Bonner Landgericht Um an sein Geld zu kommen, wird Rentner zum Räuber

TROISDORF/BONN · 70 Jahre lang ging ein Kölner völlig unbescholten durchs Leben. Jetzt muss er sich gemeinsam mit seinem Neffen (37) vor dem Bonner Landgericht verantworten. Für schweren Raub drohen dem Duo Haftstrafen von mehr als fünf Jahren.

Die Vorgeschichte, die laut dem Senior in dem Überfall vom 3. September 2013 endete, ist tragisch: Anfang der 90er Jahre habe er einem Mann als Darlehen 100 000 Mark überlassen, sollte dafür zwölf Prozent Zinsen erhalten. "Das Geld hatte ich über 20 Jahre hinweg gespart. Das sollte fürs Alter sein."

Einige Zeit später habe er auch tatsächlich eine "Ausschüttung" von 6000 Mark erhalten. "Daraufhin wollte ich das Geld noch länger verleihen", sagte der 70-Jährige gestern aus. Doch nachdem der Geschäftspartner im April 1998 verstorben war, sah der gelernte Heizungsmonteur von seinem Geld nach eigener Aussage nicht mehr eine müde Mark. Er habe viele Briefe an die hinterbliebene Lebensgefährtin geschrieben, auf die nie eine Reaktion erfolgt sei. Heute lebe er von 220 Euro Rente, seine Frau ginge putzen.

Wie kam es nach all den Jahren zum Tatentschluss, fragte Vorsitzender Richter Josef Janßen. "Am Tag zuvor kam ich nach Hause und fand meine Frau in Tränen aufgelöst", so der 70-Jährige. Die 69-Jährige habe ihm vorgehalten, sich "kaputtzuarbeiten". Wenn Kinder und Enkel nicht wären, hätte sie sich schon das Leben genommen. Noch am selben Abend habe er seinen Neffen um Unterstützung gebeten. Der 37-Jährige vor Gericht: "Wir wollten der Frau Angst machen, damit mein Onkel sein Geld wiederbekommt."

Am Morgen des 3. September klopfte das Duo an der Tür der ehemaligen Lebensgefährtin des Geschäftspartners des 70-Jährigen. Sofort hielt ihr der Senior eine Gaspistole vor, sein Neffe hatte einen Schlagstock in der Hand. Gemeinsam drängten sie die Frau in die Küche. Immer wieder fragte der 70-Jährige nach seinem Geld, während der Neffe die Wohnung durchsuchte. Die Männer ließen sich die Kontoauszüge der 54-Jährigen zeigen. "Da waren nur 1000 bis 2000 Euro drauf", sagte der Ältere jetzt aus. Schließlich erbeutete das Duo 200 Euro Bargeld und zwei Handys.

Noch am gleichen Nachmittag wurden Onkel und Neffe verhaftet, sie gestanden die Tat. "Ich hatte fürchterliche Todesangst", so die Troisdorferin nun vor Gericht. "Ich hab' zu denen gesagt, nehmt alles mit, aber lasst mich bloß in Ruhe." Nachdem die Räuber verschwunden waren, habe sie bei einer Nachbarin Hilfe gesucht. "Die Polizei konnte ich nicht rufen, sie haben gedroht, sonst meinem Enkel etwas anzutun", berichtete die Frau unter Tränen.

Auch bei der Tochter (31) der Überfallenen und des Verstorbenen ist nichts zu holen. Der Vater habe ihr einen Haufen Schulden hinterlassen, so die Mutter. Das letzte übriggebliebene Haus stehe in Kürze zur Zwangsversteigerung an. Der Prozess gegen die beiden Kölner wird fortgesetzt.

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