Hilfe bei psychischen Erkrankungen am Arbeitsplatz Wenn die Seele leidet

60 Millionen Tage verbrachten Arbeitnehmer in Deutschland aufgrund einer psychischen Erkrankung allein 2012 zu Hause, besagen Zahlen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Ulrike Lubek, Direktorin des Landschaftsverbandes Rheinland, bestätigt, dass die Zahl der Behandlungen in diesem Sektor zugenommen hat. Dabei seien die Therapiemöglichkeiten aber professioneller geworden.

 Abwärtsspirale: Das Bild einer Frau in einem Treppenhaus versinnbildlicht das Gefühl von Ausweglosigkeit.

Abwärtsspirale: Das Bild einer Frau in einem Treppenhaus versinnbildlicht das Gefühl von Ausweglosigkeit.

Foto: dpa

Das Empfinden von Stress am Arbeitsplatz ist angesichts fortschreitender Arbeitsverdichtung häufig geworden. Das wirkt sich auf die Krankenstände aus. Auch psychische Erkrankungen sind dabei längst nicht mehr die Ausnahme. Nur: Wie erkennt man sie überhaupt? Tatsächlich sind die Symptome vielfältig und nicht eindeutig. Wer etwa auf einmal Arbeitsschritte immer genau nach dem selben Muster ausführt und keine Abweichungen davon mehr duldet, zeigt ein mögliches Symptom einer psychischen Erkrankung. Auch permanente Konflikte am Arbeitsplatz sind ein Anzeichen dafür, dass es irgendwo hakt.

Doch wie sollen Kollegen und Vorgesetzte damit umgehen? "Vor allem setzt der Umgang mit psychisch Erkrankten ein gutes Vertrauensverhältnis voraus", sagt Lubek. Allerdings könne diese Basis sehr schnell erschüttert werden, wenn Informationen darüber nicht diskret behandelt würden. "Wahrung von Anonymität und Persönlichkeitsrechten schafft Glaubwürdigkeit", verdeutlicht sie weiter. Auf keinen Fall aber dürfe das Umfeld eine Diagnose stellen. Das sei alleine die Aufgabe eines Arztes. Lediglich Verhaltensmuster dürfen angesprochen werden.

Liegt eine ärztliche Diagnose einmal vor, sind sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer häufig überfordert. Beide Seiten wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen. Der Landschaftsverband Rheinland bietet genau an dieser Schnittstelle seine Hilfe an. Er vermittelt Kontakte zu seinem Integrationsamt, den Integrationsfachdiensten (IFD) und anderen Einrichtungen.

Zwar richtet sich das Angebot in erster Linie an Menschen mit einer bestehenden seelischen Behinderung beziehungsweise an körperlich behinderte Menschen, aber sie dient auch als Anlaufstelle für Kollegen und Vorgesetzte. Zudem leisten die Mitarbeiter auch vor Ort Aufklärungsarbeit, indem sie über die Erkrankung informieren, und greifen in Krisensituationen vermittelnd ein. Allerdings nur, wenn alle Beteiligten das auch wünschen. Ziel ist es, ein Beschäftigungsverhältnis langfristig zu stabilisieren. Die Leistungen des IFD sind kostenfrei. Die Dienste finanzieren sich über die Schwerbehinderten-Ausgleichsabgaben der Arbeitgeber. Der Landschaftsverband übernimmt die Personalkosten.

Damit es erst gar nicht zu einer Erkrankung kommt, kann der Arbeitgeber diverse präventive Maßnahmen ergreifen. Etwa bei der Zuordnung von Arbeit und Menschen. "Personalentwicklung muss immer auch mit dem Blick auf den konkreten Arbeitsplatz ausgerichtet sein", meint Lubek. "Wir formen nicht Menschen auf den Arbeitsplatz, sondern der Arbeitgeber sollte schauen, welche Kompetenzen er für welche Position braucht." Wenn Mensch und Aufgabengebiet nicht zusammenpassen, komme es zu Über-, aber auch zu Unterforderung. Das münde letztendlich in Frust, der krank machen könne. Seitens der Arbeitgeber erfordert das eine hohe Aufmerksamkeit und Sensibilität. Weitere Komponenten sind Arbeitsklima und die Verteilung von sinnstiftenden Aufgaben.

Weitere Informationen zum Angebot des Landschaftsverbandes Rheinland stehen auf der Internetseite www.soziales.lvr.de.

Auf www.ga.de/luetz beantwortet Manfred Lütz, Buchautor, Psychiater und Theologe aus Bornheim, Fragen rund um psychische Erkrankungen am Arbeitsplatz.

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