Workshop zum Thema Innenstadt Bürger entwickeln die Zukunft von Troisdorf mit

Troisdorf · Bürger konnten bei einem Workshop ihre Wünsche und Anregungen zur Zukunft der Troisdorfer Innenstadt einbringen. Auch der unbeliebteste Ort der Stadt war Thema.

Katharina Ruhr vom Stadtplanungsbüro "Stadt + Handel" moderierte die Veranstaltung.

Katharina Ruhr vom Stadtplanungsbüro "Stadt + Handel" moderierte die Veranstaltung.

Foto: Christine Siefer

Die Auftaktveranstaltung zur Troisdorfer Innenstadtgestaltung begann unter anderem mit einem kleinen Quiz. Katharina Ruhr, Städteplanerin des Büros „Stadt + Handel“ wollte von den anwesenden Troisdorfern wissen, wie viele Produkte der Online-Händler Amazon bereitstelle. Als Ruhr die Lösung einblendete, ging ein kurzes Raunen durch die Reihen: Rund 220 Millionen Produkte. „Mehr Angebot geht nicht“, fasste sie zusammen und ergänzte, dass das Problem für den stationären Einzelhandel zwar allseits bekannt sei, jedoch die bessere Beratung oder das Einkaufserlebnis oft noch als Alleinstellungsmerkmal der örtlichen Läden genannt würde.

Doch auch diese Bereiche deckten inzwischen Online-Händler ab. „Corona und der Ukraine-Krieg sind zusätzliche Trendbeschleuniger“, so die Vortragende weiter. Statt in Dekaden, müsse man als Stadtplaner beim Strukturwandel inzwischen in wenigen Jahren denken.

Im Detail stecken in vielen Entwicklungen auch Chancen, zum Beispiel im Wertewandel mit Blick auf Nachhaltigkeit oder der demografischen Entwicklung mit Aspekten der Barrierefreiheit. Dazu kämen Trends wie „teilen statt besitzen“ oder die zunehmende Individualisierung, die vermehrt Nischenangebote für spezielle Zielgruppen hervorbringe. Die Projektleiterin präsentierte Beispiele für innovative Ideen wie die eines digitalen Biergartens, in den sich Besucher die Speisen und Getränke der umliegenden Gastronomie per Online-Bestellung liefern lassen können, die temporäre Nutzung von Ladenflächen oder kleine saisonale Installationen wie ein Stadtstrand oder ein Mini-Park in der Fußgängerzone.

Stadtplaner nehmen die Anregungen der Troisdorfer auf.

Stadtplaner nehmen die Anregungen der Troisdorfer auf.

Foto: Christine Siefer

Kreativität und Lebensnähe sind im Workshop gefragt

Solche kreativen Ideen sollten bei der Veranstaltung in der Troisdorfer Stadthalle auch diskutiert werden. Doch zuerst ging es an die Bestandsaufnahme. Die Mitarbeitenden der beiden beauftragten Planungsbüros „Stadt + Handel“ und „Reicher Haase Assoziierte“ hatten Stellwände vorbereitet, an denen die Troisdorfer ihre Einschätzungen abgeben konnten. So wurden Lieblingsplätze genauso abgefragt wie Orte, die eher gemieden werden. Die Burg Wissem und der Vogel- und Wildpark wurden als Lieblingsorte besonders oft genannt, so auch von Florian Zimmermann. Der Troisdorfer wünscht sich dort mehr Gastronomie: „Ich könnte mir auch einen digitalen Biergarten gut vorstellen.“ Die Bürgerinnen und Bürger konnten auch die bestehenden Angebote bewerten. „Ich wünsche mir eine Bar für jüngere Leute, da gibt es bisher nichts was mich anspricht“, sagte Judith Krieger. Ihre Anregung kam als Notiz an die Stellwand, daneben klebten noch Zettel mit Wünschen wie „cooles Café“, „Repair Café“, „Second-Hand-Laden“ oder „Spielplatz“.

„Ich lebe seit Oktober mit meiner Familie in Troisdorf“, berichtete der evangelische Pfarrer Sebastian Schmidt und ergänzte: „Ich finde klasse, dass wir mit den Kindern um den Block gehen können, ohne die Fußgängerzone zu verlassen. Jetzt wäre es noch super, wenn das richtig Spaß machen würde“, sagte er.

Bürgerinnen nannten auch Troisdorfs unbeliebtesten Ort

Bei den Ideen für weitere Freizeit- und Kulturangebote nannten die Teilnehmenden beispielsweise die Einbindung der Musikschule bei Straßenmusikprojekten oder Aktionen des Bilderbuchmuseums in der Innenstadt. An der Stellwand für die unbeliebtesten Orte stach eine Location besonders hervor: Der Platz am City-Center. Dort gäbe es einen Treffpunkt für Obdachlose und Drogenabhängige erklärten die Ortsansässigen den Stadtplanern. In der anschließenden Diskussion gab es aus dem Plenum aber auch konkrete Vorschläge, wie das Problem gelöst werden könnte: „Man sollte in der Innenstadt eine offizielle Anlaufstelle schaffen, wo sich Betroffene bei schlechtem Wetter aufhalten können und vielleicht auch eine Möglichkeit zum Duschen haben.“

Wolf-Dieter Grönwoldt, Geschäftsführer der Troisdorfer Wirtschaftsfördergesellschaft TROWISTA, freute sich über Anregungen wie diese, bedauerte jedoch, dass so wenig Einzelhändler an der Veranstaltung teilgenommen haben. „Das sind diejenigen, die sich bei jedem Gespräch über genau diese Probleme beschweren“, erklärte er. Bei einer Umfrage unter den rund 70 Anwesenden zeigte sich, dass es mehrheitlich Immobilieneigentümer und Anwohner waren. Diese wünschten sich auch konsumarme Plätze für das Zusammenkommen der Nachbarschaft.

Ein häufig genanntes Problem: Die langgezogene Fußgängerzone und der weitläufige Innenstadtbereich. „Man sollte sich auf den Kernbereich fokussieren“, merkte die Troisdorferin Vanessa Mais an. „Statt kurzfristig Mieten von Geschäften zu fördern, sollte das Geld lieber in bezahlbaren Wohnraum investiert werden.“ Damit könne man gleich zwei Probleme lösen: Den Leerstand und die Wohnungsnot, so die 35-Jährige.

Gute Beratung ist das A und O

Neben der Landesförderung, die Ende dieses Jahres ausläuft, erhält die Stadt Troisdorf für die Revitalisierung der Zentren rund 1,1 Millionen an Fördermitteln des Bundes. Dieses Programm geht noch bis August 2025. Fördergelder haben auch die Einrichtung eines Zentren-Managements und eines Zentren-Beirats bei der TROWISTA ermöglicht. Zentren-Manager Stephan Frings führt viele Gespräche mit Interessenten für Ladenlokale, auch Online-Händler, die eine stationäre Anlaufstelle schaffen wollen. „Für neue Nutzungsideen müssen wir aber auch die bürokratischen Hürden abbauen“, betonte er im Hinblick auch auf Mixed-Used-Konzepte, beispielsweise der Kombination von Café und Verkaufsgeschäft. Er sieht sich auch als Beauftragter für die Stadtteile, die bei den Ideen mit bedacht werden müssten. „Es wäre schön, wenn die Aufbruchsstimmung auch in die Stadtteile ausstrahle“, bestätigt auch Ulrike Teuber, die in Friedrich-Wilhelms-Hütte lebt und sich freut, dass sie als Bürgerin mitreden kann. „Wir brauchen Leute, die mitmachen, nicht nur meckern. Wir wollen anstoßen aber auch loslegen“, erklärte Katharina Ruhr am Ende der Veranstaltung. Auch kleine Ideen könnten schon ausprobiert werden, sodass man früh Ergebnisse sehe.

Die Auftakt-Veranstaltung und eine noch laufende Online-Befragung sind Teil der Analysephase der Stadtplaner. Nach der Auswertung soll es ab Mai/Juni mit rund 30 Stellvertretern in einer Perspektiven-Werkstatt ein Leitbild erarbeitet werden. Die Ergebnisse präsentieren die Stadtplaner dann auf einem Marktstand ab Juli wieder der breiten Öffentlichkeit. Die Maßnahmen, die dann getroffen werden müssen, werden dann in der Konzeptionsphase bestimmt. Diese letzte Phase soll dann Ende des Jahres abgeschlossen sein.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Abhaken und neu denken
Kommentar zur S13 Abhaken und neu denken