"Too good to go" Lebensmittel retten mit einer App

Rhein-Sieg-Kreis · Zwischen Bornheim und Rheinbach engagieren sich fünf Betriebe bei „Too good to go“. Mit dieser App können übrig gebliebene Lebensmittel verteilt werden.

 David Franz von Edeka Breil in Meckenheim zeigt beschädigte Äpfel, die der Laden aussortiert und über eine App günstiger abgibt.

David Franz von Edeka Breil in Meckenheim zeigt beschädigte Äpfel, die der Laden aussortiert und über eine App günstiger abgibt.

Foto: Axel Vogel

Die Mission lautet: Lebensmittel vor der Tonne retten. Dank der App „Too good to go“ („Zum Wegwerfen zu schade“) können Betriebe übrig gebliebene Nahrungsmittel an den Mann bringen, statt sie wegzuwerfen. Anfangs gab es das Angebot nur in Großstädten, doch nun machen immer mehr Restaurants und Supermärkte auch in kleineren Städten mit. Seit 2015 sind so nach Angaben der App insgesamt rund 35 Millionen Mahlzeiten gerettet worden. Im Rhein-Sieg-Kreis machen 25 Läden mit, die bereits rund 20 300 Portionen vor dem Mülleimer bewahrt haben – fünf Geschäfte davon befinden sich im Vorgebirge.

Seit September können sich die Nutzer bei Edeka Breil sogenannte Überraschungstüten abholen. „Wir sind mit zwei Kategorien vertreten: einmal Obst und Gemüse und dann noch Molkereiprodukte“, sagt David Franz, der Verantwortliche für Nachhaltigkeit bei Breil.

Wenn zum Beispiel die äußeren Blätter eines Kopfsalats nicht mehr schön aussehen, könne dieser nicht mehr zum regulären Preis verkauft werden. Die Mitarbeiter waschen dann den Salat, entfernen die unschönen Blätter und er kommt in die „Too good to go“-Überraschungstüte. „Wir befüllen unsere Papiertüten mit Produkten, die man noch benutzen und essen kann“, sagt Franz. So auch die Produkte aus der Kühltheke. Diese stehen zwar manchmal kurz vor dem Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD), seien aber noch genießbar.

Da in der Region nur wenige Supermärkte mitmachen, sei die Nachfrage hoch. „Wir geben am Tag durchschnittlich sieben dieser Tüten raus“, erklärt Franz. Damit hätten sie schon drei Biotonnen und ein­einhalb schwarze Tonnen weniger pro Monat gefüllt.

TeeGschwendner bietet laut App eine Eisteesorte an, die aus dem Sortiment genommen wird. Im Industriegebiet könne man sich zwölf TetraPaks à 0,5 Liter der Sommersorte Rooibos-Mango-Passionsfrucht für ein Drittel des Originalpreises abholen. „Wenn wir die nicht über die App anbieten könnten, müssten wir den Eistee wahrscheinlich vernichten“, sagt Nathalie Fischer, Marketing-Assistentin. Sie seien seit 2019 dabei und planten Ähnliches für die neueren Eisteesorten.

Beim Bistro „Interludio“ in Merl konnte man – vor der Corona-Pandemie – seine eigene Frischhaltebox mitnehmen und bekam Reste vom Mittagstisch wie Spaghetti Aglio e Olio, Chili con Carne oder Bœuf Stroganoff. „Wir geben das Essen lieber so weg, als es wegzuschmeißen“, erklärt ein Mitarbeiter. Die drei teilnehmenden Läden haben laut App zusammen bereits 2500 Mahlzeiten gerettet und 6,3 Tonnen CO2 eingespart.

Übriggebliebene Gemüse-, Fleisch- und Fischgerichte sowie Sushi und Salat können normalerweise beim Mingo China Restaurant abgeholt werden. Dort wurden schon 1750 Mahlzeiten gerettet und dadurch ungefähr 4,4 Tonnen CO2 eingespart.

Der Getränkefachgroßhandel Bier-Schneider bietet über die App Bier und Softdrinks an, die kurz vor dem MHD stehen oder es kürzlich überschritten haben, aber noch genießbar sind. Da der Familienbetrieb 95 Prozent seiner Ware an Gastronomen verkaufe, müssen sie sich verschärft an das MHD halten. „Die Kunden wollen meist noch lange haltbare Ware“, sagt Christian Schneider, Assistent der Geschäftsleitung. „Es wäre schade, wenn wir die noch guten Getränke zurück an den Hersteller senden müssten.“

Seit Januar könne man sich zum Beispiel einen bestellten Kasten Bier am Lager abholen. In drei Monaten haben sich so 150 Kunden etwas bei Schneiders abgeholt. Dabei wissen die Kunden auch hier nicht, was genau sie erwartet.

Für den Verbraucher ist die App kostenlos. Die Betriebe zahlen eine Jahresgebühr und müssen einen gewissen Prozentsatz der Einnahmen als Provision abgeben. „Das ist aber wirklich nicht schlimm, da die verkauften Produkte die Ausgaben decken“, erklärt Schneider. Sie seien einfach glücklich, dass sie die Produkte nicht wegschmeißen müssen.

Aber auch hier sind die Entwicklungen der Corona-Pandemie spürbar: Da Restaurants bis Montag geschlossen hatten oder nur lieferten, blieb kaum Essen zum Retten übrig.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort