Kloster und Schule in Ahrweiler Ursulinen verlassen Ahrweiler

AHRWEILER · Das Kloster steht vor dem Aus. Die Ordensschwestern ziehen Mitte 2017 weg. Sie können die Institution personell und wirtschaftlich nicht weiterbetreiben. Eine Stiftung führt die beiden Schulen weiter.

 Der Kircheninnenraum auf dem Calvarienberg.

Der Kircheninnenraum auf dem Calvarienberg.

Foto: Martin Gausmann

Der Schock sitzt tief, Tränen steigen Generaloberin Schwester Maria Monheim in die Augen, als sie am Dienstag verkünden muss: Die Ursulinen der Kongregation beabsichtigen, das Kloster Calvarienberg, und damit auch ihre Heimat Ahrweiler spätestens zum 30. Juni 2017 zu verlassen. Damit geht nach 178 Jahren eine Ära zu Ende. „Wir sind nur noch 18 Ordensschwestern mit einem Durchschnittsalter von 75 Jahren. Uns ist das wirtschaftlich und personell über den Kopf gewachsen. Wir können das hier nicht weiter fortführen“, so die Ordensschwester, die seit 1963 auf dem Berg über Ahrweiler weilt. Mit der Generalprokuratorin Schwester Irmgard Carduck, der Hausoberin Schwester Alberta König und Annette Gies, die künftig im Verwaltungsrat einer Stiftung sitzen wird, die den Fortbestand der beiden Schulen garantiert, setzte Monheim diese schmerzhafte Zäsur. Im Sommer 2017 werden 15 der 18 Schwestern ins Trierer Kloster, einer Filiale des Calvarienbergs, umziehen, drei bleiben in Ahrweiler.

„Wir haben zum Glück einen Investor gefunden, der alles kauft.“ Dem Aachener Projektentwickler Landmarken AG mit Vorstandsvorsitzendem Norbert Hermanns, „der über viel Erfahrung im sensiblen Umgang mit Denkmälern verfügt, wurde ein notariell beglaubigtes Kaufangebot durch die Ursulinen unterbreitet“. Übereignet werden neben dem denkmalgeschütztem Kloster und der großen Kirche auch zwei unbebaute, angrenzende Grundstücke: die ehemalige Ökonomie am Klosterberg und der ehemalige Klostergarten. Der Verkaufserlös wird in Stiftungen überführt, die den Fortbestand aller Ursulinen-Schulen, also Ahrweiler, Aachen, Krefeld und Trier, sichern sollen.

Noch steht nicht fest, wie Kloster und Kirchengebäude künftig genutzt werden. Vorstandsvorsitzender Hermanns in einer Presseerklärung: „Denkbar sind sowohl Mehrgenerationenwohnungen als auch andere Nutzungskonzepte.“ Monheim: „Es muss auch alles neu vermessen werden, es gibt keine Bauunterlagen. Ob Miet- oder Eigentumswohnungen, das wird wohl zusammen mit der Stadt überlegt. Was wir vertraglich geregelt haben sind Dinge, dass zum Beispiel keine Klinik für Schwangerschaftsabbrüche entsteht.“

„Das Kirchenschiff wird vorher profaniert, so dass es kein sakraler Raum mehr ist und somit seine kirchliche Nutzung offiziell endet. Der Schwesternchor wird baulich abgetrennt und soll Pilgern weiterhin als Stätte des Gebets dienen können“, so die Generaloberin. Dafür muss der neue Eigentümer von außen einen separaten Zugang zur sogenannten kleinen Kirche schaffen. „Das wird schwierig, das barrierefrei zu lösen“, so Schwester Irmgard Carduck. Dort wird auch die Kreuzigungsgruppe (um 1500) künftig beheimatet sein. „Die Blandinen- und Kreuzpilger können weiterhin kommen, darum kümmern sich die drei in Ahrweiler verbleibenden Schwestern.“ Drei Angestellte bleiben ebenfalls im Blandinen-Archiv, eine franziskanische Laiengemeinschaft aus Bonn möchte Pilger-Gottesdienste organisieren und den Schwesternchor von 1897 im neugotischen Stil als geistliches Zentrum nutzen. Die Hausoberin Schwester Alberta, die den 35 Angestellten, die bald ohne Arbeit sind, die Botschaft verkünden musste, traf wider Erwarten auf viel Verständnis.

Schulen werden weitergeführt

Wichtig ist allen Beteiligten, dass die beiden Schulen ohne Einschränkung weitergeführt werden. Die Realschule und das Gymnasium mit rund 1200 Schülerinnen und Schülern befinden sich in Trägerschaft der Ursulinen-Kongregation. Die Gründung der Trägerstiftung mit dem Schwerpunkt Zustiftung und Spenden, die nun zum 1. Januar 2017 erfolgen soll und in der Aachener Ursulinenschule von Erfolg gekrönt ist, tragen das Generalkapitel und der Generalrat als höchste Autoritäten des Ordens voll mit.

„Wir möchten sicherstellen, dass die Schulen im Geist der Ursulinen weitergeführt werden, orientiert am bestehenden Profil und Leitbild. Das ist unser Werk, unser Erbe. Das liegt uns am Herzen“, so Monheim. Es fehle, so Gies, einst Bergschülerin, jetzt Lehrerin, noch die Zustimmung des Bistums und der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD), die einem Trägerwechsel in der Regel nur zum Schuljahreswechsel zustimmt: „Wir teilen nun mal das Schicksal auch anderer Ursulinenschulen. Aber ein Umbruch kann auch viele Kräfte freisetzen.“ Das Tagesinternat, integriert in die Schulen, bleibe natürlich bestehen.

Die Ursulinen blicken in Ahrweiler auf eine lange Geschichte zurück. Bereits 1840, also zwei Jahre nach Übersiedlung des Ursulinen-Konvents nach Ahrweiler, wurde auf dem Calvarienberg ein Schulgebäude errichtet. Das spätere Gymnasium geht auf ein 1909 gegründetes Lyzeum für Mädchen zurück, die Gründung der Realschule erfolgte 1954. Vom Calvarienberg aus wurden dann neue Filialen gegründet, unter anderem 1848 Aachen, 1853 Trier, 1895 Saarbrücken, 1896 Krefeld, 1902 Koblenz. Diese Klöster blieben mit dem Mutterhaus in Ahrweiler als Kongregation verbunden.

Seit 20 Jahren kein neuer Eintritt in Orden

„Alle Schwestern sind hier in den Orden eingetreten, haben hier ihr Gelübde abgelegt“, so die Generaloberin. Doch die Entscheidung ist dem Nachwuchsmangel geschuldet, denn seit mehr als 20 Jahren ist keine Frau mehr in den Orden eingetreten. „Seit 2007 sind 26 Schwestern gestorben, von den 18 verbleibenden liegen fünf auf der Krankenstation“, betonte Monheim noch einmal die Entscheidung zum letzten, schweren Schritt.

Sie sei über Jahre gereift, „nun müssen wir einsehen, den Berg zu verlassen. Wir wissen, dass es für Ahrweiler eine große Veränderung bedeutet, wenn keine Schwestern mehr hier sein werden“. Erfahrungen haben die Aachener Entwickler im Bereich der Sonderobjekte und Denkmäler. Zuletzt erwarb die Landmarken AG die unter Denkmalschutz stehende Aachener Elisabethkirche, um sie einer neuen, ihrem kulturellen Erbe angemessenen Nutzung zuzuführen.

„Ausstellungen und Konzerte, dass könnten wir uns hier auch vorstellen. Auch deshalb vertrauen wir Ursulinen der Landmarken AG das Kloster an. Wir gehen davon aus, dass wir dieses für uns bedeutsame Gelände in gute Hände geben“, so Schwester Maria. Weil die Ursulinen alles räumen und vieles zu barer Münze machen müssen, wird es auch einen „Ausverkauf“ des Inventars geben. Der Erlös fließt ebenfalls in die Stiftung.

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