Viele fühlen sich nicht richtig aufgeklärt

Bonner Kinderärzte klagen über Impfmüdigkeit

Bonn. Die Fakten allein sind eigentlich erschreckend genug: Zwischen 50 000 und 100 000 Masernerkrankungen gibt es pro Jahr in Deutschland, schätzt das Robert-Koch-Institut in Berlin.

Bei einer Masernepidemie im Raum Coburg im Frühsommer waren allein 735 Menschen davon betroffen. Und dennoch: Wenn es um den nötigen Impfschutz geht, haben viele Kinderärzte das Gefühl, gegen eine Wand anzurennen.

So war kürzlich - trotz des vom BVKJ (Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte) erstmals ausgerufenen Deutschen Impftags - eine Flaute in den Wartezimmern der Bonner Kinderarztpraxen. "Ich habe Kinder unterschiedlichster Nationen, deren Eltern sie planmäßig impfen lassen", sagt die Kinderärztin Agnes Walle, "bei den deutschen Eltern klappt das aber leider überhaupt nicht. Da höre ich jedesmal die Ausrede, das Kind sei leider gerade krank."

Dabei sind nach Angaben des BVKJ nur etwa ein bis drei Prozent der Eltern "echte Impfgegner". Ein Großteil fühlt sich dagegen nicht richtig aufgeklärt oder hat Angst, dass etwas falsch gemacht wird.

Leider völlig unbegründet, wie Kinderarzt Rolf Sternberg betont, denn nach wie vor überwiegen bei einer Impfung die Vorteile bei weitem. So kann der Arzt mittlerweile, mit Hilfe eines sechsfach Kombinationsimpfstoffs, Kinder gegen Diphtherie, Keuchhusten, Kinderlähmung, Tetanus, Hepatitis B und Haemophilus influenzae b in einem Vorgang impfen. "Das ist ein großer psychologischer Vorteil für das Kind, das nicht mehr für jede einzelne Impfung zu uns kommen muss", stellt der Mediziner fest. Außerdem empfiehlt er unbedingt einen Impfschutz gegen Masern, Röteln und Mumps.

Die von manchen vertretene Meinung, das "Durchmachen" einer Krankheit sei für die normale Entwicklung des Kindes notwendig und wichtig, stößt bei den Kinderärzten dagegen auf breite Ablehnung. "Da ist überhaupt nichts Positives dran", betont Rolf Sternberg, "ganz im Gegenteil, es kann zu bleibenden Schäden kommen."

Auch Agnes Walle sieht in dieser Gegenbewegung zur Schulmedizin eine große Gefahr, die durch keinerlei ernsthafte Untersuchungen belegt sei.

Weiter Informationen zum Thema Impfen gibt es unter www.kinderaerzte-im-netz.de.

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