Unesco zeichnet Studiengang der Alanus Hochschule aus

Gerade wurde der Fachbereich Wirtschaft der Alfterer Alanus Hochschule in Frankfurt von der Unesco ausgezeichnet. Über die Hintergründe sprachen Rektor Marcelo da Veiga, Fachbereichsleiter Lars Petersen und der wissenschaftliche Mitarbeiter Florian Boukal mit Inga Thulfaut.

 Sie wollen sich nicht auf der Auszeichnung ausruhen: (von links) Marcelo da Veiga, Florian Boukal und Lars Petersen am neuen Campus II.

Sie wollen sich nicht auf der Auszeichnung ausruhen: (von links) Marcelo da Veiga, Florian Boukal und Lars Petersen am neuen Campus II.

Foto: Wolfgang Henry

Alfter. Gerade wurde der Fachbereich Wirtschaft der Alfterer Alanus Hochschule in Frankfurt von der Unesco ausgezeichnet. Und zwar wegen seiner "Bildung für nachhaltige Entwicklung". Über die Hintergründe sprachen Rektor Marcelo da Veiga, Fachbereichsleiter Lars Petersen und der wissenschaftliche Mitarbeiter Florian Boukal mit Inga Thulfaut.

General-Anzeiger: Wie kamen Sie zu der Auszeichnung, die ohne Preisgeld vergeben wird?

Lars Petersen: Wir haben uns auf die entsprechende Ausschreibung hin neben vielen anderen Universitäten sowie Unternehmen, Verbänden und Vereinen mit einem Exposé und unserer Internetseite beworben. Deutschlandweit gibt es knapp 1 000 Preisträger.

Florian Boukal: Der Titel gilt für zwei Jahre, dann ist eine Wiederbewerbung nötig. Das garantiert, dass sich die Preisträger nicht auf ihrer Auszeichnung ausruhen, sondern an der Umsetzung ihrer Ziele weiterarbeiten.

GA: Welche Ziele verfolgt denn der Bereich Wirtschaft an der Alanus Hochschule?

Boukal: Wir wollen Mensch und Wirtschaft näher zusammen bringen. Das bedeutet auch, bestehende Wirtschaftsmodelle zu hinterfragen. Während meines vorangegangenen VWL-Studiums an einer staatlichen Hochschule hat so etwas nicht stattgefunden, es gab eine innere Kluft zwischen dem tatsächlichen Bedarf und den Lehrmethoden zur Befähigung der Studenten. Spätestens die Weltwirtschaftskrise hat aber gezeigt, dass wir lernen müssen, über den Status quo hinauszudenken.

GA: Welche alternativen Wirtschaftsmodelle sind Gegenstand Ihres Querdenkens?

Petersen: Das bedingungslose Grundeinkommen zum Beispiel. Oder assoziatives Wirtschaften. Und "Social Banking" und "Social Finance", dazu bekommen wir in diesem Semester sogar eine eigene Junior-Professur.

GA: Demnach erfordern die globalen Probleme ein komplett neues Wirtschaftssystem?

Petersen: Nein. Wir predigen keine Sozialromantik und wollen Bestehendes nicht einfach über Bord werfen. Dazu wird man in der Praxis viel zu sehr geerdet, und auf die Praxisphasen im Studium legen wir ja großen Wert. Unser Studiengang vermittelt solide Fachkompetenz, begleitet von der Ermunterung, offen und wachsam gegenüber den sich ständig wandelnden Bedingungen zu sein.

Boukal: Profundes Fachwissen ist ja die Voraussetzung, um in der Wirtschaft überhaupt ernst genommen zu werden und etwas bewirken zu können.

GA: Was setzen Sie Wirtschaftskrisen und deren Ursachen denn entgegen?

Petersen: Wir liefern sicher keine Patentrezepte. Vielmehr geht es darum, im Kleinen anzusetzen und den Einzelnen zu befähigen, sich selbst und bestehende Modelle zu reflektieren und konkrete Fehlentscheidungen zu entlarven. Nachhaltigkeit hat viele Facetten. Da steht jeder in der Verantwortung. Viele demonstrieren zum Beispiel gegen Atomstrom - haben aber den Stromanbieter noch nicht gewechselt.

Boukal: Genau, jede unserer Kaufentscheidungen hat Konsequenzen. Wir müssen begreifen, dass wir alle Teil der Wirtschaft und grundlegend auf sie angewiesen sind.

GA: Eine Erkenntnis, die man nicht unbedingt an einer Hochschule für Kunst und Gesellschaft erwartet.

Marcelo da Veiga: In der Tat, die Implementierung des Fachbereichs Wirtschaft stieß zunächst auf Skepsis. Die natürliche Brücke zwischen Wirtschaft und Kunst ist für den Künstler nicht direkt evident, da besteht nachvollziehbare Furcht vor Vernutzung. Aber auch der Künstler agiert schließlich im wirtschaftlichen Raum, und Wirtschaft ist letztendlich ein kultureller Akt. Ein Akt, der das Gestaltungspotenzial des Menschen braucht, um sich etwa ökologisch und nachhaltig auszurichten. Angesichts der globalen Probleme appellieren wir fachübergreifend an die schöpferischen Kräfte und den Mut zur Initiative. Ich bin stolz darauf, dass die Idee der Alanus Hochschule zur Implementierung des Bereichs Wirtschaft diese Anerkennung erfährt.

Zu den PersonenMarcelo da Veiga, 1960 in Brasilien geboren und in Deutschland aufgewachsen, ist Professor für Philosophie. Ende 2002 hat er die Alanus Hochschule als Projektleiter erfolgreich zur staatlichen Anerkennung als Kunsthochschule geführt und wurde dann zum ersten Rektor gewählt. 2009 wurde er für weitere fünf Jahre im Amt bestätigt.

Lars Petersen, Jahrgang 1969, leitet den Fachbereich Wirtschaft an der Alanus Hochschule und hat den Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Produktions- und Dienstleistungsmanagement, inne.
Florian Boukal, Jahrgang 1983, arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Wirtschaft. Er hat VWL in Freiburg und BWL in Alfter studiert und absolviert zurzeit das berufsbegleitende Masterstudium "pädagogische Praxisforschung".

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort