Lauf in Nordkorea Hanno Rheineck aus Troisdorf war als einer von nur zehn Ausländern dabei
SIEGBURG · Als es tatsächlich so weit war, beschlich Hanno Rheineck ein beklemmendes Gefühl. Er saß an seinem PC, kontrollierte sein E-Mail-Postfach, und da war sie: die Nachricht des nordkoreanischen Leichtathletikverbandes. Als einem von nur zehn ausländischen Athleten werde ihm die Ehre zuteil, am im Rahmen des Mangyongdae-Sportfestivals stattfindenden Zehn-Kilometer-Laufs in Pjöngjang teilzunehmen.
Was darauf folgte, beschrieb der Troisdorfer Rheineck nun in Siegburg. Er habe im Vorfeld viele Freunde und Bekannte um Rat gefragt. "Das kannst du doch nicht machen - in einem Land, das Demokratie und Menschenrechte dermaßen mit Füßen tritt", lautete eine Antwort.
"Das ist viel zu gefährlich. Was, wenn es genau dann zu einem Atomschlag kommt?", war eine andere Reaktion. Doch Rheineck sagte zu: "Wenn es um Politik ginge, dürfte ich in viele Länder gar nicht reisen. Aber mir geht es um den Sport und die Begegnung mit anderen Menschen. Und letztlich ist ja das Regime das Problem und nicht die Bevölkerung", fasst er die Gründe für seine Entscheidung zusammen.
Vor knapp zwei Wochen ging es dann los: Nach 13 Stunden Flug und einem Zwischenstopp in Peking landete Rheineck in Pjöngjang. Dort musste er zunächst sein Handy sowie die Kamera zur Kontrolle abgeben. Pass und Rückflugticket wurden gleich ganz einbehalten und ihm erst am Abreisetag wieder ausgehändigt.
Außerdem stellte man ihm einen "Betreuer" zur Seite, der ihn von diesem Zeitpunkt an begleitete. Mehrfach täglich rief er ihn außerdem im Hotel an, wollte etwa wissen, ob Rheineck seine Nummer für das anstehende Rennen schon auf dem Laufshirt befestigt habe. "Wahrscheinlich gab es da auch Abhöranlagen", vermutet der 71-Jährige.
Doch es kam noch "besser": "Nach dem Lauf habe ich noch Fotos gemacht und mich mit anderen Sportlern unterhalten. Das hat ihm wohl zu lange gedauert, so dass er mir anschließend bis unter die Dusche nachkam", schildert Rheineck die Überwachungsmaßnahmen. "Da wird einem erst mal bewusst, was Freiheit für ein hohes Gut ist."
Auch an die unfreiwillige Teilnahme an einer Verehrung des Diktators Kim Jong-un, bei der die Sportler sich vor einer Statue verbeugen mussten, erinnert sich der Troisdorfer: "Das habe ich aber nicht mitgemacht, das widerstrebte mir." Über die nordkoreanische Bevölkerung weiß Rheineck jedoch ausschließlich Positives zu berichten: Keine Spur von Fremdenfeindlichkeit habe es gegeben. Als herzlich und offen habe er die Menschen erlebt.
Der Lauf geriet angesichts der vielen Eindrücke fast zur Nebensache. Mit einer Zeit von 1:06:10 Stunden belegte Rheineck am Ende den 33. Platz in seiner Altersgruppe. Start- und Zielpunkt war das mit 100.000 Zuschauern voll besetzte Kim-Il-sung-Stadion.
Der Länderläufer Hanno Rheineck
Die Teilnahme am Zehn-Kilometer-Lauf des Mangyongdae-Sportfestivals in Pjöngjang war die 220. Wettkampfteilnahme des 71-jährigen Troisdorfers Hanno Rheineck im 101. Land der Erde. Seit 55 Jahren schon läuft das Vereinsmitglied des 1. FC Spich Marathons sowie Langstreckenrennen in der ganzen Welt und hat in dieser Zeit unter anderem die Chinesische Mauer, die Oman-Wüste und Jerusalem läuferisch erkundet. Neben europäischen Staaten stehen auch Länder wie Ägypten, Kambodscha, Nigeria oder die Kapverden auf der Liste der von ihm bereisten Ziele. Rheineck ist ein sogenannter Länderläufer. Diese Laufenthusiasten verfolgen das Ziel, in möglichst jedem Land der Erde einmal einen Laufwettbewerb zu absolvieren.