Villiper Bahnhof wurde nur zum Schein angelegt

Anlage sollte feindliche Aufklärung und Bomber täuschen und Bad Godesberg schützen

Villiper Bahnhof wurde nur zum Schein angelegt
Foto: Jochen Wagner

Villip. In den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs wurden zur Täuschung der alliierten Luftaufklärung und Bomberverbände überall in Deutschland so genannte Scheinanlagen angelegt. Eine solche Anlage gab es auch zwischen Villip und Gimmersdorf am Rande des heutigen Gewerbeparks.

Unterschiedlichen Quellen zufolge soll es sich dabei um einen Scheinbahnhof - andere sahen darin eine Scheinlandepiste - gehandelt haben. Diese Scheinanlage muss im Zusammenhang mit nächtlichen Verdunkelungen, allgemeiner Tarnbemalung und Vernebelung von kriegswichtigen Objekten gesehen werden, die in der Nähe von Rüstungswerken, Flugplätzen auch Bahnhöfen angelegt wurden.

Radar und GPS (Satellitenortung) hatten die Verbände damals zur Zielbekämpfung im Rheinland noch nicht. Die bei Villip angelegte Scheinanlage sollte mündlichen Überlieferungen zufolge vom Godesberger Bahnhof ablenken. Dazu wurden nach damaliger Praxis meist auf Feldern oder anderen freien Flächen mit einfachen Mitteln wie Tuch- und Holzkonstruktionen, Flugzeug-, Geschütz- und Fahrzeugattrappen mit Lichteffekten oder die Strukturen von Betrieben, Kasernen und Flugplätzen nachgebaut.

Diese Attrappen zeigten Ähnlichkeiten mit den zu schützenden Objekten. Der Wachtberger Lokalhistoriker Frank Hüllen fand dazu in der Berkumer Pfarrchronik einige Hinweise. "Um feindliche Flieger zu täuschen, ist bei Villip rheinseitig an der Straße nach Gimmersdorf ein “Scheinbahnhof„ angelegt worden. Er besteht nur aus elektrischen Lichtern. Damit will man die Piloten von den Städten ablenken und sie veranlassen, ihre Bomben über dem freien Feld abzuwerfen.

Der Erfolg ist allerdings eher mäßig, denn es gehen nur wenige Bomben nieder", ist dort zu lesen. Der Villiper Landwirt Albert Schmitz (59) hat dazugehörige Flakstellungen und mit Öl oder Teer getränkte Koksbrocken, die zur Beleuchtung der Umrisse auf dem Scheinbahnhof dienten, im Wald zwischen Pech nördlich des heutigen Bollig-Hofes gefunden. Dort sind auch noch Reste früherer Flakstellungen im Wald zu erkennen.

Auch Karl-Josef Hoffmann aus Villip berichtet über derartige Funde. Kinder und Jugendliche hätten früher in den Relikten der Scheinanlage gespielt. Von den aus Schlesien stammenden Flaksoldaten in der einstigen Scheinanlage hätten sich zwei nach dem Krieg in Villip angesiedelt und einheimische Frauen geheiratet. Dabei soll es sich um die inzwischen verstorbenen Walter Pagel und Kurt Buschendorf gehandelt haben.

Land- und Forstwirtschaft, Kies- und Sandbau sowie spätere Verfüllungen und folgende Überbauungen wie am Gewerbepark haben die meisten Spuren der einstigen Scheinanlage verdeckt. Fotos und andere Aufzeichnungen darüber seien aus Furcht vor den anrückenden Alliierten vernichtet worden oder gelten als verschollen. Eine der bekanntesten Scheinanlagen im Umland ist der heutige Flugplatz in Hangelar. Weitere Scheinflugplätze wurden im Umland von Köln angelegt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort