Vor 30 Jahren machte der Walkman der Musik Beine

Eine Ära geht leise zu Ende - Geschäfte verkaufen kaum noch Kassetten - Bibliotheken stellen auf CD um, Musikfreunde nutzen MP3-Player

Vor 30 Jahren machte der Walkman der Musik Beine
Foto: Markus Bauer

Region. Walkman? Charlotte Gabriel braucht einen Moment, um sich zu erinnern. "Ja, so ein Ding hatte ich auch als kleines Kind", sagt sie schließlich. "Aber wer hört denn heute noch Kassetten. Die sind doch altmodisch." Die 16 Jahre alte Gymnasiastin von der Alleestraße schaut, als stehe sie leibhaftig Benjamin Blümchen gegenüber.

Kein Wunder. Denn der tragbare Kassettenrekorder ist bei weitem älter als die Schülerin und längst nicht mehr im Trend. 30 Jahre ist er alt. Andere Geräte, wie zunächst der tragbare CD-Spieler und danach der MP3-Player, haben ihn längst abgelöst.

Auch Charlotte Gabriel ist schon vor langer Zeit auf modernere Abspielgeräte umgestiegen und hört jetzt Musik über den beliebten "iPod" aus dem Hause Apple. Das Gerät gehört zu den sogenannten Portable Media Playern, die nicht nur Musik zu Gehör bringen, sondern auch Videos abspielen und Bilder zeigen. Heute ist der "iPod" der meist verkaufte tragbare Musikabspieler der Welt.

Ganz gibt sich der ehemalige Weltmarktführer aber noch nicht geschlagen. Der Walkman lebt noch, wenn auch bescheiden. Ein Modell schlummert etwa noch im Sankt Augustiner Elektronikmarkt "Saturn". "Wir haben das Modell nicht umsonst hier", versichert Saturn-Geschäftsführer Peter Durand. Zehn Mal im Monat ginge der Walkman noch über die Ladentheke.

"Vor allem Kinder und ältere Menschen, die noch Kassetten haben, kaufen ihn." Ein fünf Meter langes Regal voller Kinderkassetten stand früher im "Saturn" Siegburg. Heute ist es weg und die Auswahl an den alten, verhedderungsanfälligen elektromagnetischen Tonträgern in der Plastikhülle ist eher gering.

Der WalkmanTPS-L2 - mit diesem Namen begann am 1. Juli 1979 die Erfolgsgeschichte des Walkmans. Der japanische Elektrokonzern Sony entwarf den violett-blauen, 390 Gramm schweren, tragbaren Kassettenrekorder. Jeder konnte seine Lieblingsmusik nun immer und überall hören. 200 Millionen Mal wurden die verschiedenen Modelle bis heute verkauft. Aus dem Marken- wurde ein Gattungsname.Der Walkmann hat seine vor allem in den 80er Jahren gewonnene Funktion als Statussymbol bei den Jugendlichen verloren. Das Sinnbild für eine individuelle und urbane Lebensform wurde ersetzt durch Discman, MP3-Player und Mobiltelefone, die heute auch Musik abspielen können.

Holger Käding, Inhaber von Music-Adventure in Hennef, schätzt die Lage so ein: "TKKG, Bibi Blocksberg und Benjamin Blümchen verkaufen wir noch an Kinder, Volksmusik an die Senioren, aber es wird von Jahr zu Jahr weniger." Der Mu-sikhändler erwartet, dass in naher Zukunft Kassetten gar nicht mehr im Ladenregal zu finden sind.

Das ist in den Stadtbibliotheken von Siegburg und Hennef schon passiert. Die Büchereien haben komplett auf CD und DVD umgestellt, weil die Nachfrage nach Kassetten stramm auf null zuhielt. In Sankt Augustin können Kinder noch ein paar wenige Kassetten ausleihen. Aber auch dort überle-gen die Verantwortlichen, die Ära zu beenden.

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