Gleichstellung Stadt Bornheim will mehr Männer in Kitas

BORNHEIM · Drei Erzieher berichten von ihrer Arbeit in einer frauendominierten Berufswelt, in der es auch um Vielfalt bei den Vorbildfunktionen geht.

182 Frauen arbeiten in den Kindertagesstätten der Stadt Bornheim – und gerade einmal sieben Männer. Den Anteil der männlichen Beschäftigten von 3,7 Prozent zumindest auf den bundesweiten Schnitt von 4,7 Prozent zu steigern, erklärte Gleichstellungsbeauftragte Heike Blank jüngst als Ziel der Verwaltung. Am besten sogar einen Mann in jeder Kita-Gruppe würde sich Lothar Nehren, Leiter des Familienzentrums „Haus Regenbogen“ an der Knippstraße, wünschen. Der 58-Jährige ist froh, dass er mit Christian Fourate (40) und Dennis Behrendt (34) gleich zwei männliche Erzieher zu seinem 26-köpfigen Team zählen darf.

Als er vor 20 Jahren die Leitung des „Haus Regenbogen“ übernommen habe, sei er der erste Mann überhaupt in den Bornheimer Kindergärten gewesen. „Da wurde ich schon beäugt“, sagt der Sozialpädagoge. Man habe Männern das nicht so zugetraut, meint er: „Ich war schon ein Außenseiter.“ Doch inzwischen werde es „normaler“, dass auch Männer in Kitas arbeiteten – ebenso wie er häufiger beobachte, dass es selbstverständlicher werde, wenn Väter ihre Kinder in die Kita bringen und Elternzeit nehmen: „Wir befinden uns in einer Übergangszeit“, so Nehren.

Andere Sichtweisen oder Zugänge

Dennis Behrendt arbeitet seit knapp einem Jahr im „Haus Regenbogen“. Mütter und Väter hätten ihn schon öfter angesprochen, dass sie es gut fänden, einen männlichen Erzieher in der Gruppe zu haben: „Die Eltern nehmen das sehr positiv auf“, ist sein Eindruck. „Es geht ja auch um Vielfalt bei den Vorbildfunktionen“, meint sein Kollege Christian Fourate, der seit zweieinhalb Jahren in der Kita tätig ist.

„Männer haben auch andere Sichtweisen oder Zugänge“, von denen sowohl Jungen als auch Mädchen profitieren könnten, ergänzt Nehren. „Singen ist zum Beispiel nicht so meins, oder der Basteltisch“, stimmt Fourate zu. Dafür nutze er mit den Kindern gerne den Bauwagen, das kitaeigene Waldstück und das Forscherhaus, in dem sie etwa mit Magneten oder rund ums Thema „Messen“ experimentieren. Auch lernten die Kinder andere Rollenbilder kennen, wenn die Männer mit ihnen in den Gruppen etwa Frühstück machten oder Geschirr spülten: „Das erleben manche Kinder zu Hause nicht“, so Nehren.

Allerdings gebe es schon auch Situationen, in denen vom männlichen Personal eine „gewisse Zurückhaltung“ gefragt sei, sagt der Kitaleiter und nennt als Beispiel den Umgang mit muslimischen Mütter. Auch eine alleinerziehende Mutter, die sich gerade von ihrem Mann getrennt habe, wende sich vielleicht lieber an eine Erzieherin. Und auch wenn Fourate und Behrendt schildern, dass sie aus ihrem Umfeld keine negativen Reaktionen auf ihren Beruf kennen, verschweigt Nehren nicht: „Bashing gibt es schon.“ Davon hätten besonders Praktikanten berichtet. So gebe es für Schüler doch eine Hemmschwelle, den Erzieher-Beruf ins Auge zu fassen. „Dabei ist die öffentliche Meinung von dem Beruf vielfach schlechter als die Realität. Man hat viel mehr Möglichkeiten als man glaubt.“

Auch Bashing gibt es

Das findet auch Fourate und zählt auf, dass er als Heilerziehungspfleger auch in einer Sonderschule oder einem Wohnheim arbeiten könnte. Er habe sich nach seinem Zivildienst bei den Bonner Werkstätten ganz bewusst für einen Beruf „mit Menschen, nicht mit Maschinen“ entschieden, sagt der 40-Jährige, der zuvor eine Ausbildung zum Offsetdrucker absolvierte. Behrendt wechselte aus einer Männerdomäne – der Bundeswehr – wo er mit jungen Erwachsenen arbeitete, in die Kitawelt. An der Bundeswehr-Fachschule machte er seine Ausbildung zum Erzieher. „Ohne die Unterstützung der Bundeswehr wäre mir das finanziell aber nicht möglich gewesen“, sagt er: „Ich denke, gerade die finanzielle Situation in der Ausbildung ist für viele Männer eine Hemmschwelle.“

Hier will auch die Stadt ansetzen, indem sie seit 2015 jährlich vier Teilzeitstellen für eine dreijährige, praxisintegrierte Ausbildung anbietet, bei der ab dem ersten Ausbildungstag zumindest eine Praktikumsvergütung gezahlt wird. Zudem schlägt die Gleichstellungsbeauftragte eine frühe Ansprache junger Männer etwa durch Schülerpraktika vor. Nehren, Fourate und Behrend jedenfalls würden für ihren Beruf werben: „Man bekommt so viele Anstöße und Begegnungen mit Menschen und erlebt so viel Positives mit den Kindern. Das gibt Kraft und Freude“, sagt Nehren. Fourate gefällt „die Vielfalt, die man erlebt“ und Behrendt stimmt zu: „Man wächst mit den Kindern mit. Dieser Beruf wird nie langweilig.“

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