Vollbremsung am Nürburgring: Ende einer Achterbahnfahrt

MAINZ · Das Land Rheinland-Pfalz hat die Notbremse gezogen und den privaten Pächtern gekündigt.

Die Politik will die Achterbahnfahrt mit den privaten Pächtern beenden. Damit scheint die Zukunft der hochdefizitären Formel-1-Anlage in der Eifel unsicherer denn je. Der Traum vom florierenden Freizeit- und Geschäftszentrum zur Absicherung der Rennen ist - erst mal - geplatzt. Im Streit um millionenschwere Pachtzahlungen und drohende Entlassungen zieht die rheinland-pfälzische Landesregierung die Notbremse und kündigt den Pächtern.

Was für Rot-Grün ein Befreiungsschlag sein soll, könnte für Motorsport-Fans aus Sicht der Pächter eine Hiobsbotschaft sein. Die privaten Ringchefs befürchten, "dass die Formel 1 schon im nächsten Jahr in ein anderes Land vergeben wird und der Deutschland Grand Prix nur noch alle zwei Jahre auf dem Hockenheimring ausgetragen wird". Dabei seien die Kosten der Rennen mit Formel-1-Chef Bernie Ecclestone herunterverhandelt worden: Das Land hätte sich - sagen die Pächter - nur noch mit bis zu 9,8 Millionen Euro pro Rennen beteiligen müssen. "Dafür bekommt heute kein Ausrichter der Welt ein Rennen von Bernie Ecclestone." Für die Formel 1 am Ring 2011 berappten die Steuerzahler 13,5 Millionen Euro.

Infrastrukturminister Roger Lewentz (SPD) weiß um die Herausforderungen in der Eifel. Er ist nach eigenen Worten "am Ring ein Stück weit groß geworden". Bevor ein neuer Vertrag mit Ecclestone unter Dach und Fach ist, wollte er erst mal Klarheit schaffen mit den Privatbetreibern und ließ nach längerem Streit den Vertrag mit den Pächtern durch die größtenteils landeseigene Besitzgesellschaft Nürburgring GmbH kündigen. Er sah sich unter Druck zu handeln und zeigte klare Kante: "Ich fühle mich da als Sachwalter des Landes."

Auch wenn die Pächter gegen die Trennung juristisch zu Felde ziehen wollen: Schon zum zweiten Mal, scheint es, ist privates Engagement am Nürburgring gegen die Wand gefahren. 2009 platzte eine Finanzierung des neuen Freizeitparks über Liechtenstein, Dubai und die Schweiz mit dubiosen Geldgebern. Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) nahm damals seinen Hut. Die Staatsanwaltschaft Koblenz ermittelt bis heute.

Schon bei der Eröffnung 1927 ging es auch um die Schaffung von Arbeitsplätzen in der abgelegenen Eifel. Aber in den vergangenen Jahren verloren die Planungen die Bodenhaftung. Zum Symbol überzogener Träume geriet der "Ringracer". Bei der Eröffnung des Freizeitparks 2009 wurde die Achterbahn als schnellste der Welt gepriesen mit 217 Kilometern pro Stunde. Doch wegen technischer Probleme und fehlender Genehmigungen steht sie bis heute still. Nun wollen die Betreiber 92 Stellen am Ring streichen. Die Landesregierung lässt offen, ob bei der Neuausschreibung ein Teil des Parks verkleinert wird.

Kein Wunder, dass die Betreiber das Wort "Freizeitpark" nicht mehr hören wollen: Mit großen Vergnügungsparks kann der Nürburgring ohnehin nicht mithalten. Den Managern ging es darum, Gewinne zu schreiben. Dafür hätten sie aber mehr Zeit gebraucht, die ihnen Lewentz nicht geben wollte.

Zugleich könnte mit der Entscheidung das Rennen um die Nachfolge von Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) Fahrt aufnehmen. Beck war am Dienstag bei der Pressekonferenz zur Vertragskündigung nicht anwesend - dafür aber neben Lewentz auch Wirtschaftsministerin Eveline Lemke (Grüne) und Finanzminister Carsten Kühl (SPD). Rot-Grün demonstriert Einigkeit und schaut nach vorn - in die Zeit ohne Beck.

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Wann Sebastian Vettel wieder über den Nürburgring saust, ist offen. Jetzt muss auch noch ein neuer privater Betreiber des Rings her - die rot-grüne Landesregierung in Mainz zieht die Notbremse und kündigt den bisherigen Pächtern. Was denken Sie darüber? Diskutieren Sie mit auf <a href="http://blog.ga.de/aktion">http://blog.ga.de/aktion.

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