Interview: Feuerwehrfrau Lucia Wickert "Man müsste an familienfreundlichen Strukturen arbeiten"

Lucia Wickert trat 1990 als eine der ersten Frauen im Kreis in die Feuerwehr ein. Die promovierte und habilitierte Biologin leitet als technische Fachberaterin seit 2007 die Messeinheiten des Kreises und berät die Einsatzleiter bei atomaren, biologischen oder chemischen Gefahrenlagen. Außerdem ist sie für die Ausbildung des Nachwuchses mitverantwortlich.

Frau Wickert, braucht die Feuerwehr mehr Frauen?

Lucia Wickert: In erster Linie braucht die Feuerwehr Menschen, die sich für Feuerwehr interessieren. Das können Frauen genauso sein wie Männer. Wichtig ist, dass sie ein Interesse an Technik und Naturwissenschaften mitbringen. Außerdem müssen sie sportlich sein. Und wenn dem so ist, dann würde ich sagen: Ja, dann braucht es auch mehr Frauen in der Feuerwehr.

Sind Frauen dann überhaupt die Zielgruppe, um die es sich zu buhlen lohnt?

Wickert: Es lohnt sich schon, diese Gruppe zu erschließen. Ich kann aus meiner eigenen Erfahrung sagen: Die Frauen, die ich im Lehrgang hatte, waren - bis auf ganz wenige Ausnahmen - häufig sehr gut. Oft sogar besser als die männlichen Kollegen.

Viel scheint davon aber nicht hängen zu bleiben, wenn man sich den Frauenanteil ansieht...

Wickert: Das hat aber auch etwas mit der Biologie zu tun. Wenn die jungen Frauen heiraten, sind sie erst mal weg vom Fenster. Aber auch die Männer kommen dann weniger zu den Übungen und so weiter. Die Frauen sind damit beschäftigt, erst mal die Kinder großzuziehen, dann sind sie natürlich eine Weile lang weg. Aber das gilt ja für den gesamten Arbeitsmarkt. Insofern müsste man auch bei der Feuerwehr an familienfreundlichen Strukturen arbeiten.

Bei den Führungspositionen sieht die Situation nicht besser aus. Im Rhein-Sieg-Kreis sind Sie momentan die einzige Frau in einer Führungsrolle. Auch Löschgruppen- oder Wehrführerinnen gibt es keine. Warum?

Wickert: Das Problem liegt nicht nur bei den Frauen. Auch bei den Männern gibt es eine große Schar, die keine Führungsposition übernehmen will. Einfach, weil es viel Arbeit und Verantwortung bedeutet. Und wenn Sie jetzt sehen, wie viele Frauen es in der Feuerwehr gibt, dann passt das im numerischen Verhältnis schon. Es ist insgesamt ein Problem, Führungspositionen zu besetzen.

Gibt es weibliche Nachwuchskräfte, denen Sie das zutrauen würden?

Wickert: Unbedingt. Ich sehe ein paar Feuerwehrfrauen auf den Lehrgängen und denke: "Warten wir noch drei Jahre, dann sind sie soweit." Die sind auch insofern toll, weil "Führung" ja nicht nur bedeutet, dass sie fachlich, sondern auch menschlich qualifiziert sein müssen. Und da sind einige Kandidatinnen, die dieses Potenzial mitbringen. Aber es ist so: Wenn die Frauen aus den Jugendfeuerwehren in die aktive Wehr wechseln, dauert es eine ganze Weile, bis sie die entsprechenden Lehrgänge gemacht und Einsatzerfahrung gesammelt haben. Aber es sind auf jeden Fall welche dabei. Ich hoffe, dass dann, wenn ich aus dem aktiven Dienst ausscheide, mehr Frauen in Führungspositionen sind. Das finde ich schon wünschenswert, denn die haben einfach einen anderen "Style".

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