Kostbares Nass im Rhein-Sieg-Kreis So geht der Kreis bei der Hitze mit Wasser um

Rhein-Sieg-Kreis · In der Gluthitze ist Wasser besonders kostbar. Umso ärgerlicher, wenn es nicht fließt wie in Swisttal und Teilen von Euskirchen: Ein überhitzter Trafo stoppte dort am Mittwochabend die Wasserversorgung.

250 Kilometer nordöstlich: Die Städte Löhne, Bad Oeynhausen sowie die Gemeinden Hüllhorst und Hille in Ostwestfalen leiden bereits unter Wasserknappheit. Auf ihrer Homepage ruft die Stadt Löhne dazu auf, die „Verschwendung der knappen Ressource Trinkwasser 'unbedingt' zu vermeiden“. Die Situation ist offenbar so ernst, dass sogar eine Ordnungsbehördliche Verordnung zur Nutzung von Trinkwasser in Kraft getreten ist. Wer dagegen verstößt, dem droht eine Geldbuße in Höhe von 1000 Euro. Soweit ist es im Rhein-Sieg-Kreis noch lange nicht. Trotzdem ist Wasser in diesen Tagen ein zentrales Thema im Rhein-Sieg-Kreis.

Störung in Swisttal: Im Wasserwerk Heimerzheim kam es am Mittwochabend zu einem Stromausfall, weil der Leistungsschalter eines Trafos überhitzt war. Wie die Euskirchener e-regio GmbH mitteilte, war gegen 21 Uhr in Teilen von Euskirchen und in Swisttal die Wasserversorgung gestört. Rund 15 000 Haushalte waren betroffen und hatten für etwa eine Stunde kein Wasser oder das Wasser lief nur mit sehr geringem Druck aus der Leitung. Das Notstromaggregat des Wasserwerks ließ sich aus bisher ungeklärter Ursache nicht zuschalten. Laut Egon Pützer, Geschäftsleiter Technische Dienste/ Netze bei e-regio, ist solch ein Ausfall extrem selten und im Gebiet des Wasserversorgungsverbands Euskirchen-Swisttal zuvor noch nicht vorgekommen. Durch die sofortige Kühlung des Trafos konnte die Stromversorgung schnell wiederhergestellt und das Wasserwerk wieder in Betrieb gesetzt werden. Als Sofortmaßnahme kühlt e-regio nun während der Hitzeperiode durchgängig den Trafo. Techniker arbeiten bereits an der Notstromversorgung. Zusätzlich wird umgehend ein Ersatz-Notstromaggregat bereitgestellt. Swisttal wird von den Wasserwerken Heimerzheim und Arloff versorgt.

Wahnbachtalsperre: Das Wasserreservoir der Region ist gut gefüllt. Melanie Gödtner vom Wahnbachtalsperrenverband (WTV) sagt, mit Engpässen sei auf absehbare Zeit nicht zu rechnen – auch wenn der Wasserverbrauch täglich steige. Selbst jetzt liegt der Füllstand mit rund 31 Millionen Kubikmetern Wasser bei 76 Prozent. Die Spitzenabgabe wurde übrigens am heißesten Junitag seit der Wettererfassung verzeichnet: Am 26. Juni flossen 184.000 Kubikmeter Wasser zu den 800.000 Haushalten, die der Wahnbachtalsperrenverband versorgt. Zurzeit liegt der Abfluss „nur“ bei 174.000 Kubikmetern, aber es ist ja auch Urlaubszeit. Zum Vergleich: Die mittlere Tagesabgabe lag im Jahr 2014 bei rund 119.000 Kubikmetern Wasser, im vergangenen Jahr mit dem extrem heißen Sommer bei 126.000 Kubik.

Gartencenter: Pflanzen zu wässern kostet Geld. Davon wissen besonders die großen Gartencenter in der Region zu berichten. Während Pflanzen Breuer in Sankt Augustin über einen eigenen Brunnen verfügt, heißt es beim Gartencenter Ahrens+Sieberz in Siegburg, dass der Wasserverbrauch im vergangenen Jahr „sicher doppelt so hoch war wie sonst“, so eine Sprecherin. „Normalerweise reichte es, wenn die Pflanzen etwa alle zwei Tage gewässert wurden. Zurzeit läuft das Wasser fast ständig“, hieß es. Aufgrund der Menge würden viele Pflanzen nachts bewässert. Ein Umdenken hat bei der Kundschaft offenbar noch nicht eingesetzt. „Balkonpflanzen wie Geranien, Zauberglöckchen und Petunien sind immer noch stark gefragt.“

Schrebergärten: Die Wasserknappheit bekommen auch die Kleingärtner zu spüren. Monika Keilinghaus, Vorsitzende des Kleingärtner-Vereins Niederkassel, berichtet zwar, dass ein Nachbar in ihrer Anlage mittlerweile Palmen züchte. Es gilt aber die Regel der sogenannten Drittelung: ein Drittel Gemüse, ein Drittel Zierpflanzen, ein Drittel Rasen. Die drei Regenwassertonnen der Hobbygärtnerin sind längst leer, und die Chance, sie alsbald gefüllt zu bekommen, steht laut Wetterprognosen derzeit schlecht. „Wir müssen auf Leitungswasser zurückgreifen“, erklärt Keilinghaus. Die Stadtwerke Niederkassel versorgen den Kleingarten mit Wasser zu etwas günstigeren Konditionen, denn Abwassergebühren fallen bei Kleingärten weg: Es gibt kein Kanalisationssystem. „Deshalb muss ich zurzeit streng kontrollieren, dass keine Pools aufgestellt und befüllt werden“, sagt Keilinghaus. Planschbecken für die Kleinen seien natürlich kein Thema, aber große Pools sind verboten – auch aus ökologischen Gründen, denn das Brauchwasser kann eben nicht über einen Kanal entsorgt werden. Keilinghaus hat das, was man landläufig einen „Grünen Daumen“ nennt. Wo Hortensien längst in der Sonne verdorrt sind, stehen sie bei ihr in voller Pracht. Wie macht sie das? Sie zuckt die Achseln. „Wässern wäre gut“, sagt sie und lacht.

Tipps zum Gießen: Pflanzen und Rasen unbedingt abends nach Sonnenuntergang wässern, und zwar gründlich und nur den Wurzelbereich, rät Keilinghaus. Das Wasser also nicht über die Pflanze, sondern direkt in den Boden gießen. „Wenn Sie morgens gießen, verdampft das Wasser zu schnell, bevor es richtig ins Erdreich gelangen kann“, sagt sie. Nachts habe das Wasser genügend Zeit, in tiefere Schichten zu gelangen.

Wasseruhren: Geld sparen können Hausbesitzer bei der Abwassergebühr, wenn sie sich eine zweite Wasseruhr für den Garten anschaffen. Für Wassermengen, die nachweisbar nicht in die öffentliche Abwasseranlage fließen, besteht die Möglichkeit, eine Reduzierung der Abwassergebühr zu beantragen. Allerdings muss es sich nachweislich um einen „in eine feste Leitung eingebauten und geeichten Zähler der städtischen Abwasserbeseitigungsanlage“ handeln. Die Nachfrage nach der zweiten Uhr hat sich in Sankt Augustin seit 2016 mehr als verdoppelt. Den Antrag gibt es auf ihrer Internetseite zum Herunterladen. Das gibt es beispielsweise auch bei den Stadtbetrieben Siegburg und dem Abwasserbetrieb Troisdorf, die solch einen Zwischenzähler für die Gartenbewässerung empfehlen ab einer Wassermenge von circa 7,5 Kubikmetern pro Jahr, was 7500 Litern beziehungsweise 750 Gießkannen entspricht (und bei Installationskosten des geeichten Zählers von maximal 150 Euro). Bei den langen trockenen Perioden sei das durchaus zu überlegen, sagt Andreas Braun, Referent für Sanitärtechnik beim Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) in Sankt Augustin.

Grauwassernutzung: Der Zentralverband berichtet, dass sogenannte Grauwassernutzungen gefragt seien. Grauwasser fällt in jedem Haushalt in Form von gering verschmutztem Wasser aus Dusche, Badewanne, Handwaschbecken und Waschmaschine an. Dieses Wasser wird in einem Tank aufgefangen, über eine Kleinstkläranlage aufbereitet und als sauberes Wasser in einem zweiten Tank zur weiteren Nutzung bereitgehalten. „Das Wasser hat Badegewässerqualität, ist also unbedenklich, aber entspricht nicht der Qualität nach der Trinkwasserverordnung“, sagt Braun. Das Wasser sei hygienisch unbedenklich und könne für die Toilettenspülung, die Gartenbewässerung, Wäsche waschen und gewerbliche Zwecke genutzt werden, so der Experte: „Das Wasser wird also zweimal genutzt, bevor es in die Kanalisation fließt.“ Eine gute Alternative, um Wasser zu sparen. Allerdings braucht man dafür ein unabhängiges Leitungsnetz der Anlage und weitere technische Komponenten für die Trinkwassernachspeisung, die Pumpe zur Belieferung der Verbrauchsstätten sowie die Steuer- und Regeltechnik.

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