Metropolregion Rheinland Spruchreife Projekte: Noch Fehlanzeige

Köln/Rhein-Sieg-Kreis · Knapp ein Jahr nach der Gründung des Vereins Metropolregion Rheinland ist kaum etwas passiert – außer dass die Geschäftsstelle jetzt eingerichtet ist. Die Kölner Industrie- und Handelskammer bittet um Verständnis. Rhein-Sieg-Landrat macht Druck.

 Im Zentrum der Metropolregion: Der Geschäftsführer des Vereins, Ernst Grigat, in seinem Büro hoch über den früheren Messehallen.

Im Zentrum der Metropolregion: Der Geschäftsführer des Vereins, Ernst Grigat, in seinem Büro hoch über den früheren Messehallen.

Foto: Benjamin Horn

Wenn Ernst Grigat Besuchern erklärt, was er aus seinem kleinen Reich in der 18. Etage des Kölner Triangle-Hochhauses sehen kann, dann kommt er ins Schwärmen. „Hier unten haben wir zum Beispiel unsere Modelleisenbahn“, sagt er und deutet auf den ICE, der entlang der alten Kölner Messehallen auf die Hohenzollernbrücke zufährt. Für den Güterverkehr viel wichtiger sei aber die Rheinbrücke im Süden von Köln. Dann schweift sein Blick nach Norden: „Da liegen Beispiele für das industrielle Herz des Rheinlandes.“ Er nennt die Fordwerke und auch die Chemieparks in Leverkusen, Dormagen und Krefeld-Uerdingen.

Bis vor knapp einem Jahr war Grigat Leiter von Currenta, der Standortmanagementgesellschaft für die drei Chemieparks und dort verantwortlich für 45 000 Mitarbeiter. Seit dem 1. November ist er nun für 8,5 Millionen Menschen zuständig – als Geschäftsführer des Vereins Metropolregion Rheinland. Doch viel gehört hat man von dem 56-Jährigen in seiner neuen Funktion noch nicht. Über spruchreife Projekte könne er auch noch nichts sagen (siehe auch das Interview auf dieser Seite).

Dabei war die Vereinsgründung am 20. Februar mit so vielen Hoffnungen verbunden gewesen. „Mit der Metropolregion werden wir unsere Schlagkraft im nationalen, europäischen und globalen Wettbewerb deutlich erhöhen“, sagte der Präsident der Düsseldorfer Industrie- und Handelskammer, Andreas Schmitz, bei der Gründung. Vertreter von 35 Kommunen, Kreisen und Kammern vom Niederrhein bis zur Eifel sowie zwischen Aachen und Bergischem Land setzten an dem Tag ihre Unterschrift unter den Vertrag.

Vorausgegangen waren jahrelange Verhandlungen darüber, wie sich das Rheinland besser gegenüber anderen großen Regionen deutschland-, europa- und weltweit behaupten kann. Und seitdem? Still ruht der See, könnte man sagen. Im August machte Rhein-Sieg-Landrat Sebastian Schuster seinem Ärger in einem GA-Interview Luft: „Fünf Monate nach der Gründung gab es noch nicht einmal eine Mail- oder eine Postadresse. Nach fünf Monaten! Das bekommt jeder ehrenamtlich geführte Verein schneller hin.“

Zwei Interims-Geschäftsführer übernahmen im Sommer die ersten Aufgaben: Ron Brinitzer, Geschäftsführer der IHK Mittlerer Niederrhein, und Christian Zaum, Ordnungs- und Rechtsdezernent der Stadt Düsseldorf. Doch voran ging es auch danach nicht recht. „Die beiden waren nur geschäftsführend im Amt und haben diese Arbeit im Nebenamt gemacht. Die hatten dafür kein Büro, keinen Schreibtisch und keinen PC“, sagt Ulrich Soénius, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Köln. Er wirbt um Verständnis. Es habe Anlaufschwierigkeiten gegeben. Das sei bei vielen unterschiedlichen Partnern kein Wunder. „Aber der Wille zum Aufbau und zur Zusammenarbeit ist da.“

Auch in Wissenschaftskreisen sind manche verwundert darüber, dass der mit so viel Verve gestartete Verein bisher kaum vom Fleck gekommen ist. Dass man wenig über Aktivitäten höre, sei gerade in der meistens von Euphorie getragenen Anfangsphase eher ungewöhnlich, meint einer, der sich mit Metropolregionen in Deutschland sehr gut auskennt. Wer sich die Homepage des Vereins ansieht, bemerkt drei Pressemitteilungen – die jüngste aus dem Oktober 2017.

Die Kölner Bezirksregierung will sich zu den Verzögerungen nicht äußern. Immerhin war Regierungspräsidentin Gisela Walsken bei der Gründung eine der Motoren. In einer schriftlichen Stellungnahme verlautete: „Die Region will und wird sich weiterentwickeln, um als starke Gemeinschaft wahrgenommen zu werden. Hieran wurde im vergangenen Jahr intensiv gearbeitet.“ Es seien Strukturen und Gremien geschaffen worden. Als Beispiele für erste Projekte werden die gemeinsame Stellungnahme zum Bundesverkehrswegeplan 2030 und eine Kooperation auf der Fachmesse Expo Real in München genannt. Beides war allerdings schon in die Wege geleitet, als es die Metropolregion noch gar nicht gab.

Rhein-Sieg-Landrat Schuster, der im Vorstand des Vereins sitzt und damit als einer von sechs Vorgesetzten von Geschäftsführer Grigat fungiert, macht weiter Druck: „Es wird höchste Eisenbahn, dass es losgeht.“ Er zeigt sich aber auch ein wenig versöhnt: „Ich bin guter Dinge, dass das Projekt jetzt auf einem guten Weg ist.“ Schließlich gebe es inzwischen eine „funktionierende Geschäftsstelle“.

Na ja, Telefone mit Festnetzanschluss sucht man in der 18. Etage noch vergebens. Derzeit arbeiten dort mit Grigat drei, die vierte Kollegin werde in den nächsten Tagen eingestellt. Dann fehlen noch zwei für die Startaufstellung. Er fühle sich wie in einem „Start-up“, sagt Grigat. Ihm und seinem Team jedenfalls könne man die Verzögerungen nicht anlasten, sie seien ja erst seit November da.

An diesem Donnerstag um 18.30 Uhr ist die Metropolregion Thema beim „Rheinischen Dialog“ von IHK Köln und Kölner Presseclub. Dort diskutiert Geschäftsführer Ernst Grigat mit dem Geographen und Raumplaner Heinz-Heinrich Blotevogel, der früheren Düsseldorfer Regierungspräsidentin Anne Lütkes und Reimar Molitor, Vorstandsmitglied des Vereins Regio Köln/Bonn. Ort: IHK Köln, Unter Sachsenhausen. Die Teilnahme ist kostenlos, es wird um Anmeldung auf www.ihk-koeln.de gebeten.

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