Symbol für den Zusammenhalt Troisdorfer singen bereits zum 500. Mal gegen Corona

Troisdorf · Die Troisdorfer Anti-Corona-Landgrafenstraßen-Singers treffen sich weiter abends auf der Straße, um den Zusammenhalt in Familie und Nachbarschaft zu stärken. Nun kamen sie bereits zum 500. Mal zum Singen zusammen.

Symbol für den Zusammenhalt: Troisdorfer singen bereits zum 500. Mal gegen Corona
Foto: Susanne Haase-Mühlbauer

Das Ritual ist jeden Abend das gleiche, auch wenn es immer wieder zufällig und unabgesprochen – wie ein „Flashmob“ – wirkt. Aus allen Himmelsrichtungen finden sich knapp 30 Passanten seit anderthalb Jahren an der Landgrafenstraße 20 in Troisdorf-Oberlar zusammen. Auf dem Bürgersteig vor den Garagen der Ehepaare Heinz und Rosemarie Kieseier und ihrer Vermieter Norbert und Elisabeth Halm sammelt sich eine Menschentraube. Nicht dicht gedrängt, sondern mit dem gebotenen Abstand, der während der Zeit der Pandemie auch strengstens eingehalten wurde. Am Sonntag kamen die Sänger, die sich inzwischen die „AntiCoLaSingers“ – Anti-Corona-Landgrafenstraßen-Singers – nennen, zum 500. Mal zum gemeinsamen Singen zusammen.

Wenn sich die Menschen auf der Straße sammeln, öffnen sich stets auch die Fenster der gegenüberliegenden Häuser und ihre Bewohner schließen sich von dort aus dem liebgewonnenen Ritual an. Man begrüßt sich, tauscht ein paar Gedanken aus und dann wird es still. Alle erwarten das Hornsignal von Heinz Kieseier. Dann wird gemeinsam gesungen. Dazu greift der 83-jährige als Unterstützung zur Gitarre. Vier oder fünf Lieder haben sich als gutes Maß eingespielt. Kein Singen ist wie das andere. Es gibt immer wieder neue Lieder, die Kieseier jeden Abend aufs Neue zusammenstellt. Einige singen sie von ihren Textblättern ab, andere kennen die Lieder noch aus der Kindheit auswendig: „Kein schöner Land“, „Der Mond ist aufgegangen“ oder „Jetzt geht es in die Welt“. Manches wurde umgetextet und auf die Situation zugeschnitten: „Es zählt nicht die Herkunft und nicht Differenzen. Drum helft euch zu retten, teilt Masken und Betten“ singen die AntiCoLaSingers etwa zur Melodie des Volksliedes „Die Gedanken sind frei“.

Eine Viertelstunde Gesang gegen die Angst vor der schlimmen Krankheit und für den Mut und den Zusammenhalt in der Familie und Nachbarschaft. „Heute ist die Situation zwar anders als sie noch am Anfang war“, sagt Kieseier. „Aber wir singen weiter, weil es uns allen gut tut.“ Er nennt es dann „therapeutisches Singen“ und ist sich mit einem Augenzwinkern sicher, „dass wir alle gesund geblieben sind, weil wir singen“. Dann fügt er hinzu, dass die Sänger inzwischen allesamt zweimal geimpft seien und allen die Solidarität mit den von dieser schlimmen Krankheit Betroffenen weiterhin wichtig sei.

Ihr 500. Singen feierten die Sänger an der Landgrafenstraße. Dazu begrüßte Kieseier seinen ehemaligen Konfirmanden und Täufling, der inzwischen Bürgermeister der Stadt Troisdorf ist. Alexander Biber sang mit seiner Familie kräftig mit und begrüßte das Engagement der Anti CoLaSingers. „Ein solches Engagement kann man einfach nur unterstützen.“

Pünktlich mit dem Hornsignal um 18 Uhr wiederholt sich das Singen an der Landgrafenstraße jeden Abend seit dem 18. März 2020. Dass damit gut 2000 Lieder von Oberlar aus als Zeichen der Hoffnung in die Nachbarschaft hinausgesungen wurden, erfüllt den ehemaligen Pfarrer an der evangelischen Friedenskirchengemeinde Troisdorf (1976-2000) mit großer Freude. „Wir haben durch Corona auch manches gewonnen“, stellt Kieseier fest und lobt den „noch intensiveren Zusammenhalt in der Nachbarschaft“, auch wenn er sich am meisten wünsche, dass Corona endlich besiegt wäre. Weiter gesungen werde aber auf jeden Fall täglich bis zum 555. Mal – danach müsse man neu überlegen.

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