Winter in Bonn Vor fünf Jahrzehnten trieben die letzten Eisbrocken auf dem Rhein

Hersel · Bei den derzeit milderen Temperaturen schwer vorstellbar, doch noch vor einigen Jahrzehnten kam es immer wieder vor, dass Eisschollen auf dem Rhein trieben oder der Strom im Winter sogar komplett mit Eis überzogen war.

"Ich kann mich noch gut erinnern, wie wir als Kinder auf den Eisschollen gelaufen sind", sagt Manfred Linden. Der Herseler zeigt ein Foto aus dem Jahr 1954. In den 50er Jahren habe es häufiger Eis auf dem Rhein gegeben.

"Einmal im Winter wollten wir meine Tante in Sieglar besuchen. Der Rhein war teilweise zugefroren, die Mondorfer Fähre konnte nicht mehr fahren. Es gab aber die Cäcilie, ein kleines Bötchen, das die Leute über den Fluss brachte. Auch wir sind damit gefahren. Ich hatte große Angst weil es so gekracht hat, als wir durch das Eis gefahren sind", erinnert sich Manfred Linden.

Der 66 Jahre alte Herseler sammelt Zeitdokumente, die an Winter mit Eis und Schnee auf dem Rhein erinnern. Linden hat mehr als 1.000 historische Bilder von Hersel archiviert. Seit mehr als 40 Jahren sammelt er Artikel und Fotos seines Heimatortes.

Zu Fuß den Rhein überqueren

Freunde, Verwandte und Nachbarn überlassen ihm außerdem ebenfalls Bilder des Rheinortes. Besonders spektakulär sind die Bilder aus dem Jahr 1929. Damals war der Rhein auf seiner gesamten Länge zugefroren - beziehungsweise von Eisschollen bedeckt. An einigen Tagen konnten die Menschen zu Fuß von einem zum anderen Rheinufer gehen.

Schaulustige von nah und fern kamen, um das Ereignis zu erleben und einmal zu Fuß über den Rhein zu gehen. Es war bisher das letzte Mal, dass das möglich war. Aber auch in den 40er und 50er Jahren erlebten die Menschen am Rhein das winterliche Schauspiel. Heute gibt es kein Eis mehr auf dem Rhein, durch Verunreinigungen und die Abwärme der Kraftwerke ist die Temperatur im Rhein gestiegen.

"Einmal sind wir mit vier Leuten Schlittschuh gelaufen. Doch das Eis war nicht mehr dick genug, so bin ich eingekracht und in den Rhein gefallen", erinnert sich Linden. Sein Freund Theo Koch habe ihn herausgezogen und mit zu sich nach Hause genommen. "Seine Mutter hat mich sofort in ein Zinkwanne mit heißem Wasser gesetzt, damit ich nicht krank werde", berichtet der Herseler.

Kalter Winter in den 60ern

Im Winter 1962/63 gab es die letzten dicken Eisschollen auf dem Fluss. Damals war der Rhein streckenweise zugefroren. An der Loreley staute sich das Eis so stark, dass keine Eisbrecher mehr durchkamen, es wurde gesprengt. Es war ein sehr kalter Winter, dicke Eisschollen trieben flussabwärts. Der Kölner Rheinhafen in Godorf war völlig zugefroren. "Durch einen Eisgang wurden auch Felsen zu uns nach Hersel geschwemmt. Sie ragten eine Meter weit aus dem Wasser. Diese sogenannten Herseler Hungersteine wurden erst 1985 beseitigt", berichtet Manfred Linden aus seiner Erinnerung.

Er zieht ein weiteres Foto aus seiner Sammlung. Es stammt aus dem Jahr 1956 und zeigt Hersel unter einer dicken Schneedecke. Auch damals mussten natürlich die Straßen geräumt werden. Doch gab es noch keine speziellen Fahrzeuge wie es sie heute gibt dafür. "Unser Streudienst bestand aus einem Trecker mit Anhänger. Darauf stand ein Mann und schaufelte Sand auf die Straße", erklärt Manfred Linden.

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