Illegale Zusteller Zoll, Ordnungsamt und Polizei im Einsatz bei Amazon in Troisdorf

Troisdorf · Im Amazon-Verteilerzentrum in Troisdorf wurden am Mittwoch bei einer Zoll-Aktion zwei illegale Mitarbeiter identifiziert. Kurz zuvor erst waren Gewerkschaften und Beratungsstellen vor Ort, um die Kurierfahrer über ihre Rechte aufzuklären, die nach Gewerkschaftsangaben teils katastrophal sind.

 Amazon in Troisdorf (Archivfoto)

Amazon in Troisdorf (Archivfoto)

Foto: Meike Böschemeyer

Zoll, Ordnungsamt und Polizei haben am Donnerstag bei einer Großkontrolle des Online-Händlers Amazon in Troisdorf zwei illegale Beschäftigte entdeckt. Ein Lieferwagen habe vollständig abgefahrene Reifen gehabt und sei sofort aus dem Verkehr gezogen worden, sagte ein Zollsprecher. Es gebe außerdem in mehreren weiteren Fällen Hinweise auf Bezahlung unter Mindestlohn.

131 Fahrer seien befragt und zahlreiche Verträge mit Amazon-Subunternehmern überprüft worden, sagte der Sprecher. Eigene Amazon-Beschäftigte wurden nicht befragt, es ging nur um Zusteller bei Subunternehmerfirmen.

Gegen die beiden jungen Fahrer, die ohne Arbeitserlaubnis Pakete ausgefahren hatten, werde ermittelt; vor allem stünden aber die Firmen im Mittelpunkt, die sie illegal beschäftigt hätten, sagte der Zollsprecher. „Das ist kein Kavaliersdelikt, die Menschen sind weder versichert noch werden sie fair bezahlt.“ Der Gesetzgeber sehe hier empfindliche Geldstrafe in fünfstelliger Höhe und in Wiederholungsfällen sogar Haftstrafen vor. Amazon habe die Kon­trolle sehr kooperativ begleitet, lobte der Zollsprecher.

Kurz vor Zoll-Aktion starteten Gewerkschaften und Beratungsstellen Info-Aktion für Paket-Fahrer

Der Online-Händler sicherte den Behörden volle Unterstützung bei solchen Kontrollen zu. Das Unternehmen erwarte von seinen Vertragspartnern, dass sie sich an die gesetzlichen Vorgaben hielten, sagte ein Unternehmenssprecher. Das gelte insbesondere für Löhne, Sozialabgaben und Arbeitszeiten.

Auch bei früheren Kontrollen waren Zoll und Polizei immer wieder auf Verstöße wie das Unterschreiten des Mindestlohns, Arbeit ohne Sozialversicherung und erhebliche Mängel an den Lieferwagen gestoßen.

Noch am Vormittag hatte die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi auf dem Amazon-Gelände in Troisdorf eine Info-Aktion veranstaltet. Ziel war es, Zusteller, die für Amazon arbeiten, über deren Rechte aufzuklären. Beteiligt waren auch die Beratungsstellen „Faire Integration“ und „Arbeit und Leben NRW“, die staatliche Gelder erhalten. Diese erreichen häufige Beschwerden von Lieferpersonal des Handelsgiganten über unfaire Arbeitsbedingungen.

Demnach sind die Hauptthemen der Hilfesuchenden unbezahlte Überstunden und die Unterschreitung des Mindestlohns. Laut Verdi werden solche Zustände möglich gemacht, indem die wenigsten Zulieferer bei Amazon selbst angestellt sind. An vielen Stellen arbeiteten Subunternehmen, Leiharbeitsfirmen oder Soloselbstständige für das Unternehmen. In manchen Arbeitsverhältnissen entstünden so mitunter prekäre Abhängigkeiten, sagt Catalina Guia von „Arbeit und Leben NRW“: „Viele Zulieferer leben in Unterkünften, die ihnen der Arbeitgeber zur Verfügung stellt. Dementsprechend haben sie Angst, dass sie beim Jobverlust auch ihre Wohnung verlieren.“

Amazon weist alle Vorwürfe zurück

Die teuren Wohnungen seien oft viel zu klein für die Anzahl der häufig im Ausland angeworbenen Arbeiter, die sich Zimmer dort teilten. „Bei jeder Beratung, die wir machen, finden diese Unternehmen einen anderen Weg, Gesetze oder etwa den Mindestlohn zu umgehen“, sagte Guia. Amazon drohe damit, dass bei einer Kündigung kein anderes Subunternehmen den Fahrer mehr einstellen werde, sagt Stanimir Mihaylov von „Arbeit und Leben“.

Amazon-Pressesprecher Steffen Adler widersprach den Vorwürfen durch die Beratungsstellen. Es stimme nicht, dass die meisten Zusteller von Amazon bei Subunternehmen beschäftigt seien. Man arbeite mit traditionellen Paketdienstleistern wie DHL sowie kleinen und mittleren lokalen Lieferpartnern zusammen. Es gebe auch eine Fahrer-Hotline, um Feedback anonymisiert und in verschiedenen Sprachen abzugeben. „Alle Lieferpartner sind vertraglich verpflichtet, alle geltenden Gesetze einzuhalten, insbesondere in Bezug auf Löhne, Sozialabgaben und Arbeitszeiten.“ Die landesweite Aktion läuft bis 13. Mai.

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