Informationstag Hochwasser Tipps gegen Hochwasser

Wachtberg-Berkum · Wachtberger Klimatag bietet viel Service zum Schutz vor Starkregen.

 Thomas Kalix zeigt verschiedene Arten von Rückschlagklappen, die das Eindringen von Wasser bei Rückstau im Kanal verhindern können.

Thomas Kalix zeigt verschiedene Arten von Rückschlagklappen, die das Eindringen von Wasser bei Rückstau im Kanal verhindern können.

Foto: Petra Reuter

Interessiert schlenderten die Besucher zu den Ständen des Klimatags der Gemeinde Wachtberg. Auf der Wiese neben Schneiders Marktscheune am Einkaufszentrum wurden Vorsorgelösungen und Informationen rund um Hochwasser- und Klimaschutz präsentiert. Vertreten waren die Gemeinde, die Wachtberger Feuerwehr, das Hochwasserkompetenzzentrum aus Köln, die Enewa, Vertreter der Landwirtschaft und die Gemeindewerke.

 Thomas Kahlix zeigt eine Lösung für die Sicherung von Leitungen, die man durch eine dichte Kapsel führen kann.

Thomas Kahlix zeigt eine Lösung für die Sicherung von Leitungen, die man durch eine dichte Kapsel führen kann.

Foto: Petra Reuter

Vor dem Bus des Hochwasserkompetenzzentrums stapelten sich verschiedene Rückschlagvorrichtungen für Abwasserrohre, am Boden waren schnell aufbaubare Hochwasserwälle aufgeklappt. „Es gibt für die meisten Probleme eine Lösung“, informierte Thomas Kahlix vom Hochwasserkompetenzzentrum. Gerade Wasserschäden durch Rückstau aus dem Kanal seien ein vermeidbares Problem. Durch ein ausgeklügeltes Klappensystem in den Schutzelementen schlägt eine der Klappen zurück, sobald das Wasser nicht in die übliche Richtung aus dem Haus hinaus-, sondern hineinläuft. Für Leitungsdurchlässe in Mauern empfahl er eine kapselähnliche Lösung, die im Mauerwerk fixiert wird und in der die Leitungen fest verpresst sind.

 Am Modell erkennt man, dass links ohne Rückschlagklappe Wasser ins Gebäude dringt. Rechts bleibt es dank Vorsorge trocken.

Am Modell erkennt man, dass links ohne Rückschlagklappe Wasser ins Gebäude dringt. Rechts bleibt es dank Vorsorge trocken.

Foto: Petra Reuter

„Weiße Wanne“ hilft beim Abdichten der Hauswände

Informationstag Hochwasser: Tipps gegen Hochwasser
Foto: Petra Reuter

Bei Neubauten sei eine vorausschauende Planung ohne Öffnungen in den Hauswänden, die unterhalb der Straßenebene liegen, die klügste Lösung, sagte Kahlix. Will man die Waschmaschine dennoch in den Keller stellen, hilft eine Abwasserpumpe. „Diese Pumpe pumpt das Abwasser aus der Waschmaschine auf die Erdgeschossebene, wo es im oberen Kanalsystem abfließen kann“, so der Fachmann. Zusätzlich gibt es für die Abdichtung der Hauswände gegen aus dem Erdreich aufsteigendes Wasser die sogenannte Weiße Wanne. „Das ist eine Kunststofffolie, die man komplett um das Haus herum verlegt und fest verschweißt“, so Kahlix. Diese Lösung hält nach fachlicher Einschätzung deutlich länger als die früher übliche Bitumenbeschichtung. Baut man sein Haus in einem hochwassergefährdeten Gebiet, empfehlen Architekten heutzutage, auf den Keller zu verzichten und stattdessen den Baukörper größer zu gestalten.

Tritt gleich nebenan ein Bach oder Fluss über die Ufer, bieten aufklappbare Hochwasserwälle einen guten Schutz. Zwar haben sich die teilweise in Sekundenschnelle aufgebauten Konstruktionen bereits bewährt, dennoch gibt es eine Tücke: Man kann die Vorrichtungen nicht mehr aufbauen, wenn das Wasser schon da ist.

Gefahr von tödlichem Stromschlag

Ist das Malheur ist nicht mehr zu aufzuhalten, warnte Kahlix eindringlich davor, noch einmal in den Keller zu gehen. „Wenn vor der Tür das Wasser nur 30 Zentimeter hoch steht, bekommen Sie die Tür nicht mehr aufgedrückt“, beschrieb er die Macht des Wasserdrucks. Steigt das Wasser dann bis zu den Steckdosen, erleidet man je nach technischer Ausrüstung des Hauses einen tödlichen Stromschlag, weil das gesamte Wasser unter Strom gesetzt wird – Ausweichen unmöglich. „Passiert das nicht und das Wasser steigt weiter, gibt es nur noch eine winzig kleine Überlebenschance“, erklärte der Fachmann weiter. Wartet man, bis das Wasser oberhalb der Türkante steht, ist der Druck innerhalb und außerhalb des Raums ausgeglichen. Taucht man dann zur Klinke und hat das Glück, dass die Tür durch den Druck noch nicht verklemmt und damit noch zu öffnen ist, könne man vielleicht noch hinaustauchen. „Die Wahrscheinlichkeit, dass das klappt, ist allerdings sehr gering“, resümierte Kahlix.

Die Vorständin der Gemeindewerke Katharina Hark betonte ebenfalls die private Eigenvorsorge, sagte aber auch: „Einen hundertprozentigen Schutz vor Hochwasser gibt es nicht.“ Anhand eines Modells visualisierten Hark und ihr Mitarbeiter Sebastian Wortha die Vorgänge im Kanalnetz im Falle eines Rückstaus. Wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass die Fluten irgendwann einmal im eigenen Keller oder gar ins Wohnzimmer einzudringen versuchen, konnte man anhand der ausgehängten neuesten Gefahrenkarten mitsamt den jüngst von der Bezirksregierung festgesetzten Überschwemmungsgebieten abschätzen. Diese Daten sind zusätzlich in der Starkregenkarte für Wachtberg enthalten. Aktuell fokussierten die Gemeinde und die Gemeindewerke gemeinsam die in den Karten auffällig gefährdete Brücke Im Bruch, sagte Hark. „Der Teil liegt im festgesetzten Überschwemmungsgebiet, dafür müssen Maßnahmen von der Gemeinde ergriffen werden.“ so Hark.

Rückbaumöglichkeiten für Schottergärten

Weil Hochwasserhäufigkeit und Klimaschutz zugleich gesehen werden müssen, zeigte Jonas Lundin von der Gemeinde Beispiele für naturnahe Vorgärten und informierte über Rückbaumöglichkeiten sogenannter Schottergärten. Einen Beitrag zur eigenen klimafreundlichen Stromproduktion stellten Volker Strehl und sein Team von der Enewa mit einem Balkonkraftwerk vor. Der Kreisbauernvorsitzende des Bonn/Rhein-Sieg-Kreises legte Wert darauf, dass die Landwirtschaft nicht nur unter dem Klimawandel leide, sondern auch bei der Vorsorge helfen könne. „Wir können – allerdings begrenzt – durch unsere Bewirtschaftung Einfluss darauf nehmen, wie viel Wasser die Böden aufnehmen können“, so Brünker. Außerdem könne man im Rahmen der Bewirtschaftung auch die Wasserabläufe im begrenzten Maß lenken.

Michael Turley, vielfach für Umwelt in Wachtberg engagiert, fand es schade, dass ausschließlich gemeindliche Informationen zu finden waren. Viele private Initiativen wie Bund, Nabu, Nachhaltigkeitsinitiative, Parents vor Future und ADFC hätten sicherlich ebenfalls wertvolle Informationen beitragen können.

Der Klimatag sei aus einer Idee im Rathaus entstanden, für die Bürger Informationen zum Hochwasser zu liefern, rechtfertigte Bürgermeister Jörg Schmidt den Aufbau. Zudem habe sich keine der Initiativen gemeldet, um mitzumachen. Weiterhin hätte die zur Verfügung stehende, zentral gelegene Fläche den Raum für die Aussteller ohnehin begrenzt. Dennoch „haben wir das hier ganz sicher nicht zum letzten Mal gemacht“, sagte Schmidt. Beim nächsten Mal sei eine Erweiterung denkbar. Wichtig sei nach wie vor, die Bürger für das Thema zu sensibilisieren und Eigenvorsorge zu fördern. „Dazu brauchen die Menschen umfassende Informationsmöglichkeiten“, so Schmidt.

Über ebendiese freuten sich Sonya und Hilmar Friedrich und ihre Nachbarin Lydia Boing aus Wachtberg. Die Fluten des Mehlemer Bachs hatten beim Unwetter 2016 große Schäden an ihren Häusern angerichtet. „Bei uns stand das Wasser im Keller 1,60 Meter hoch. Und das Wasser ist nicht alleine gekommen“, erinnerte sich Boing. Jede Menge Unrat und Schlamm hatte es mitgebracht, das Garagentor aus den Angeln gehoben und die zum Keller führenden Türen aus den Laibungen gerissen.“ Bei aller Vorsorge bliebe für sie das Problem der Zeit: „Wir hatten höchstens zehn Minuten.“ Gerade mal genug, um die Autos aus der Garage zu fahren.“

Die Freiwillige Feuerwehr Wachtberg informierte über Maßnahmen, die man auch im Vorfeld treffen kann: „Man sollte überprüfen, ob Pumpen und Hebeanlagen funktionieren, ob alle Abflüsse frei sind und ob – je nach Lage – Sandsäcke bereitliegen“, zählte Michael Ruck, Pressesprecher der ehrenamtlichen Helfer, auf. Zur Gefahr für sich und andere könnten auch lose Gegenstände im überflutungsgefährdeten Garten werden.

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