Wohnen im Baudenkmal Wenn die Hausrenovierung zur Lebensaufgabe wird
Rhein-Sieg-Kreis · Ein Baudenkmal zu restaurieren, kostet Zeit, Geld und Nerven. Aber es lohnt sich, sagen Eigentümer aus dem Rhein-Sieg-Kreis. Denn das Leben in alten Gemäuern ist etwas Besonderes.
„Denkmalschutz ist unser Dank an die Vergangenheit, die Freude an der Gegenwart und unser Geschenk an die Zukunft“, sagte einst Gottfried Kiesow, Mitbegründer der in Bonn ansässigen Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Der General-Anzeiger stellt an dieser Stelle Menschen vor, die in denkmalgeschützten Gebäuden leben und sich deren Erhalt zur Lebensaufgabe gemacht haben.
Seit 30 Jahren bewohnen Dorothea Tesche und Werner Vogel ein Fachwerkhaus in Hennef-Weldergoven. „Es war in einem schaurigen Zustand, als wir es gekauft hatten“, erzählt die pensionierte Lehrerin und Künstlerin. Für das Paar war es damals eine Aufbruchzeit: „Wir hatten nicht gewusst, was auf uns zukam.“ Es waren acht Jahre permanenter Sanierung. Nun fühlen sich die beiden „absolut verwachsen“ mit ihrem rund 180 Jahre alten Fachwerkhaus.
Ein Architekt hatte den beiden seinerzeit vom Kauf abgeraten. „Machen Sie sich nicht unglücklich“, habe er gesagt, berichtet Tesche schmunzelnd. Für die Instandsetzung des Gebäudes erhielten sie Fördergelder.
Die Künstlerin räumt mit einem Vorurteil auf: Mit der Denkmalschutzbehörde habe es nie Probleme gegeben. „Die waren immer kooperativ“, betont sie. Ihr Resümee lautet: „Ich fühle mich hier so wohl wie nirgends. Hier möchte ich bleiben und sterben.“
Jürgen Thielmann bewohnt seit 1987 in Sankt Augustin-Meindorf „eine 4-flügelige Hofanlage mit einem zweigeschossigen, traufständig orientierten Wohnhaus in Stockwerksbauweise unter einem sogenannten Krüppelwalmdach“, wie es im Denkmalpflegeplan der Stadt heißt.
Bereits 1731 soll dort ein Schulmeister Namens Christian Müller unterrichtet haben. Thielmann, der leidenschaftlich Oldtimer restauriert und alte Möbel herrichtet, sagt, es liege ihm in den Genen, Altes zu erhalten.
Die Scheune und den Pferdestall bauten Thielmann und seine Frau zu Wohnraum aus, der heute vermietet ist. Anstelle des Misthaufens ziert nun ein kleiner Teich den malerischen Hof. „Ich musste jede Aktivität mit dem Denkmalschutz abstimmen. Das hat aber gut funktioniert.“ Auch wenn es ihn viel Kraft, finanziell wie körperlich, gekostet habe, würde er das Projekt mit dem Wissen von heute wieder angehen, beteuert Thielmann.
Napoleon hatte seinerzeit in der Region ein Kataster anlegen lassen, berichtet Annette V., Eigentümerin eines Fachwerk-Denkmals im oberhalb der Wahnbachtalsperre gelegenen Siegburg-Braschoß. „Die Auszüge belegen, dass der Hof bereits 1817 hier gestanden hat.“
Die in Braschoß aufgewachsene Dorfbewohnerin war 1992 zur Stelle, als das Gebäudeensemble zum Verkauf stand. Sie und ihre Schwester Dorothea K. hatten als Kinder geglaubt, hier wohne eine Hexe. Die Sanierung wurde zur Lebensaufgabe: „Das ist mein Baby.“
„Die Zusammenarbeit mit der Behörde war sehr konstruktiv. Wir haben immer positive Unterstützung bekommen, nicht nur bei der Dachziegelbeschaffung“, berichtet die Hausbesitzerin. Ihre Schwester, die mit ihrer Familie in Bad Godesberg lebt, hat sich vor Jahren ein Familienprojekt in den Kopf gesetzt: Den Umbau der Scheune zu einem Wochenenddomizil auf dem Land.
„Mein Mann hat gesagt: Lass die Finger davon. Das ist ein Fass ohne Boden!“ Und sie gesteht ein, dass er recht hatte. „Doch das hat etwas mit dem Herzen zu tun“, verteidigt sie ihre Leidenschaft. Die Schwestern haben in ihrem Baudenkmal Sehnsuchtsort und Heimstatt gefunden.
Im drittältesten Gebäude von Siegburg, dem letzten Teil des früheren Beu-Hofes, lebt Michael Nies mit seiner Familie. Das Fachwerkhaus an der Alten Poststraße wurde 1530 erbaut und in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts grundlegend saniert.
Vor zwölf Jahren habe er sich für den Kauf entschieden. „Preislich vergleichbar ist das mit modernen Villenbauten“, so Nies. In seinem Büro in der ehemaligen Poststation bietet er Sport- und Abenteuerreisen in Spanien und andernorts an und organisiert Events.
Zurzeit hat der Inhaber von vamos24 Existenzsorgen. Der Markt ist komplett eingebrochen. Sein Haus gehört noch zum Teil der Bank. Sein Herz hängt an dem alten Fachwerk. Froh ist Nies daher um den Energieverbrauch: „Der geht einigermaßen und ist nicht exorbitant hoch.“
Der Familienvater hält sich derzeit mit einem Zweitjob finanziell über Wasser und hofft auf bessere Zeiten für die Reisebranche. „Das Haus werden wir uns in jedem Fall erhalten“, sagt Nies fast trotzig. Dafür will er kämpfen. Im Brunnen vor seinem Haus sind Wolsdorfer Brocken verbaut. Ein Gestein, das auch in der Siegburger Stadtmauer zu finden ist.