Sturm, Hitze und Borkenkäfer So lange wird die Aufarbeitung der Baumschäden in der Ville dauern

Alfter · Bei einer Radtour mit dem Umweltausschuss der Gemeinde Alfter durch die Ville zeigt Revierförster Frank Mayer die entstandenen Schäden im Gemeinde- und Privatwald durch Sturm, Hitze und Borkenkäfer auf.

 Revierförster Frank Mayer erklärt, dass die Buchen an diesem Standort wegen der stehenden Nässe abgestorben sind.

Revierförster Frank Mayer erklärt, dass die Buchen an diesem Standort wegen der stehenden Nässe abgestorben sind.

Foto: Caroline Lutz

Es ist immer noch sehr warm, als sich die Mitglieder des Umweltausschusses der Gemeinde Alfter mit ihren Fahrrädern am Waldstadion am Strangheidesweg mit dem Revierförster Frank Mayer in Bewegung setzen. Auf dem Weg zur Schutzhütte „Waldkrankenhaus“ weist Frank Mayer die Gruppe an verschiedenen Stellen auf Schäden hin, die in den letzten Jahren durch Sturm, Hitze, Trockenheit und den Borkenkäfer entstanden sind und erklärt, wie die Kahlstellen geschlossen werden können. Besonders betroffen sind die Fichtenbestände. Nahezu 100 Prozent der Fichten sind abgestorben und hatten vorher rund 20 Prozent des Baumbestandes ausgemacht.

Schädlinge finden optimale Bedingungen vor

Umgestürzte Fichten sind wie auf dieser Fläche derzeit häufig in der Ville zu finden.

Umgestürzte Fichten sind wie auf dieser Fläche derzeit häufig in der Ville zu finden.

Foto: Caroline Lutz

„Erst kamen die Stürme, dann die Trockenheit und Hitze und schließlich der Borkenkäfer,“ so Mayer. Diese Kombination schuf optimale Bedingungen für den Buchdrucker, so der Name der Borkenkäferart, die hier aktiv war. Die Larven und Jungkäfer fressen sich zwischen Borke und Splintholz durch und stören so die Leitungsbahnen des Baumes. „Normalerweise wehrt sich die Fichte gegen die Borkenkäfer. Sie harzt aus und tötet so den Käfer ab. Das kann sie aber nur, wenn sie ausreichend Wasser zur Verfügung hat,“ erklärt Mayer.

Die Böden in der Ville bestehen aus tonigem Lehm, der wasserstauend wirkt. Im Herbst und Winter läuft der Wald mit Wasser voll und die Fichte wurzelt deswegen nicht in die Tiefe. Aufgrund der nur kleinen und flach ausgebildeten Wurzelteller ist sie dann bei Stürmen gefährdet umzustürzen und kann bei Trockenheit im Sommer kein Wasser aus der Tiefe ziehen, erleidet Hitzestress und wird geschwächt. Ein leichtes Spiel für den Buchdrucker, für den sowohl die umgestürzten als auch die vorgeschädigten, stehenden Fichten ein gefundenes Fressen sind.

Esskastanien, Kirschen und Stieleichen ersetzen die Fichten

Doch wie geht man bei der Wiederaufforstung der entstandenen Kahlstellen mit den veränderten Klimabedingungen um? „Wir setzen auf verschiedene Baumarten auf derselben Fläche. Sollte eine der Baumarten in Zukunft ausfallen, übernehmen die anderen den Lebensraum,“ erläutert Mayer. Esskastanien, Kirschen und Stieleichen werden auf den Freiflächen in kleinen Truppen angepflanzt. Sie kommen mit den speziellen Standortansprüchen besser zurecht als beispielsweise der typisch in Deutschlands Wäldern heimische Baum – die Buche. „Sie hatte hier schon immer ihre Probleme. Sie mag wie die Fichte keine nassen Füße. Die Eichen kommen mit der von Herbst bis Frühjahr herrschenden Nässe deutlich besser zurecht.“

Das habe man bereits in der Vergangenheit erkannt und deswegen in diesen Waldgebieten auf Kiefern und Eichen gesetzt. Alternativen für die besonderen Standorte in der Ville bieten verschiedene Tannen- und Eichenarten, wie die Weißtanne, die amerikanische Roteiche und die Küstenkiefer, welche teilweise von anderen Kontinenten stammen, sich aber schon weit über 100 Jahre in Mitteleuropa etabliert haben. Sie gelten als widerstandsfähiger und sturmfest und sind resistenter gegen Trockenheit als Stiel- und Traubeneichen.

Generell minimiert die Pflanzung verschiedener Baumarten das Risiko einer großflächigen Schädigung eines Waldgebietes bei Wetterextremen und Schädlingsbefall, da nicht alle Baumarten vom selben Ereignis gleichstark betroffen sind. Ein Problem, das bei Monokulturen häufig auftritt. Allerdings muss man bei jeder Neupflanzung die genauen Standortgegebenheiten berücksichtigen und die Wirtschaftlichkeit der verschiedenen Baumarten im Blick behalten. „Die Ansprüche an Bodenbeschaffenheit und Lichtverhältnisse sind sehr unterschiedlich.

Buchen ertragen auch schattige Standorte, während die Stieleiche eine Lichtbaumart ist.“ Linde und Hainbuche wachsen hier auch gut. Da das Holz der beiden Baumarten aber fast ausschließlich als Brennholz verwertbar ist, werden sie der Stieleiche nur beigemischt. Das Holz der Esskastanie ähnelt dem der Eiche, die gut zur Holzverarbeitung geeignet ist und stellt eine weitere Alternative zu den schon vorhandenen Baumarten dar.

Förster überlassen manche Waldflächen sich selbst

Einige Bereiche überlässt man im Rahmen der Naturverjüngung sich selbst. Dort breiten sich verschiedene Gräser, Sträucher und Baumarten aus und bieten einen weiteren wichtigen Lebensraum für verschiedene Insekten- und Tierarten.

Wie genau sich der Wald rund um Alfter entwickeln wird, welchen Klimabedingungen und Wetterextremen er ausgesetzt sein wird und wie er darauf reagiert, kann niemand genau vorhersagen, aber verschwinden wird er nicht, ist sich Revierförster Frank Mayer sicher: „Der Wald hier wird immer Wald bleiben. Das Durchschnittsalter der Bäume mag sinken und die neugepflanzten Baumarten ihm ein anderes Aussehen verleihen, aber es bleibt Wald.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort