Klaviermusik für die Patienten Manfred Hardes ist Pianist in der Palliativstation in Troisdorf

Troisdorf · Manfred Hardes spielt seit zehn Jahren ehrenamtlich Klavier in Senioreneinrichtungen des Rhein-Sieg-Kreises. Auch die Palliativstation in Troisdorf besucht er regelmäßig.

 Manfred Hardes spielt seit zehn Jahren ehrenamtlich in verschiedenen Senioreneinrichtungen des Rhein-Sieg-Kreises Klavier.

Manfred Hardes spielt seit zehn Jahren ehrenamtlich in verschiedenen Senioreneinrichtungen des Rhein-Sieg-Kreises Klavier.

Foto: Susanne Haase-Mühlbauer

Für die meisten ist es kein normaler Krankenhaus-Besuch mit Saft und Blümchen, voller Hoffnung und Optimismus. Wer einen lieben Angehörigen oder engen Freund auf der Palliativstation im Troisdorfer Krankenhaus Sankt Josef besucht, geht dorthin nicht selten mit schwerem Herzen und großer Sorge um den dort liegenden Patienten.

„Ich erinnere mich noch gut an das Drücken in der Magengegend“, sagt Manfred Hardes, der dort vor vielen Jahren einen lieben Nachbarn besuchen ging. „Eine der vielen hier tätigen Ehrenamtlerinnen öffnete mir damals die Türe“, erinnert sich Hardes noch ganz genau. Auch daran, dass sie ihm die Schwermut nahm, indem sie ihn zu einer kleinen Besichtigung der freundlichen Räume und Pflegebedingungen einlud. Ein Aquarium auf dem Gang, gemütliche Zimmer, die den Patienten einen Blick ins Grüne bieten und ein großer Empfangs- und Besprechungsraum mit Wohnzimmeratmosphäre. Das alte Klavier an der Wand des Besprechungsraumes spielte der Hobby-Pianist damals kurz an und witzelte, dass der „alte Kasten aber mal gehörig gestimmt werden müsste.“ Die Ehrenamtlerin versprach, für eine saubere Stimmung zu sorgen und engagierte Hardes im Gegenzug spontan als Pianisten für die Palliativstation.

Wunschkonzerte für die Patienten

Gut sechs Jahre ist das nun her und Hardes kommt seither fast jeden Freitag und spielt gut eine Stunde Klavier für die Patienten, die Schwestern und die Ehrenamtler. „Man bekommt soviel zurück“, sagt Hardes, der seiner Tätigkeit mit Dankbarkeit nachgeht. Nach draußen könne er aus dem Erleben der Arbeit der vielen Hauptberuflichen und Ehrenamtler nur eines transportieren: „Ich habe einen großen Respekt vor der Arbeit in Pflege- und Senioreneinrichtungen, die mit viel Liebe und Hingabe geschieht. Da möchte ich gerne etwas zu beitragen.“

Wunschkonzerte sind inzwischen keine Seltenheit mehr. „Ich spiele, was die Patienten und die Schwestern sich von mir wünschen“, sagt Hardes, dessen Anliegen es ist, den kranken Menschen Mut zu machen. „Musik bedeutet Erinnerung“, weiß der aktive Senior inszwischen nur zu gut. „Verliebt sein, der erste Kuss, Reisen, die Kinder kommen zur Welt – diese Erlebnisse speichern wir alle mit den Liedern, die in dieser Zeit gespielt wurden.“ So lässt der Pianist mit seinem unglaublichen Repertoire von „so etwa tausend Stücken“ die Erinnerung wieder lebendig werden und gibt seinen Zuhörern Freude und auch Trost in der Trauer und den schweren Stunden.

Hardes kann „vom Blatt weg“ improvisieren. Die Melodie und die Angabe der Harmonie reicht dem Pianisten zum weiteren Improvisieren. Er besitzt einen großen Noten-Fundus mit Melodien-Schätzen aus gut hundert Jahren deutscher Schlager, internationaler Volkslieder und aktueller Pop-Songs, die er „auf Zuruf“ vorträgt. „Udo Jürgens, Elton John, Queen, ABBA und die Beatles werden genauso gerne gefragt, wie Karnevals-, Volks- und Heimatlieder“, erklärt der Musiker, der vor 44 Jahren durch seine Frau Barbara zum Rheinländer wurde und in Troisdorf lebt. Und wenn er ein Stück nicht kenne, dann besorge er die Noten und spiele es beim nächsten Besuch.

Für einen Seemann habe er unter anderem den Schlager „Meine Heimat ist das Meer“ gespielt und ein echter Wach-Macher sei das Lied, das bereits Bundespräsident Walter Scheel 1973 gesungen hat. „Hoch auf dem gelben Wagen wird noch immer gerne aus den Zimmern laut und textsicher mitgesungen“, sagt der aus Hamm in Westfalen stammende Unterhaltungskünstler, der seit seinem zehnten Lebensjahr Klavier spielt. Erst lernte er Klavierspielen mit klassischem Repertoire à la Beethoven, Mozart und Haydn, dann entdeckte er die Unterhaltungsmusik und das Improvisieren.

Einsätze auch an Heiligabend

Beruflich ging Hardes indes einen anderen Weg: Mehr als dreißig Jahre lang arbeitete er als Dozent an der Fachhochschule für Rechtspflege in Bad Münstereifel. Sein Schwerpunkt waren die Fachbereiche Strafvollstreckung, Verwaltungsrecht und Sozialrecht. „In der Altersteilzeit und im Ruhestand dachte ich damals oft drüber nach, wie ich mich ehrenamtlich mit etwas Sinnvollem engagieren könnte.“ Nach mehr als zehn Jahren voller Musik ist seine freie Zeit inzwischen reich gefüllt mit musikalischen Einsätzen und Wunschkonzerten, die er sogar an Heiligabend und auch bei Beerdigungen gibt. In verschiedenen Senioreneinrichtungen in Troisdorf, Siegburg und Sankt Augustin, wie auch im Club am Markt in Sankt Augustin ist Hardes inzwischen regelmäßig zu erleben.

„Corona hat nun vieles heruntergeschraubt“, sagt Hardes zur aktuellen Situation. Doch das Musizieren aus dem Wohnzimmer der Palliativstation ist bei weit geöffneter Tür auch weiterhin möglich. „Es erfüllt mich mit Freude, wenn auf den Zimmern jemand zuhört und sich an der Musik erfreuen kann“, sagt Hardes und beginnt Klavier zu spielen, erst den „Sound of silence“ von Simon und Garfunkel, dann den Whitney Houston-Klassiker „One moment in time“.

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