Hunger sterbe, ermordet.

Bärbel Dieckmann, von 1994 bis 2009 Oberbürgermeisterin der Stadt Bonn und seit 2008 Präsidentin der Welthungerhilfe, ging in ihrer Rede eindringlich auf das Problem des Welthungers ein. Klimawandel, Kriege, Korruption, Kapitalismus, die mangelnde Umverteilung von Geldern, das Nichtvorhandensein von Sozialsystemen in den betroffenen Ländern: All das trage zum Welthunger bei. "Armut und Hunger resultieren aus der Tatsache, dass die Menschen kein Einkommen haben", sagte Dieckmann. Natürlich gäbe es auch Armut in Deutschland. "Diese Armut ist aber mit der Not in diesen Ländern nicht vergleichbar.

Wir haben funktionierende Sozialsysteme." Es müsse endlich ein Umdenken stattfinden. Nahrungsmittel seien genug vorhanden, sie müssten nur richtig verteilt werden. Und auch die Deutschen könnten etwas tun. "Wir müssen unsere Ernährungsgewohnheiten ändern", sagte Dieckmann. Es könne nicht sein, dass wichtige Ressourcen wie Wasser zur Produktion von einem Kilo Rindfleisch massenhaft verschwendet würden und obendrein Nahrungsmittel zur Herstellung von Bio-Treibstoff dienen würden. "Nahrung geht vor Bio-Sprit."

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