Stürmischer Abschied vom Rheinbacher Förster
Rheinbach · Zum letzten Mal vor seinem Eintritt in den Ruhestand führte Stadtförster Hans Lenzen (64) am Samstag die jährliche Waldbegehung mit Mitgliedern der Stadtverwaltungsspitze und ihren Familien an.
Und die führte die Wanderer diesmal durch den Hilberather Wald rund um das eindrucksvolle Naturdenkmal der alten Hexenbuche. Aufgrund der Witterung hielten sich die 20 Teilnehmer diesmal strikt an die Wanderwege. "Angesichts der Unwetterwarnung gehen wir natürlich kein Risiko ein", erklärte Bürgermeister Stefan Raetz. Auch so hatte Lenzen viel zu erzählen und von den Wirtschafts- und Naturschutzmaßnahmen im vergangenen Jahr zu berichten.
825 Hektar Wald befinden sich in städtischem Eigentum, davon entfallen 60 Hektar auf den Hilberather Wald. Und die pflegt Lenzen mit System: "Wir setzen auf natürliche Verjüngung der Altbestände, das heißt, wir fällen nur reife Bäume oder Unterstand, um mehr Licht hereinzulassen. Mit dem Licht können die jungen Bäume gedeihen. So brauchen wir immer weniger Forstpflanzen anzukaufen. Das Ziel ist ein möglichst gemischter, ökologisch wertvoller Wald." Über 20 Baumarten gedeihen auf Stadtgebiet, darunter Eiche, Buche, Kiefer, Douglasie, Fichte, Esche und Kirsche. Der älteste Fichtenbestand ist über 130 Jahre alt.
Aber die Fichte werde in dieser Region aussterben: "Wir befinden uns im Regenschattengebiet der Eifel - für die Fichte ist es hier auf Dauer zu trocken", erklärte Lenzen. Generell machen allen Bäumen neben Schadstoffen auch Wetterextreme und Klimawandel zu schaffen. "Heute reden wir zwar nicht mehr von Waldsterben, aber von Siechtum: Kaum ein Baum hat noch eine dichte runde Krone. Mit der naturnahen Waldbewirtschaftung und der Mischung der Baumarten versuchen wir, den Wald stark zu machen für die Klimaveränderungen."
Im Schnitt verkauft die Stadt Rheinbach insgesamt rund 5.000 Festmeter Holz pro Jahr - sowohl an Brennholzinteressenten als auch an die Papier- und Spanplattenindustrie. Rund 6.000 Festmeter wachsen nach. Im Jahr 2010 verkauften sich 4.000 Festmeter, die einen Erlös von rund 186.500 Euro erzielten. Zusammen mit den Mieteinnahmen der Dienstwohnung im Forsthaus und den Pachteinnahmen der Jagdreviere beliefen sich die Einnahmen auf 207.360 Euro.
"Im laufenden Jahr verzeichnen wir sogar schon über 300.000 Euro Erlös aus dem Holzverkauf - der Unterschied liegt aber im Rahmen der üblichen Schwankungen", bilanzierte Lenzen. "Der Stadtwald ist Wirtschaftsfaktor, Naherholungsgebiet und ökologisches System in einem", sagte Stefan Raetz. "Das Gedeihen mancher Tierarten ist ein guter Indikator für den Erfolg naturnaher Waldbewirtschaftung." Seit 1978 ist Lenzen Stadtförster in Rheinbach. Unter 70 Bewerbern läuft derzeit das Auswahlverfahren für seinen Nachfolger. Wenn Hans Lenzen zum Jahresende seinen Försterhut an den Nagel hängt, kehrt er dem Wald mitnichten den Rücken: "Zur Freude meiner Frau werde ich nun auch sonntags im Wald spazieren gehen."