Missbrauchsprozess in Bonn Richter verurteilt Familienvater aus Windeck zu elf Jahren Haft

Bonn/Windeck. · Der Richter von unfassbaren Details erschüttert: Ein Familienvater aus Windeck verging sich jahrelang an drei Kindern seiner Ehefrau. Das Urteil lautet elf Jahre Haft.

 Verdeckt sein Gesicht: Der Angeklagte vor der Urteilsverkündung mit seinem Anwalt vor dem Bonner Landgericht.

Verdeckt sein Gesicht: Der Angeklagte vor der Urteilsverkündung mit seinem Anwalt vor dem Bonner Landgericht.

Foto: Leif Kubik

Vor der 2. Großen Strafkammer am Bonner Landgericht ist am Freitagmittag ein 34-jähriger Kraftfahrer aus Windeck wegen schweren sexuellen Missbrauchs in 30 sowie sexuellen Missbrauchs Schutzbefohlener in weiteren neun Fällen zu elf Jahren Haft verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Verurteilte, der selber auch sieben leibliche Kinder im Alter zwischen einem und 18 Jahren von vier Frauen hat, seine drei Stiefkinder über einen Zeitraum von acht Jahren missbraucht hat. In drei Fällen verletzte er seine Opfer darüber hinaus derart, dass das Gericht ihn zusätzlich auch wegen vorsätzlicher Körperverletzung verurteilte.

Das Verbrechen ist schwer zu fassen: „Die gesamte Familie ist durch den jahrelangen Missbrauch gezeichnet“, sagte der Vorsitzende Richter Wolfgang Schmitz-Justen: „Es gab eine Vielzahl von Taten, und teilweise waren die Übergriffe extrem brutal.“

In der Frage, ob Mädchen oder Junge sei der 34-Jährige genau so wenig wählerisch gewesen wie bei den Tatorten. Die drei Opfer, ein zu Tatbeginn maximal fünfjähriger Sohn seiner Ehefrau, sowie deren sieben- und neunjährige Töchter aus einer vorangegangenen Beziehung mussten die Taten an den unterschiedlichsten Orten über sich ergehen lassen: Ob in der Wohnung, auf dem Spielplatz, in einer Campinghütte, im Wald oder sogar im Führerhaus seines Lkw - fast überall fand der Verurteilte Gelegenheiten, seine Stiefkinder zu missbrauchen. „In der Wohnung gab es keinen Ort, an dem nicht irgendwelche Übergriffe stattgefunden hätten“, so Richter Schmitz-Justen.

Vergewaltigungen unbarmherzig als Bestrafungen eingesetzt

Offenbar setzte der Verurteilte Vergewaltigungen auch regelmäßig zur Bestrafung seiner beiden Stieftöchter ein: Ein Detail, das selbst der erfahrene Richter nach eigenem Bekunden noch nie zuvor in seiner Laufbahn geschildert bekommen hat. So fand der erste Übergriff auf das ältere Mädchen statt, nachdem das Kind unerlaubterweise ein Haargummi aus einer noch ungeöffneten 100er-Packung stibitzt hatte.

Neben den Stiefkindern lebten zum Schluss auch drei gemeinsame Kinder in dem Haushalt des Ehepaars. Der Stiefsohn war nach Verhaltensauffälligkeiten zwischenzeitlich zu seinem leiblichen Vater gezogen. Um eine der Missbrauchstaten an dem Jungen durchzusetzen, hatte der Verurteilte dem Vorschulkind sogar versprochen, es dürfe dann bei seiner Mutter bleiben.

Verweigerungshaltung mitursächlich für das hohe Strafmaß

Gestanden hatte der Verurteilte nur einige der angeklagten Taten, und diese Verweigerungshaltung, die er auch gegen den Rat seines Anwalts durchhielt, trug nicht unerheblich zu dem nun ausgesprochenen Strafmaß bei. Die Kinder selber hatten bei ihrer Vernehmung als Zeugen sogar von einigen hundert Taten gesprochen. Selbst den letzten Vorfall, bei dem er von seiner Frau in flagranti ertappt worden war, stritt er bis zuletzt ab: Man habe sich nur umziehen wollen.

Das Gericht hingegen hielt die Aussagen der Opfer über jeden Zweifel erhaben: Alle Schilderungen seien plausibel und immer in sich konsistent gewesen, so der Richter. „Das sind Details, die denkt man sich nicht aus.“ Erst nach der letzten Tat berichtete die ältere Tochter ihrer Mutter das gesamte Ausmaß des Missbrauchs. Und erst als die Geschwister des Mädchens gefragt wurden, ob die Angaben ihrer Schwester denn zutreffend seien, wagten die anderen Kinder auch von den an ihnen begangenen Übergriffen zu berichten.

Offenbar hatten alle Opfer Angst, ihre Familie zu zerstören, wenn sie die Wahrheit sagten: Wirklich beeindruckend sei das Bekenntnis eines der Mädchen gewesen, so Schmitz-Justen: Das Mädchen hatte geschildert, es habe die Übergriffe in den ersten Jahren für vollkommen normal gehalten und sich gar nicht vorstellen können, dass so etwas in anderen Familien nicht vorkäme.

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