Schau im Oekekovener Rathaus Ausstellung in Alfter dreht sich um häusliche Gewalt

Alfter · Die Ausstellung „Stark für Frauen“ im Oedekovener Rathaus beschäftigt sich mit häuslicher Gewalt. Die Zahl solcher Fälle bei der Polizei ist gestiegen.

 „Alles in Ordnung?“ heißt die Installation von Monika Clever (rechts), die den Betrachter zum genauen Hinschauen auffordert.

„Alles in Ordnung?“ heißt die Installation von Monika Clever (rechts), die den Betrachter zum genauen Hinschauen auffordert.

Foto: Katharina Weber

Häusliche Gewalt ist ein Thema, das alle angeht. Darin waren sich Künstlerin Monika Clever, Bürgermeister Rolf Schumacher sowie Vertreterinnen des Frauenzentrums Troisdorf und der Bonner Polizei einig. Zusammen eröffneten sie unter dem Motto „Alfter bricht das Schweigen“ am Montagnachmittag die Ausstellung „Stark für Frauen“ im Rathaus in Oedekoven.

Dass häusliche Gewalt auch in der Region vorkommt, zeigen die Fallzahlen, die Kriminalkommissarin Daniela Lindemann vorstellte. 965 Fälle registrierte die Bonner Polizei im Jahr 2018 in ihrem Verbreitungsgebiet (Bonn, Linksrheinischer Rhein-Sieg-Kreis, Bad Honnef und Königswinter). 2017 waren es noch 870 gewesen. Den Anstieg führt die Polizei auch auf ein „geändertes Anzeigeverhalten“ zurück: Menschen seien dem Thema gegenüber zunehmend sensibilisiert und bringen es öfter zur Anzeige.

Unter häusliche Gewalt fallen laut Lindemann Körperverletzungen, aber auch sexuelle Übergriffe, Nötigungen, Drohungen und Freiheitsberaubung. Und laut der offiziellen Definition nicht nur in den eigenen vier Wänden: „Häuslich“ beschreibe die Beziehung von Täter und Opfer, nicht den Tatort, erklärte Lindemann. Sie komme in allen Altersgruppen und Schichten vor. 82 Prozent sind laut Statistik Frauen.

 „Wer schlägt, geht“, lautet Lindemann zufolge ein Credo der Polizei. Sie kann den Aggressor bei häuslicher Gewalt zehn Tage lang der Wohnung verweisen. Seit dem neuen Polizeigesetz kann sie ihn sogar in Gewahrsam nehmen. „Häusliche Gewalt ist nie privat“, lautet ein weiterer Grundsatz. Selbst wenn das Opfer den Täter nicht anzeigt, erstatte die Polizei von Amts wegen Anzeige, schalte das Jugendamt ein, wenn es um Minderjährige ginge, oder leite Maßnahmen ein, wenn psychische Erkrankungen im Spiel seien, sagte Lindemann.

Den Opfern von Gewalt riet die Polizistin, sofort die 110 zu wählen und später Verletzungen beim Arzt dokumentieren zu lassen. Sie könnten bei Gericht ein Kontaktverbot oder eine Schutzanordnung erwirken, die den Täter sechs Monate der Wohnung verweist. Zeugen ermutigte Lindemann, nicht wegzuschauen, sondern bei akuter Gewalt den Notruf zu wählen oder sich bei Zweifeln beim bundesweiten Hilfetelefon unter ☏ 0 80 00/116 016 beraten zu lassen. Auch Täter könnten sich bei der „Bundesarbeitsgemeinschaft Täterarbeit Häusliche Gewalt“ Hilfe holen.

Unterstützung erhalten Opfer beim Frauenzentrum Troisdorf. „Wir bieten Frauen nach dem Erleben von Gewalt Beratung, Begleitung und Therapie an“, berichtete die Sozialarbeiterin Ulla Hoefeler. Vergangenes Jahr habe das Zentrum 563 Frauen beraten, 181 davon waren akut von häuslicher Gewalt betroffen. Doch die Dunkelziffer sei hoch: „Wir gehen davon aus, dass nur in zehn Prozent der Fälle eine Anzeige gestellt wird.“„Gewalt fällt nicht vom Himmel“, sagte Bürgermeister Schumacher. „Sich nicht mit der Sache auseinanderzusetzen, ist eine Form der Zustimmung.“ Bundestagsmitglied Norbert Röttgen meldete sich per Videobotschaft aus Berlin: „Wenn es überall ist, ist es nicht irgendwo, sondern auch bei uns“, betonte er. „Die Ausstellung ist eine Ermutigung für die Opfer, nicht zu schweigen.“

Die Künstlerin Monika Clever hat für die Ausstellung anlässlich des internationalen Tags gegen Gewalt an Frauen am 25. November Werke geschaffen, deren Verletzungen erst beim zweiten Hinschauen auffallen. „Ich habe mich mit der Sichtbarmachung dieser Ungeheuerlichkeit beschäftigt“, erklärte Clever. Der Statistik zufolge wird ein Viertel der Frauen mindestens einmal Opfer von körperlicher Gewalt in der Partnerschaft. „Das bedeutet, dass rein rechnerisch jeder von uns Kontakt zu Opfern haben müsste. Die Installationen sollen ein Appell sein, genauer hinzuschauen und den Kreislauf des Schweigens zu durchbrechen“, sagte Clever.

Die Ausstellung ist bis zum 5. November, 17 Uhr (Finissage), zu den Öffnungszeiten des Rathauses zu sehen: Montag bis Freitag 8 bis 12 Uhr, Montag 14 bis 16 Uhr, Donnerstag 14 bis 17.30 Uhr.

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