Geflüchtete will Deutsch lernen Googush Marvi sucht eine Lesepatin
Bad Breisig · Googush Marvi ist aus Afghanistan nach Deutschland geflohen. An der Volkshochschule in Bad Breisig lernt sie die deutsche Sprache. Damit sie den gewünschten Abschluss schafft, braucht sie eine Lesepatin.
Freundliches Lächeln, wache Augen, lebhaft im Gespräch. Man kann sich gut vorstellen, das Googush Marvi eine aufmerksame Schülerin ist. Mehr als das: „Sie ist wahnsinnig fleißig“, attestiert ihr Annette Holzapfel, die seit Jahren an der Kreisvolkshochschule (KVHS) Ahrweiler Integrationskurse gibt.
Die Persisch sprechende Frau aus Afghanistan und zwölf andere Teilnehmer etwa aus Eritrea, Somalia, Syrien und Portugal, besuchen vormittags in Bad Breisig den vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) geförderten Integrationskurs mit Alphabetisierung der KVHS. Am Ende steht der „Deutschtest für Zuwanderer“ (DtZ) mit den Abschlüssen A2 oder B1 je nach Leistung. Marvi ist fest entschlossen, das höhere Kompetenzniveau B1 zu erreichen. Dafür braucht sie eine Lesepatin.
Nur wer die Sprache beherrscht, kann die Chancen im Land nutzen. So bildet der Sprachunterricht, der auch mit dem Leben in Deutschland bekannt macht, ein taugliches Instrument zur Teilhabe an Gesellschaft, Kultur, Ausbildung und Arbeitsmarkt. Nachdem er wegen Corona-Lockdowns mehrfach verschoben werden musste, begann Marvis Kurs im Juni 2021. Enden wird er im Oktober. Als Integrationskurs mit Alphabetisierung umfasst er 1300 Unterrichtseinheiten und damit die meisten Unterrichtsstunden.
Flucht über Türkei und Bulgarien
Die 32-Jährige stammt aus Herat im Westen Afghanistans. Mit ihrem Ehemann und dem damals dreijährigen Sohn floh sie vor den Taliban und dem Krieg in Afghanistan. Sieben Monate dauerte die Flucht über die Türkei und Bulgarien, bis sie im Dezember 2014 Deutschland erreichten. 45 Tage davon bewältigten sie zu Fuß, das Kind auf Vaters Schultern, die Mutter bepackt mit dem Essensrucksack. Nachts gingen sie, am Tage schliefen sie. „Ich hatte Angst“, erinnert sich der Junge. Inzwischen hat er noch zwei Schwestern bekommen.
In Afghanistan arbeitete Marvi als Friseurin für Frauen und als Damenschneiderin in der eigenen Wohnung. Eine Kurzausbildung genügte. Berufstätig ohne Schulabschluss? Annette Holzapfel weiß von ihren Schülern, insbesondere den Frauen, „dass viele die Schule nur kurz, selten oder gar nicht besucht haben“. Früher in Herat ging die Zugewanderte aus sich heraus zum Unterricht. Angehörige der Taliban drohten und schlugen ihr auf den Kopf, als sie entgegen deren Weisung wieder die Schule besuchte.
Wenn sie heute beim Lernen Kopfweh kriegt, denkt sie an diese Übergriffe. Allerdings klagen Kursteilnehmer oft über Kopfschmerzen, bedingt durch die große Herausforderung, die das Lernen für sie als Schreib- und Leseungeübte mit sich bringt, wie Dozentin Holzapfel beobachtet. Trotzdem strenge sich Schülerin Marvi an „bis aufs Letzte, weil sie ein Ziel hat“. Fragt die Dozentin in den Kursen die 20- bis 60-Jährigen „was machen Sie danach?“, hört sie oft, „ich bin krank, bin zu alt, ich kann nicht mehr arbeiten, kann keinen Beruf mehr erlernen“.
Einige aber freuen sich auf die Arbeit und wollen selbst Geld verdienen. Zu ihnen zählt Googush Marvi. Tatkräftig hat sie sich zudem ehrenamtlich im SpAHRmarkt in der alten Druckerei für Flutbetroffene engagiert. „Ich liebe es zu helfen“, sagt sie und strahlt. Wenn auch sie Hilfe durch eine ehrenamtliche Lesebetreuung mehrmals in der Woche erhielte, stiege ihre Chance den Abschluss zu schaffen.
An einer Lesepatenschaft Interessierte können sich per E-Mail an akramisharif85@gmail.com melden.